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Glaub nicht es sei vorbei

Glaub nicht es sei vorbei

Titel: Glaub nicht es sei vorbei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carlene Thompson
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befand und dass es Ende Oktober war. Es gab keine Heizung in dieser Hütte, und nachts sank die Temperatur auf wenige Grad über Null. Er aber hatte nur eine dünne Wolldecke, die ihn warm halten sollte.
    Zuerst hatte er noch versucht, sich zu befreien, sobald er alleine war. Er hatte sich auf dem Boden herumgewälzt und sich den Kopf angestoßen, bis er nur noch aus blauen Flecken und wund geriebenen Stellen bestand. Selbst dann hatte sein Wille ihn nicht verlassen, aber sein Körper machte nicht mehr mit. Nachts zitterte er vor Kälte, und am Morgen war er dann viel zu müde und erschöpft, um noch Befreiungsversuche zu unternehmen. Dann hatte sein Peiniger beschlossen, ihm eine anständige Mahlzeit zu verabreichen, und er hatte gegessen, so viel sein geschrumpfter Magen zu fassen vermochte. Später, als er wieder allein war, hatte er sich dann übergeben. Trotz seines Knebels.
    »Du siehst aber nicht gut aus. Fühlst du dich wohl?«
    Er schüttelte den Kopf. »Wasser«, krächzte er.
    Eine lange Pause. Er dachte, sein Wunsch würde ihm verwehrt. Dann hoben Arme seinen Oberkörper hoch, drehten ihn in der Taille und ließen ihn mit dem Rücken gegen die Couch fallen. Die Augenbinde saß fest, und er hatte das Gefühl, als werde er nie mehr richtig sehen können, als seien seine Augäpfel zu lange zu weit nach hinten gepresst worden. Jemand nahm ihm den Knebel aus dem Mund und träufelte ihm Wasser in den Rachen.
    »Trink.«
    Das Wasser war warm und schmeckte modrig. Wahrscheinlich hätte er ohne Augenbinde den Rost darin sehen können. Rostig, das erinnerte ihn an Rusty. In Gedanken sah er seinen Hund vor sich, und Tränen sickerten in den Stoff der Augenbinde.
    Er verschluckte sich und musste husten. Wasser lief ihm über das Kinn und tropfte auf seine Brust. »Verdammt, jetzt verschwendest du es, so viel haben wir nicht.«
    Aber er konnte nicht aufhören zu husten. Dabei spürte er, wie der Schleim in seiner Kehle immer weiter anstieg. Mit jedem Husten spie er dicke Schleimklumpen, die auf seiner Brust landeten.
    »Jesusmaria!«, rief der Entführer. »Das ist ja widerlich!« Und nach einem Augenblick: »Hast du Schnupfen oder so was?«
    An diesem Morgen hatte die Beklemmung in seiner Brust angefangen, sodass er nach der geringsten Anstrengung nach Luft schnappte. Und dann dieser Husten. Er würde sich noch die Lunge aus dem Leib husten. Ging das überhaupt? Vielleicht Teile davon? Und wuchsen die Teile dann wieder nach? 0 Gott, war ihm elend.
    Die kräftigen Arme knebelten ihn wieder, nur lockerer diesmal, »damit du leichter husten kannst«, und stießen ihn auf die Couch zurück. »Ich werde dir ein wenig Hustensaft holen. Du kommst schon wieder in Ordnung. Alles kommt in Ordnung. Anders geht's nicht.«
    Aber als sich die Tür hinter seinem Entführer schloss, wusste Jonnie, dass nichts in Ordnung käme. Irgendwann letzte Nacht, als es am dunkelsten und kältesten gewesen war, war in ihm auch das letzte Fünkchen Hoffnung gestorben, und er hatte gewusst, dass er sein Zuhause niemals wiedersehen würde. Vielleicht würde man ihn im Wald verscharren, und niemand würde ihn jemals finden. Vielleicht würde man ihn auch in dieser abscheulichen schwarzen Gruft begraben, die ihn immer zu Tode geängstigt hatte.
    Rebekka kam wieder zu sich. Sie keuchte, hustete laut und verzweifelt, genau wie Jonnie es in ihrer Vision getan hatte, aber ihre Lungen hatten keinen Schleim abgesondert. Natürlich nicht. Die Obduktion von Jonnies Leiche hatte ergeben, dass er während seiner Gefangennahme erbrochen hatte. Da ihm aber niemand den Knebel aus dem Mund genommen hatte, war das Erbrochene zum Teil in seine Lungen geraten und hatte dort eine Entzündung ausgelöst. Selbst wenn man ihn einen Tag früher gefunden hätte, bevor ihm jemand den Schädel eingeschlagen hatte, wäre er wahrscheinlich nicht mehr zu retten gewesen.
    Rebekka wusste jetzt, dass er seinen Tod erahnt hatte. All diese Jahre hatte sie gehofft, dass er bis zur letzten grausamen Minute zuversichtlich geblieben war. Aber so war es nicht. Er war viel zu klug gewesen, um das Unvermeidliche nicht kommen zu sehen.
    Nach einer Vision fühlte Rebekka sich immer wie zerschlagen, als wäre sie aus dem. Gleichgewicht geraten und hätte den geistigen Fokus verloren. Aber heute war es anders. Ihre Sinne waren hellwach. Ihr Körper lechzte nach Bewegung. Es war zwar erst fünf und noch dunkel draußen, aber sie konnte sich nicht dazu durchringen, im Bett zu bleiben und auf

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