Glaub nicht es sei vorbei
Skeeter hatte im Eingang von Vinson's gekauert, als er jemanden auf dem Dachboden gesehen hatte.
»Curry, gibt's irgendwelche Anzeichen, dass die Leiche hierher transportiert wurde?«, fragte er unvermittelt.
G. C. Curry beugte sich gerade über die Leiche. »Glaub ich nicht. Wenn der Mörder Skeeter hierher geschleppt hat, dann hat er auch seine Weinflasche mitgebracht. Sie liegt hier unter seinem rechten Arm.«
Demnach war Skeeter an derselben Stelle ermordet worden, von der aus er ungefähr 36 Stunden zuvor jemanden auf dem Dachboden des Möbelhauses beobachtet hatte. Und dieser Jemand hielt wahrscheinlich Todd Ryan gefangen.
Bill beugte sich über die Leiche und inspizierte sie. Skeeter lag da, die langen, dürren Beine von sich gestreckt, die Füße mit den abgetretenen Schuhen nach außen gekehrt, die ausgefransten Hosenbeine hochgeschoben, sodass graue Nylonsocken sichtbar wurden, die einmal weiß gewesen waren. Skeeter lehnte mit dem Rücken an der Tür der Drogerie. Sein Kopf war leicht nach links gedreht, und aus der Augenhöhle ragte unübersehbar ein Metallgriff. Die gesamte linke Seite des Gesichts und des Halses war eine Masse aus geronnenem Blut, das bereits hungrige Sommerfliegen angelockt hatte. Seine Linke lag mit nach oben gekehrter Handfläche da, die Finger waren bereits von der Leichenstarre erfasst.
»Sperren Sie den Tatort ab«, sagte Bill unnötigerweise zu Curry, der wusste, was zu tun war. Bill empfand plötzlich Mitleid mit diesem armen Teufel, dem das Leben keine Chance geboten hatte und der nun auch noch eines gewaltsamen Todes gestorben war. »Und wo bleibt der verdammte Gerichtsarzt?«
»Ist auf dem Weg, Chef. Sie wissen doch, dass er sich immer Zeit lässt.«
»Wehe, es wäre umgekehrt und er müsste mal auf uns warten.«
»Da haben Sie Recht.«
Bill wusste, dass er Unsinn redete und Curry ihm diplomatisch zustimmte. Curry war zehn Jahre jünger als Bill und schien in jeder Situation die Nerven zu bewahren. Bill hatte noch nicht entschieden, ob der Mann aus härterem Holz geschnitzt war oder sich seine Gefühlsausbrüche für die Familie aufsparte. Er verstand nicht, wie Curry angesichts dieses grausamen Mordes so gelassen bleiben konnte. Natürlich war Bill derzeit stark beansprucht, nach Todds Entführung lagen seine Nerven blank. Ihm war erst jetzt bewusst geworden, wie sehr ihm der Junge ans Herz gewachsen war.
Er war noch erschüttert von letzter Nacht, als Rebekka eine CD des Songs A Whiter Shade of Pale in ihrem Wagen gefunden hatte. Sie war leichenblass gewesen, als sie, gefolgt von Clay Bellamy, ins Haus zurückgelaufen war, um es ihm zu erzählen. Das Auto hatte unverschlossen draußen gestanden, inmitten all der Schaulustigen, und zuvor war sie den ganzen Tag mit dem Wagen durch die Gegend. gefahren. Viele Leute hatten beobachtet, dass sie einen roten Thunderbird fuhr, und ausreichend Gelegenheit, die Wagentür zu öffnen und die CD einzulegen. Jean Wright zum Beispiel war über eine halbe Stunde fort gewesen. Erst fünfzehn Minuten, nachdem Rebekka das Licht in ihrem Haus hatte ausgehen sehen, war sie zurückgekommen. Sie hätte demnach genügend Zeit gehabt, um die CD in Rebekkas Wagen zu schmuggeln.
»Glauben Sie, dass Skeeters Ermordung irgendetwas mit seinen Beobachtungen zu tun haben könnte?«, fragte Curry.
Bill ließ den Blick von Skeeter zum Dachbodenfenster des Möbelhauses schweifen. »Es wäre schon ein verdammt großer Zufall, wenn dem nicht so wäre. Meine Nichte entdeckt andauernd eigenartige Zusammenhänge, und bis jetzt wollte ich sie nicht wahrhaben, aber ich fürchte, dass ich sie nicht weiter ignorieren kann, denn mittlerweile sind es einfach zu viele geworden.« Er runzelte die Stirn. »Wir müssen herausfinden, wer davon wusste, dass Skeeter jemanden auf dem Dachboden beobachtet hatte.«
»Das ist ja das Problem«, sagte Curry verdrießlich. »Er hat es am Sonntag durch die ganze Stadt posaunt.«
2
Als Amy Tanner um 8.10 Uhr ins Hauptquartier der freiwilligen Helfer gekommen war, hatte sie enttäuscht nur acht Personen gezählt. Doch dann hatte sie sich daran erinnert, dass dies nicht das Polizeirevier war. Mr. Hardison hatte ihnen den Raum zwar zur Verfügung gestellt, aber dieser grauenhafte Bezirkssheriff Lutz hatte nicht geduldet, dass sämtliche Aktivitäten von einem Ort aus koordiniert würden. Er hatte eine Menge Polizisten und Computerspezialisten in einem Gebäude am anderen Ende der Stadt stationiert, was in Amys Augen
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