Glasseelen - Schattengrenzen #1 (German Edition)
Bunker, indem sie weiter nach unten ausschachteten.
Leider tat ihr der Erbauer dieses Hauses nicht den Gefallen, sich an die Stilregeln der Epoche zu halten. Camilla seufzte und ließ den Kopf sinken.
»Nichts.« Sie versetzte der Bretterwand einen Tritt. Staub und Sand rieselten herab. Zugleich hörte sie ein dumpfes Poltern. Chris trat an ihre Seite.
»Ein Hohlraum.«
»Bitte leuchte alles noch mal ab!« Sie schlug mit der Faust gegen die Bohlen, um zu hören, bis wohin die massive Wand reichte. Der Hohlraum schien die gesamte Wand zu vereinnahmen.
Chris deutete nach oben. Das Licht strich knapp unter der Decke entlang über einen schweren, alten Riegel. Spinnweben verbargen ihn fast vollständig. Sand hing in dem dichten Geflecht. An einer Ecke hatte jemand das dichte Gespinst zerrissen.
Auf knapp einem Meter achtzig Höhe entdeckte Camilla schwache Fugen einer quadratischen Tür. Vorsichtig strich sie mit dem Finger den dicken, pelzigen Staub beiseite und drückte gegen das alte Steinholz. Die Tür federte zurück. Dreck rieselte herab.
Camilla fuhr sich mit der verbundenen Hand über Stirn und Haar. Die Wunden brannten wieder. »Mist!«
Besorgt strich Chris über ihre Schulter.
»Nur die Hände«, erklärte sie. Ihr fiel ein, dass das nun überflüssig war. Er wusste es bereits.
Er war blass, ein bisschen blutleer. Ihm ging es sicher weitaus schlechter. Wie hielt er das nur durch?
Wortlos drückte er sie an sich.
»Ich soll mir keine Sorgen machen, wie?«
Er nickte, wobei sein Lächeln zu einer Maske wurde. »Machen wir weiter, Camilla.«
Zögernd trat sie von ihm zurück und sah sich genauer um. In dem Staub gab es keine Abdrücke von Händen oder Füßen. Dennoch schien dieser Ausgang der einzig nutzbare zu sein.
»Hier müsste eigentlich eine Leiter angelehnt werden«, sagte sie und deutete nach oben.
Chris trat näher. »Ist es vielleicht der falsche Weg?«
»Wenn er nicht durch Wände gehen kann, ist es der richtige.«
Chris griff über sie hinweg. Spinnweben und Dreck rieselten herab. Er zog den Riegel zu sich.
Atemlos beobachtete sie, wie er die Tür einige Handbreit aufdrückte. Uralte Angeln knirschten. Staub und Rost platzten ab und rieselten zu Boden. Genutzt wurde der Durchgang jedenfalls selten oder gar nicht. Vorsichtig leuchtete Chris hinein. Der Raum war leer. Erleichtert holte Camilla Luft.
Auffällig war die geringe Deckenhöhe. Hier konnte ein Kind kaum aufrecht stehen. Camilla reckte sich. Soweit sie im Lichtkegel erkennen konnte, existierte auf der gegenüberliegenden Seite eine weitere Klappe.
Mit den verletzten Händen konnte sie sich nur mühsam hochziehen. Auch ihr lädiertes Knie bereitete noch Schmerzen. Chris umgriff ihre Taille und hob sie an.
»Vielen Dank«, sagte sie und kletterte in die Kammer.
Chris reichte ihr die Lampe und folgte ihr. Auch er schien Schmerzen zu haben. Als er oben ankam, rann Schweiß über sein Gesicht.
Camilla fragte sich, wie lange er durchhalten konnte.
Beruhigend nickte er ihr zu. »Ich will nicht die Eiger Nordwand besteigen, okay?«
»Spinner.«
Demonstrativ kroch er an ihr vorüber.
»Stur bist du gar nicht, oder?« Sie gab auf. Er musste wissen, wo seine Grenzen lagen.
Die Decke maß unter einem Meter vierzig. Camilla konnte nur gebeugt gehen. Sie stieß mehrfach mit Schultern und Kopf gegen die Balken, während sie durch den Raum leuchtete. Bis auf die Reste eines kleinen, breiten Bettgestells und einer verstaubten Truhe befand sich nichts in der Kammer. Camilla folgte Chris, der zu der Klappe hinübergekrochen war.
Auch hier fanden sie den Riegel nicht verschlossen. Die Tür stand einen Spalt weit offen. Kalte, feuchte Luft drang heraus. Sie öffnete die Klappe. Die Temperatur fiel merklich. Ihr Atem kondensierte vor ihren Lippen.
In dem weißen Kegel sah sie nur Staubflöckchen und feinen Sand.
»Dead End?«, fragte Chris. Seine Stimme verlor sich fast.
Offensichtlich öffnete sich der Raum in eine große Höhle. Chris schob sich an ihre Seite. Der Lichtstrahl huschte durch die Schwärze, erfasste aber nichts. Langsamer leuchtete sie an der Hauswand entlang. Nach rechts und links endete das Gebäude. Dahinter gähnte feuchte Finsternis. Hier befand sich die Grenze von Ancienne Cologne. Camilla begann zu verzagen. Vermutlich endete ihre Suche hier.
»Nicht aufgeben«, flüsterte Chris und lächelte aufmunternd. Er nahm ihr die Lampe ab und leuchtete an den Resten der Heukammer entlang. Nach einigen Metern traf der
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