Glaube der Lüge: Ein Inspector-Lynley-Roman (German Edition)
mit deinem Vater sprechen. Du musst der Wahrheit auf den Grund gehen. Es ist die einzige Möglichkeit, Nicky.«
Er hob den Kopf. Seine Augen waren mit Tränen gefüllt. Ihr blieb fast das Herz stehen vor Liebe zu diesem Mann, dieser gequälten Seele, so gequält wie ihre eigene. »Also, ich habe mich auf jeden Fall dagegen entschieden, an diesem Dokumentarfilm mitzuwirken. Das habe ich dieser Frau übrigens bereits mitgeteilt, wir haben also eine Sorge weniger.« Er bemühte sich mit wenig Erfolg, sich ein Lächeln abzuringen. Es war ein schwacher Versuch, sie ein bisschen aufzumuntern, ihr zu sagen, dass alles gut werden würde.
Sie wussten beide, dass es eine Lüge war. Aber sie waren beide nicht bereit, sich das einzugestehen, ebenso wenig wie alles andere.
MILNTHORPE – CUMBRIA
»Man würde einen ziemlich großen Briefumschlag brauchen, um es ganz draufzukriegen«, verkündete Havers übers Handy. »Andererseits gibt’s vermutlich irgendeine spanische Abkürzung für den Namen.« Sie meinte den Namen der Stadt in Argentinien, die am ehesten als Alatea Vasquez del Torres’ Heimatort in Frage kam. »Santa María de la Cruz, de los Ángeles y de los Santos«, sagte sie. »Ein Kaff, das sich den Schutz sämtlicher Heiligen gesichert hat. Liegt wahrscheinlich in einem Erdbebengebiet, und die Einwohner hoffen, dass sie im Ernstfall vom lieben Gott persönlich gerettet werden.«
Lynley hörte, wie sie an einer Zigarette zog. Kein Wunder. Havers rauchte ohne Unterlass. Dann war sie also nicht im Yard. Und wenn doch, dann rief sie ihn aus dem Treppenhaus an, wo sie hin und wieder heimlich eine Zigarettenpause machte. »Was lässt Sie vermuten, dass es der richtige Ort ist, Barbara?«, fragte er. Dann sagte er zu St. James, der neben ihm am Healey Elliott lehnte: »Sie ist Alatea Fairclough auf der Spur.«
»Mit wem reden Sie, Sir?«, fragte Barbara irritiert. »Ich kann Dreiergespräche nicht ausstehen.«
»St. James ist hier. Ich schalte auf Lauthören, wenn ich rausfinde, wie das geht.«
»Das kriegen Sie sowieso nicht hin. Geben Sie das Ding lieber Simon, Sir.«
»Havers, ich bin kein kompletter …«
»Sir«, sagte sie mit einer Engelsgeduld. Es hatte keinen Zweck. Er reichte St. James das Handy. Der drückte zwei, drei Tasten, und schon ertönte Havers’ Stimme auf dem Parkplatz des Crow & Eagle.
»Der Bürgermeister«, sagte Havers. »Ich weiß, das ist ein Schuss ins Blaue, aber der Bürgermeister heißt Ésteban Vega de Vasquez, und seine Frau heißt Dominga Padilla del Torres de Vasquez. Ein interessantes Puzzlespiel, dachte ich. Auf jeden Fall stimmen ein paar von den Nachnamen mit denen von Alatea überein.«
»Das ist aber ziemlich weit hergeholt, Barbara.«
»Haben Sie das im Internet gefunden?«, wollte St. James wissen.
»Ja, und zwar nach stundenlanger Suche. Und weil alles auf Spanisch ist, hab ich auch nur geraten, dass der Typ der Bürgermeister ist. Er könnte genauso gut der örtliche Hundefänger sein, aber auf der Seite war ein Foto von ihm, und ich konnte mir nicht vorstellen, warum der Hundefänger irgendeinem die Rathausschlüssel übergeben sollte. Na ja, außer vielleicht an Barbara Woodhouse.«
»Die ist tot«, bemerkte Lynley.
»Egal. Auf der Homepage ist also ein Foto von ihm im Bürgermeisterstaat, auf dem er zusammen mit seiner Frau und noch jemand posiert. Was unter dem Foto stand, konnte ich natürlich nicht lesen, weil’s auf Spanisch war und una cerveza por favor alles ist, was ich auf Spanisch verstehe. Aber die Namen standen da, Ésteban und Dominga und so weiter. Das ist bisher unsere beste Spur, das Einzige, was auch nur halbwegs in Frage kommt.«
»Wir brauchen einen Übersetzer«, sagte Lynley.
»Was ist mit Ihnen, Simon? Ist Spanisch eins Ihrer vielen Talente?«
»Ich beherrsche leider nur Französisch«, sagte St. James. »Na ja, Latein auch, aber das wird uns auch nicht weiterhelfen.«
»Also, wir brauchen jedenfalls einen Übersetzer. Und wir brauchen einen, der uns erklärt, wie das bei denen da drüben mit den Nachnamen funktioniert, denn ich hab keine Ahnung und weiß auch nicht, wie ich’s rauskriegen soll.«
»Es hat irgendetwas mit den Vorfahren zu tun«, sagte Lynley.
»Ja, so weit war ich auch schon. Aber was? Hängen sie einfach immer weiter alle Namen aneinander? Also, da möchte ich jedenfalls keinen Reisepassantrag ausfüllen müssen, falls Sie verstehen, was ich meine.«
Lynley dachte über das Sprachproblem nach und überlegte, wer
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