Glaub an die Liebe, Kit
neuesten Entwicklungen der Besitzverhältnisse des Schlosses eine große Erleichterung für ihn.
Ihre anfängliche Hoffnung, ihr Aufenthalt in Alnburgh sei nur von kurzer Dauer, löste sich immer mehr in Luft auf, je tiefer Kit sich in die Belange des Schlosses einarbeitete. Sophie spürte, wie wichtig ihm Alnburgh war. Schließlich wurde offensichtlich, dass er nicht plante, nach London zurückzukehren. Um seinetwillen würde sie sich Mühe geben und versuchen, das Schloss als ihr neues Zuhause ansehen.
Doch je näher sie jetzt dem Gemäuer kam, desto langsamer wurden ihre Schritte. Aus dem Sonnenschein in die Waffenhalle zu treten, war, als würde sie in eine Gruft gehen.
Sie stellte die Einkäufe auf einem Tisch in der Küche ab und machte sich auf die Suche nach einer Vase für die Blumen. Schon früher hatte sie ein ganzes Zimmer voller Porzellan entdeckt. Aus der Angst heraus, sie könne ein überaus seltenes und wertvolles Stück erwischen, wagte sie nicht, eine Vase von dort zu holen. Stattdessen nahm sie ein schlichtes Milchkännchen aus einem der Schränke und füllte es mit Wasser.
Um den Graben, der sich zwischen Kit und ihr aufgetan hatte, zu überbrücken, hatte sie beschlossen, heute Abend richtig zu kochen. Aus diesem Grund wollte sie auch den Tisch im großen Speisesaal decken. Sie nahm die Blumen und machte sich auf den Weg in den zweiten Stock.
In dem Zimmer war es stockdunkel, die schweren Samtvorhänge ließen keinen Lichtstrahl in den Raum. Sie widerstand dem Drang, die Vorhänge zurückzuziehen und die Läden vor den Fenstern zu öffnen. Diesen Fehler hatte sie bereits am ersten Tag begangen, als sie versucht hatte, die trübe Dunkelheit aus den Zimmern zu vertreiben. Aber Kit hatte ihr erklärt, dass Licht schlecht für die alten Gemälde war und es die alten Samtvorhänge nicht vertrugen, zu oft geöffnet und geschlossen zu werden.
Stattdessen drückte sie nun den Lichtschalter, woraufhin der gigantische Kronleuchter über dem Tisch zum Leben erwachte. Sophie stellte das Kännchen mit den Blumen in die Mitte des Tisches und trat einen Schritt zurück, um die Wirkung zu beurteilen.
Eine Woge aus Verzweiflung und Kummer stieg in ihr auf.
Es war hoffnungslos. In dem kleinen Laden hatten die Blüten noch farbenfroh und groß ausgesehen, aber in dem riesigen Speisesaal wirkten sie nur noch traurig und verloren.
Genau wie sie in Alnburgh.
All meine Bemühungen, das Schloss zu meinem Zuhause zu machen, sind völlig nutzlos, dachte sie und blinzelte die Tränen tapfer zurück. Was hatte es für einen Sinn, Duftkerzen in den Fluren aufzustellen, wenn doch nichts den Geruch von kalten Steinen, feuchter Erde und Alter vertreiben konnte? Was machte es für einen Sinn, überhaupt zu versuchen, Alnburgh ihren Stempel aufzudrücken, wenn sie doch an jeder Ecke an seine früheren Bewohner erinnert wurde?
Sophie hob den Kopf und betrachtete die Porträts an der Wand hinter dem Esstisch. In jedem Augenpaar meinte sie Verachtung auszumachen. Nur ein Gesicht war anders.
Jenes Gemälde war ihr schon bei ihrem ersten Besuch aufgefallen. Es zeigte eine Frau in einem pinkfarbenen Seidenkleid, in deren hochgesteckte Haare Rosen geflochten waren. Von den anderen sauertöpfischen Fitzroys unterschied sie nicht nur ihre Schönheit, sondern auch das geheimnisvolle Lächeln, das ihre Lippen umspielte. Ralph hatte erzählt, sie habe als Sängerin in einem Varieté gearbeitet, als der damalige Earl sich in sie verliebt hatte. Er hatte sie geheiratet, obwohl sie wesentlich jünger war als er und definitiv nicht die standesgemäße Abstammung besaß.
„Da sind wir uns sehr ähnlich“, murmelte Sophie. Gerade wollte sie sich abwenden, als ihr ein Detail auffiel.
Die junge Frau hatte die Hände in den Schoß gelegt. An ihrer linken trug sie Sophies Ring.
Hier hatte sie das Schmuckstück also schon einmal gesehen. Ein kalter Schauer überlief sie, als würde sie von eisigen Fingern liebkost. Sie betrachtete den Ring an ihrer Hand, der im Schein des elektrischen Licht des einundzwanzigsten Jahrhunderts funkelte, dann den gemalten Ring an der Hand der Gräfin aus dem Achtzehnten. Unwillkürlich musste sie an das traurige Ende ihrer Geschichte denken. Schwanger mit einem vermutlich unehelichen Kind, an den Folgen einer unbehandelten Syphilis leidend, war sie aus einem Fenster des Ostturms in den Tod gesprungen.
Sophie hatte nicht ganz verstanden, was Mrs Watts damit gemeint hatte, dass Opale Unglück brachten,
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