Glaube der Lüge: Ein Inspector-Lynley-Roman (German Edition)
Englisch sprechen? Oder Ihnen, Simon? Ich komm mir allmählich so vor, als würd ich in der verdammten Lobby der Vereinten Nationen wohnen.«
»Fairclough hat einen Schlüssel zur Wohnung dieser Frau?«
»Romantisch, oder? Ich fahr heute noch mal nach Kensington und werd ihr ein bisschen auf den Zahn fühlen. Cresswells Testament muss ich mir auch noch vornehmen, dazu bin ich noch nicht gekommen.«
Das sei kein Problem, sagte Lynley. Sie seien bereits im Besitz der wichtigsten Informationen zu dem Thema. Es gebe eine Lebensversicherung, und die Witwe sei die Begünstigte. Und laut Aussage von Cresswells Lebensgefährten habe dieser das Haus geerbt. Es wäre jedoch sehr hilfreich, fuhr Lynley fort, wenn Havers diese Angaben auf ihren Wahrheitsgehalt überprüfen könne. Außerdem würde ihn interessieren, wann genau das Testament verfasst wurde. Ob sie sich darum kümmern könne?
Sie könne und sie werde, versicherte sie ihm. »Was ist mit den Kindern?«
»Cresswell ist offenbar davon ausgegangen, dass die von der Lebensversicherung profitieren. Was allerdings nicht der Fall zu sein scheint.«
Havers pfiff durch die Zähne. »Es lohnt sich immer, der Spur des Geldes zu folgen.«
»Genau.«
»Apropos«, sagte sie. »Dieser Typ von der Source – sind Sie dem schon über den Weg gelaufen?«
»Noch nicht«, sagte Lynley. »Warum?«
»Weil der auch nicht ganz koscher ist. Der war nämlich schon mehrmals da oben, und zwar zum ersten Mal drei Tage bevor Ian Cresswell ertrunken ist. So wie der unter Druck steht, seine Story aufzupeppen, könnte er doch auf die Idee kommen, einen Mord zu begehen.«
»Wir werden dem nachgehen«, sagte Lynley. »Aber um Cresswell umzubringen, hätte er unbemerkt aufs Grundstück gelangen, ins Bootshaus eindringen, die Steine lockern und wieder verschwinden müssen. Sagten Sie nicht, der Mann ist auffällig groß?«
»Fast zwei Meter. Eine Schnapsidee also?«
»Zumindest äußerst zweifelhaft, allerdings müssen wir im Moment alle Möglichkeiten in Betracht ziehen.« Lynley überlegte, wie wahrscheinlich es war, dass ein zwei Meter großer rothaariger Reporter den scharfen Augen von Mignon Fairclough entging. Das hätte nur in einer mondlosen Nacht passieren können, dachte er.
»Tja, wir haben also alle Hände voll zu tun«, sagte er. Aber bevor er das Gespräch beendete, musste er noch eine Frage stellen, auch wenn er nicht wusste, warum sie ihm auf den Nägeln brannte. »Schaffen Sie das eigentlich alles ohne Wissen von Superintendent Ardery? Glaubt sie immer noch, Sie seien in Urlaub? Sie sind ihr doch nicht in die Arme gelaufen, oder?«
Das Schweigen am anderen Ende der Leitung war ihm Antwort genug. Er wich St. James’ Blick aus und sagte: »Verdammt. Das macht alles komplizierter, als es ohnehin schon ist. Für Sie, meine ich. Tut mir leid, Barbara.«
»Die Chefin ist ein bisschen verspannt«, sagte sie leichthin. »Aber Sie kennen mich ja, Sir. Das bin ich gewöhnt.«
MILNTHORPE – CUMBRIA
Deborah konnte es überhaupt nicht leiden, mit ihrem Mann uneins zu sein. Das hatte einerseits mit dem großen Altersunterschied zwischen ihnen zu tun und andererseits mit seiner Behinderung und allem, was damit zusammenhing. Aber vor allem hatte es mit ihren unterschiedlichen Charakteren und ihrer unterschiedlichen Weltsicht zu tun. Simon ging Probleme mit Logik und bemerkenswerter Distanziertheit an, weshalb es nahezu unmöglich war, sich mit ihm zu streiten. Im Gegensatz zu ihm ließ sie sich nämlich von ihren Gefühlen leiten, und Schlachten zwischen Armeen unter dem Kommando von Kopf und Herz wurden immer von den Armeen gewonnen, deren Anführer der Kopf war. Häufig blieb ihr nichts anderes übrig, als ein Gespräch mit dem sinnlosen Satz zu beenden: Das verstehst du nicht .
Nachdem Simon gegangen war, setzte sie sich aufs Bett und tat, was getan werden musste. Sie rief seinen Bruder David an und teilte ihm ihre gemeinsame Entscheidung mit, wie sie sich ausdrückte. »Trotzdem bin ich dir sehr dankbar dafür, dass du dich so für uns eingesetzt hast, David«, sagte sie, und sie meinte es ernst. »Aber ich kann mich einfach nicht an den Gedanken gewöhnen, ein Kind mit seinen leiblichen Eltern zu teilen. Das ist der Grund, warum wir uns dagegen entschieden haben.«
Sie spürte, dass David enttäuscht war, und der Rest der Familie würde wahrscheinlich ebenfalls enttäuscht sein. Doch Simons Angehörige standen auch nicht vor der Frage, ob sie sich auf ein solches Abenteuer
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