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Glattauer, Daniel

Glattauer, Daniel

Titel: Glattauer, Daniel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Weihnachtshund
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wussten, wie sie
ihre Beine dort unterbringen sollten. Eine Frau, die darunter litt, dass es
sich die westlich zivilisierte Menschheit abgewöhnt hatte, die Mußezeit auf
dem Fußboden zu verbringen. Eine Frau, deren Knie im Sitzen stets nach oben
ragen mussten und nie tiefer gelagert waren als ihre Schultern.
    Als sie
sich mit dem Aufenthalt auf der orangeroten ledernen Designer-Sitzecke
abgefunden hatte, als der Raum sein Licht wenigstens bereits ausschließlich von
Kerzen bezog und den Geruch ihres Gastgeschenks, eines selbst gemischten Sieben-Steppenkräuter-Entspannungs-Tees,
angenommen hatte, durfte Max zur Sache kommen.
    Das
Kuss-Drama mit Katrin war rasch berichtet. Paula fühlte sich persönlich
betroffen und als Ratgeberin herabgewürdigt. Es war ja ihr
Kuss-Aufschub-Programm, welches von Max auf idiotische Weise ad absurdum
geführt worden war. Wegen Hugo Boss junior brauchte er sich keine Sorgen zu
machen, meinte sie. Aber ob sich Max jetzt noch Hoffnungen machen durfte, eine
andere als eine platonische Beziehung zu Katrin aufbauen zu können, war für
sie fraglich. »Du hast Glück, dass du einen Hund hast«, meinte Paula. »Wenn dir
da noch einer helfen kann, dann er.« Danach erzählte ihr Max von seinem Traum:
     
    Sie saßen
auf der gleichen orangeroten Couch, er und die Frau: Katrin, natürlich war es
Katrin. Sie sah vielleicht ein bisschen asiatischer aus als sonst. Sie hatte
extrem schmale, nach unten gezogene mandelförmige Augen. - Zumindest manchmal,
dann wieder nicht, wie das in Träumen eben so war, da legte man sich in
Äußerlichkeiten nicht so fest. Max und sie waren jedenfalls eng ineinander
verschlungen. Katrin roch nach Kokosnuss, nein, süßer, nach Batida de Coco,
aber nicht so billig. Phasenweise war sie nackt und hatte extrem große Brüste.
(Paula riss die Augen auf und ließ die Pupillen im Sinne von »Oh Gott« nach
oben wandern.)
    Und sie
sagte, nein, sie hauchte, sie flüsterte ihm zu: »Bitte küsse mich!« Diese
Redewendung war Max bekannt. Sie kam praktisch in all seinen Albträumen vor. Es
war dies auch der Punkt, an dem Max Träume im Schulterschluss zur Realität
regelmäßig kippten und wegen bedrohlicher Übelkeit abgebrochen werden mussten.
Aber diesmal ging der Traum überraschend weiter. Die Zungen berührten
einander, und es war wieder dieser hochempfindliche Gefühlsschauer da, dieser
steile emotionelle Grad zwischen gierigem Verlangen und spontanem Brechreiz.
Das war dem traumatischen Erlebnis mit Katrin originalgetreu nachempfunden.
    Ebenfalls
nicht neu war der Grund für das Magenproblem, das plötzliche Auftauchen des
Bildes der fetten Sissi mit all ihren zugehörigen Gerüchen und Essenzen. Neu
war, dass das Bild sich während des Küssens änderte. Je länger er durchhielt
und küsste, desto weiter entfernte sich die fette Sissi von ihrer Kindheitserscheinung,
desto älter wurde sie. Und auch Max hatte das Gefühl, im Küssen zu reifen.
    Natürlich
war ihm zwischendurch wieder mächtig übel. Er musste Katrin mehrmals sanft
zurückweisen, ihre Zunge ausquartieren, kräftig durchatmen. Sie fand nichts
Schlimmes dabei. Sie hatte Geduld und Verständnis. Oder: Es fiel ihr vielleicht
gar nicht auf, dass er mit einem schweren Problem kämpfte.
    Von Mal zu
Mal ging er mit größerer Leidenschaft daran, Katrin zu küssen. Er vergaß ihren
Körper, schloss seine Augen und konzentrierte sich ganz auf seinen und ihren
Mund und deren gemeinsames Innenleben. Das Bild der älter werdenden fetten
Sissi wurde dabei immer schärfer. -
    Bis sie
plötzlich neben ihnen auf der Couch saß und sie beim Küssen beobachtete. Sie
musste etwa in seinem Alter gewesen sein, sie war blond und mollig,
konservativ, aber geschmackvoll angezogen. Sie roch dezent nach Veilchen und
einer angenehmen Hautcreme.
    »Hat sie
in das Liebesspiel eingegriffen?«, fragte Paula ungeduldig und stützte ihren
Kopf auf eines ihrer Knie. »Aber nein«, sagte Max. »Glaubst du, ich träume
Pornos?« -»Sie wollte gar nicht von dir geküsst werden?«, fragte Paula
enttäuscht. »Nein, sie wollte nur zusehen, sie wollte mich dabei beobachten.« -
»Sie wollte schauen, wie es dir beim Küssen geht«, ergänzte Paula. »Richtig«,
sagte Max.
    »Und dir
ging es gut«, fuhr Paula fort. - »Sehr gut«. -»Und du willst von mir wissen,
warum«, sagte Paula. »Weißt du es?«, fragte Max. »Aber sicher«, sagte Paula.
»Weil die fette Sissi beim Kuss dabei war. Weil sie gar nicht mehr fett und
ungustiös war. Weil

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