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Glaub nicht es sei vorbei

Glaub nicht es sei vorbei

Titel: Glaub nicht es sei vorbei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carlene Thompson
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stets gesagt: >Er war äußerst elegant, nicht so ein langer Lulatsch wie du.< Die Fotos waren schon ziemlich alt — vielleicht war Großvater inzwischen ja gewachsen. Und dennoch ...
    Die Gestalt auf der Straße ging langsamer. Sie trug einen Anorak und hatte die Kapuze tief ins Gesicht gezogen. Eigenartig, dachte Skeeter. Es wehte doch überhaupt kein Wind.
    »Wie geht's?«, rief er höflich. »Feine Nacht heute.« Die Gestalt nickte. Dann sah sie sich nach allen Seiten um. »Verirrt?«, fragte Skeeter.
    »Verirrt? Nein. Nur ... müde.« Die Stimme klang hingehaucht, kaum lauter als ein Flüstern, und ein Schatten verdeckte das Gesicht. »Und einsam.«
    »Sie sollen nicht einsam sein«, entgegnete Skeeter gutmütig. »Mein Daddy hat immer gesagt, ich wäre zwar nicht die beste Gesellschaft, aber immerhin besser als nichts. Setzen Sie sich.«
    Die Gestalt zog den Kopf ein, kam langsam näher und kauerte sich in den Türeingang. »Gemütlich.«
    »Von hier aus kann man die ganze Straße überblicken. Im Winter ist es ein wenig kühl, aber im Sommer ganz prima. Möchten Sie einen Schluck Wein?«
    Skeeter klang, als würde er einen exquisiten Château Margaux offerieren. Sein Gast genehmigte sich einen winzigen Schluck aus der Flasche und sagte dann: »Das tut gut, sehr freundlich von Ihnen.«
    »Wir leben in einer großen bösen Welt. Die Menschen sollten nett zueinander sein. Father Brennan hat das gesagt.« Skeeter versuchte, sich seinen Gast aus der Nähe zu betrachten, aber heute Nacht verschwamm ihm alles vor den Augen. Er schien auch schlechter zu hören als sonst. Und ein wenig übel und schwindlig war ihm obendrein.
    »Haben Sie heute Nacht Ihren Großvater schon gesehen?«, fragte der Besucher.
    »Pünktlich auf die Minute. Eine Minute nach sieben Uhr ist er von der Präsidentensuite auf das Pflaster gestürzt.«
    »Und auf dem Dachboden?«
    »Dafür ist es noch zu früh. Er geht erst später auf den Dachboden.« Er verstummte und fragte dann: »Woher wissen Sie das alles?«
    »Sie haben es doch allen erzählt. Sogar der Polizei.«
    »Das war meine Bürgerpflicht. Und ich war nicht einmal betrunken. Hatte meine Flaschen draußen in meiner geheimen Höhle gelassen, als ich zu Chief Garrett gegangen bin.«
    »Ihre Höhle hinter dem Möbelhaus — ich meine dem Hotel Dobbs?«
    »Sie haben sie gefunden!«, knurrte Skeeter. »Ich dachte, dass niemand meine Höhle kennen würde!«
    »Ich schon.«
    Skeeter grinste und zeigte seine braunen Zähne. Dann wurden seine Augen schmal. »He, Sie sind doch nicht etwa dieses Mädchen?«
    »Welches Mädchen denn?«
    »Die mit dem zweiten Gesicht.«
    Geringschätziges Schnauben. »Ach die. Nein. Die kann ich nicht leiden. Sie macht mir Angst. Ich wünschte, sie würde wieder gehen.«
    »Ich auch!«
    »Ich glaube, dass sie schon ganz bald wieder gehen wird.« Skeeters Gast beugte sich nach vorn. »Sehen Sie mal da, eine Sternschnuppe!
    Skeeter starrte nach oben, fasziniert von dem silbrigen Lichtstreifen. Auf sein Gesicht trat der staunende Ausdruck eines Kindes. »Ist das nicht zauberhaft? Wie schön die Welt doch ist!«
    »Ja, das ist sie wirklich«, sagte sein Gast bedächtig. Von Skeeter unbemerkt glitt seine Hand in eine Tasche seines Anoraks. »Sie hat nur einen Fehler.«
    Skeeter lehnte sich stirnrunzelnd zurück. »Und der wäre?« 
    »Sie sind genauso wie dieses Mädchen.«
    Skeeter schüttelte heftig den Kopf. »Bin ich nicht!«
    »Ich fürchte doch«, widersprach sanft die Stimme. »Sie sehen zu viel. Viel zu viel.«
    Die Hand schnellte aus der Anoraktasche. Ein Eispickel blitzte im Licht der Straßenlaterne auf und bohrte sich mit mörderischer Geschwindigkeit in Skeeters linkes Auge. Sein Körper bäumte sich auf, verfiel in heftige Zuckungen und schlug gegen die Mauer. Während die gnadenlose Hand die Eisenspitze immer tiefer in Skeeters verwirrtes Hirn trieb, klappte sein Mund auf, erschlafften seine Züge, und das Blut floss über sein zerfurchtes Gesicht und troff vom Kiefer auf sein geliebtes Sakko.
    Wieder blitzte eine Sternschnuppe auf, aber diesmal sah Skeeter sie nicht mehr.

7.Kapitel
1

    Montag früh, 7.25 Uhr

    Matilda Vinson war in Eile, und während sie in ihrer Tasche nach dem Schlüssel zum Eingang von Vinsons Drogeriemarkt kramte, stolperte sie über den zusammengesunkenen Körper von Skeeter Dobbs. Wütend wollte sie sich in einer Schimpftirade über faule, wertlose, stinkende Trunkenbolde ergehen, als sie auf einem ihrer neuen weißen Pumps

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