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Glasseelen - Schattengrenzen #1 (German Edition)

Glasseelen - Schattengrenzen #1 (German Edition)

Titel: Glasseelen - Schattengrenzen #1 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Meurer
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…«
    Chris’ Lippen berührten ihre flüchtig. Das Gefühl, von Kopf bis Fuß in Flammen getaucht zu werden, verging so schnell wie es kam. Aber die sanfte Berührung verwandelte sich in angenehme Wärme, die aus ihrem Herz strahlte.
    » Red keinen Unsinn«, sagte er leise. Er streichelte über ihre Wange. »Ich bin an deiner Seite, weil ich es will.«
     
    Chris umschloss ihre Hand, als sie langsam die Stufen hinabgingen. Sie sprachen nicht über den Kuss, auch wenn sie ihn noch immer auf ihren Lippen spürte. Zugleich hielt sie Amadeos Buch eng an sich gedrückt.
    Ihr Herz und ihr Verstand woben Gedanken, die sich zu einem undurchdringlichen Dickicht hinter ihrer Stirn verstrickten. Chris war bei ihr, weil er sie mochte. Sie glaubte ihm, doch angesichts der Situation zählte seine Beteuerung nicht. Sie musste alle Gefühlsduselei von sich schieben, weil es wichtig war, die Puzzleteile zusammenzufügen.
    Es musste ein unfassbares Geheimnis um den Sandmann und Amadeo geben. Camilla sog den Ring an ihrer Unterlippe in den Mund. So angestrengt sie auch nachdachte, zurzeit fand sie sich außerstande, auch nur die geringsten Zusammenhänge zu knüpfen oder zu überblicken. Ihre Erlebnisse konnten nur die Spitze eines Eisberges sein. Das Rätsel erschien unlösbar.
    Chris bewältigte die Situation auf seine ganz eigene Weise. Er schob sich eine Zigarette zwischen die Lippen.
    »Wie ist das Verhältnis zwischen dir und Amadeo?« Die Frage lag ihr schon eine Weile auf der Zunge.
    Er blieb auf den Stufen stehen und entzündete die Zigarette. Chris zögerte die Antwort hinaus. »Zumindest ist er kein Ziehvater.« Seine Stimme klang rau und kalt. Er inhalierte. Der Rauch zuckte vor seinen Lippen, während er sprach. »Er hat meine Mutter während ihrer Schwangerschaft bei sich wohnen lassen. Sie starb bei meiner Geburt.«
    Mitleidig strich sie ihm über den Unterarm.
    »Vor ihrem Tod hat er ihr die Augen genommen und sie in eine der Puppen eingebaut.« Über seine Lippen huschte ein humorloses Lächeln.
    »Was?« Camilla rollte ein Schauder über den Leib. Amadeo war ein Monster, nicht weniger kaltblütig als der Sandmann.
    »Aber er hat mich versorgt, am Leben erhalten und mich von allen möglichen klugen Leuten lehren lassen.« Seine Worte klangen ironisch. Er zuckte mit den Schultern. »Als Kind war ich ihm dankbar für seine Güte.«
    Die Beziehung erinnerte an Hassliebe. In Camillas Hals saß ein harter Kloß. »So, wie du dich verhältst, glaube ich, dass du ihm dankbar bist. Aber du hasst ihn auch. In anderen Situationen behandelst du ihn wie Dreck.«
    Chris ging nicht darauf ein. Bestimmt hörte er ihr gar nicht zu.
    »Er hat mich die ersten Jahre vor allem von den Maschinenmenschen lernen lassen. Olympia brachte mir Lesen und Schreiben bei, als ich fünf war. Amelie zeigte mir, wie man backt und kocht. Nachdem ich sechs wurde, gab er mich zu Adoptiveltern an die Oberfläche. Weil ich ständig weglief, kam ich wieder für kurze Zeit hierher. Aber er gab mich zu anderen Pflegeeltern. Schließlich folgten Erziehungsheim, Straße und Internat.« Er hob die Schultern. »In der Zeit habe ich viele Orte gesehen. Die Menschen an der Oberfläche brachten mich dazu, zurückzukehren.«
    Er musste nach einem Menschen gesucht haben, dem er sein Leben anvertrauen konnte. Einerseits empfand sie Dankbarkeit für sein Vertrauen, sich ihr zu offenbaren, andererseits fühlte sie sich schlecht. Ihr Leben verlief nicht reibungslos, aber gegenüber seinem problemfrei. Sie beschwerte sich lediglich, weil sich ihre Eltern zu stark in ihr Leben einmischten.
    Ihre Eltern – sie hatte den Wunsch, die beiden zu sehen, vollkommen verdrängt und schämte sich. Im Moment wünschte sie allerdings fast, dass Grimm nicht mit ihnen gesprochen hatte. Die beiden würden all das hier furchtbar verkomplizieren.
    Sie verdrängte den Gedanken. »Warum hat dich Amadeo eigentlich nicht hier behalten?«
    Chris sog tief den Rauch ein und schloss die Augen beim Ausatmen. Erneut drang das Rasseln aus seinen Lungen. Er nahm es nicht wahr. »Weil ich neugierig und rebellisch war.«
    »Meinst du?« Ihr Herz wurde schwer. Langsam realisierte sie, wie gut es ihr eigentlich ging.
    »Als ich klein war, musste ich alles erkunden. In seinem Haus war kein Raum vor mir sicher.«
    »Du meinst, er hatte Angst, dass du etwas findest, was gefährlich ist oder seinem Geheimnis zu nahe kommt?«
    Chris hob die Schultern und nickte zeitgleich. Asche fiel auf die Stufen. Er nahm

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