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Glaub nicht es sei vorbei

Glaub nicht es sei vorbei

Titel: Glaub nicht es sei vorbei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carlene Thompson
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ihn jeden Sonntag besuchte, schien die Nähe zwischen ihnen mechanisch und erzwungen. Nach zwei Jahren hatte Matilda sich jedoch an seine Abwesenheit gewöhnt. Er war noch am Leben. Und er war wenigstens die Hälfte der Zeit noch bei klarem Verstand. Aber wenn das, was die Schwester heute Nacht behauptet hatte, stimmte, war es wahrscheinlich bald vorbei mit den wachen Augenblicken. Matilda würde ihren Vater verlieren, ihr würde nichts von ihm bleiben als seine körperliche Anwesenheit.
    Bevor Matilda den Motor abstellte, warf sie einen Blick auf die Uhr am Armaturenbrett. Zwölf Uhr fünfundvierzig. Normalerweise ging ihr Vater pünktlich um zehn zu Bett. Was war bloß in ihn gefahren? Womöglich hatte er etwas Beunruhigendes im Fernsehen gesehen. Oder schlecht geträumt.
    Der Parkplatz des Pflegeheims befand sich auf der Rückseite des Gebäudes und war um diese Zeit nahezu leer. Nur die Autos der Belegschaft waren entlang der Mauer geparkt. Um ein Uhr früh kamen keine Besucher mehr. Matilda wusste zwar, dass es niemanden gestört hätte, wenn sie ihr Auto auf einem der Belegschaftsparkplätze abgestellt hätte, aber sie hielt sich lieber an die Regeln und parkte auf ihrem üblichen Platz, in der äußersten rechten Ecke neben einer Tanne, die die Belegschaft zu Weihnachten immer üppig schmückte.
    Matilda stieg aus und schlug die Tür zu. Sie hängte sich die große Tasche über die Schulter, strich sich den Pullover glatt und fuhr sich mit der Hand durchs Haar.
    »Miss Vinson?«
    Sie zuckte zusammen. »Ich wollte gerade hineingehen.«
    »Das werden Sie schön bleiben lassen.«
    Ein Arm legte sich blitzschnell um ihren Hals und drückte zu, bevor sie auch nur einen Laut von sich geben konnte.
    »Waa ...«, gurgelte sie noch, als ihr jemand den Kopf nach hinten bog. Sie sah die Spitzen der hoch aufragenden Tanne und die dunkle Silhouette eines Vogels auf einem der oberen Äste, der dem Geschehen mit Interesse zu folgen schien.
    »Sie haben immer schon zu viel geredet, nicht wahr? Skeeter hat geglotzt, Sie haben gequatscht. Ein hübsches Paar. Sie hätten heiraten sollen, Miss Vinson. Was Besseres als ihn hätten Sie ohnehin nicht gekriegt.«
    Dieser Mensch hatte also Skeeter umgebracht, dachte Matilda merkwürdig benommen. Dieser Arm, der jetzt um ihre Kehle lag, hatte einen Eispickel in Skeeters Auge gestoßen, obwohl Skeeter nicht einmal etwas gesehen hatte. Sie hatte sehr wohl etwas gesehen. Sie wusste etwas. Und es hatte keinen Sinn, es abzustreiten. Auch wenn sie den Mut dazu aufgebracht hätte, ihre Stimme hätte sie verraten. Matilda war noch nie eine gute Lügnerin gewesen.
    »Nun, dann bringen wir es hinter uns.« 
    Sie hörte leises Lachen. »Ich weiß ja, dass Sie nicht gern Zeit verschwenden. Immer geschäftig, so ist sie, unsere Matilda.«
    Ein Arm legte sich über ihren Kopf, und die Hand landete mit gespreizten Fingern über ihrem rechten Ohr. Matilda machte keinen Versuch, sich zu wehren. Sie fühlte sich wie ein Hase in den Fängen eines Wolfs, hilflos, starr vor Entsetzen. Aber im Gegensatz zum Hasen würde sie nicht wimmern. Nein, Matilda Vinson hatte vor, mit Würde aus dieser Welt zu gehen.
    Aber als diese grausamen Arme ihren schlanken Hals mit einem entschiedenen, entsetzlichen Knacken brachen, hauchte sie noch ein letztes Wort:
    »Daddy.«

16.Kapitel
1

    Donnerstag, 1.20 Uhr

    Suzanne trat leise in Rebekkas Zimmer, kurz nachdem diese zurückgekommen war. »Wie geht's Frank?«, fragte sie kleinlaut.
    »Du wüsstest es, wenn du mit ihm ins Krankenhaus gegangen wärst.« Rebekka sah ihre Mutter nicht an. Sie nahm zuerst ihre Ohrringe ab, dann ihre Kontaktlinsen heraus. »Wie's aussieht, hatte er keinen Herzinfarkt. Sein EKG weist Unregelmäßigkeiten auf. Sie haben noch nicht alle Testergebnisse, deshalb muss er noch bleiben, aber er ruht sich aus, hat man mir gesagt. Ich durfte nicht zu ihm. Sie wollten, dass er Ruhe hat und schläft.«
    »Dann kommt er wieder in Ordnung?«
    »Ich bin kein Arzt, Mutter«, sagte Rebekka kurz angebunden. »Warum ziehst du dich morgen nicht an, fährst ins Krankenhaus und sprichst mit einem der Ärzte? Frank ist schließlich dein Mann. «
    Suzanne setzte sich aufs Bett. »Du weißt doch, warum ich heute Abend nicht mitgefahren bin. Jeder sieht doch sofort, dass ich getrunken habe. Was hätten die Leute dazu gesagt?«
    »Ich habe Neuigkeiten für dich, Mutter. Die Leute wissen bereits, dass du die meiste Zeit betrunken bist.« Suzanne senkte den Blick. »Tut

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