Glaube der Lüge: Ein Inspector-Lynley-Roman (German Edition)
sündhaft teurer Oldtimer, und am Steuer saß ein Typ, der vollkommen entspannt wirkte, um nicht zu sagen gutbetucht, denn wie sonst hätte er sich einen solchen Schlitten leisten können? Ein Hotelgast, schloss Zed scharfsinnig. Der Typ fuhr in Richtung Norden.
Etwa drei Minuten später fuhr wieder ein Auto vom Hotelparkplatz, und Zed legte den ersten Gang ein. Aber auch diesmal saß ein Mann am Steuer, ein Typ mit grimmiger Miene und schwarzem Haar, der sich den Kopf rieb, als versuchte er, eine Migräne loszuwerden.
Dann endlich sah er die Frau. Aber sie kam zu Fuß. Diesmal sprach sie nicht in ihr Handy, und sie wirkte ernst und entschlossen. Zuerst dachte Zed, sie wollte zum Marktplatz, wo es reichlich Cafés gab, in denen man sich mit jemandem treffen konnte. Aber stattdessen ging sie zurück ins Hotel.
Zed traf seine Entscheidung im Bruchteil einer Sekunde. Er schaltete den Motor aus und rannte hinter ihr her. Er konnte sie bis ans Ende der Welt verfolgen, sagte er sich, oder aber er konnte den Stier jetzt bei den Hörnern packen und ein Tänzchen mit ihm wagen.
Entschlossen betrat er das Hotel.
MILNTHORPE – CUMBRIA
Deborah war so wütend auf Simon, dass sie das Gefühl hatte, sie könnte gleich platzen.
Als sie mit der Kamera in der Hand auf den Parkplatz gekommen war, hatte sie Simon im Gespräch mit Tommy angetroffen. Dass Tommy da war, hatte sie als großen Glücksfall empfunden, denn der würde auf ihrer Seite stehen, und sie brauchte unbedingt einen Verbündeten.
Sie hatte den beiden ganz kurz geschildert, was vorgefallen war: dass Nicholas Fairclough ihr im Hotel aufgelauert hatte, dass er über die Anwesenheit eines Detectives von Scotland Yard informiert war, der Ian Cresswells Tod untersuchte, dass er ausgerechnet sie, Deborah, für den Detective hielt, der in seinem Leben herumschnüffelte. »Es gibt nur eine Möglichkeit, wie er auf die Idee gekommen sein kann«, sagte sie und hielt den beiden Männern das Foto unter die Nase, das sie am Tag zuvor geschossen hatte: Es zeigte einen großen, rothaarigen Mann, der sich auf dem Marktplatz mit Nicholas Fairclough unterhielt.
»Danach«, sagte sie, »wollte Nicholas plötzlich nichts mehr mit mir zu tun haben. Wir hatten vor, nach Barrow zu fahren, aber auf einmal war er dazu nicht mehr bereit. Und jetzt eben war er völlig außer sich … Es ist doch klar, was das bedeutet, oder?«
Tommy betrachtete das Foto. »Das ist der Journalist von der Source «, sagte er. »Barbara hat ihn mir beschrieben. Groß, rothaarig. Ich kann mir nicht vorstellen, dass zwei Männer, auf die diese Beschreibung passt, hier in Cumbria herumschleichen und sich für Nicholas Fairclough interessieren.«
Das wird ja immer besser, hatte Deborah gedacht. »Tommy, wir können diesen Mann benutzen«, sagte sie. »Irgendetwas stimmt doch nicht mit diesen Leuten hier, und er hat Wind davon bekommen, sonst wäre er nicht hergekommen. Ich nehme Kontakt mit ihm auf. Dann wird er denken, er hätte einen direkten Draht zur Polizei. Wir können …«
»Deborah«, hatte Simon gesagt. Es war sein Ton, der sie wahnsinnig machte, dieser Ton, der sagte, wir müssen sie beruhigen.
»Ich weiß nicht, Deb«, hatte Tommy gesagt und weggesehen. Sie fragte sich, ob er über das nachdachte, was sie eben gesagt hatte, oder ob er überlegte, wie er vom Parkplatz verschwinden konnte, bevor sie und Simon sich in die Wolle gerieten. Denn niemand kannte Simon so gut wie Tommy. Er wusste genau, was Deborah bedeutete, wenn Simon ihren Namen in diesem Ton aussprach. Zugegeben, manchmal hatte Simon ja recht, wenn er sich um sie sorgte, aber diesmal sah sie überhaupt keine Veranlassung dazu.
»Das ist doch die Gelegenheit für uns, Tommy«, hatte sie gesagt.
Worauf er entgegnet hatte: »Barbara hat mir mitgeteilt, dass der Journalist drei Tage vor Cresswells Tod schon einmal hier war, Deb. Er wurde hierhergeschickt, um eine Geschichte über Nicholas Fairclough ein bisschen aufzupeppen.«
»Und?«
»Das ist doch offensichtlich, Deborah«, hatte Simon sich eingeschaltet. »Es besteht durchaus die Möglichkeit, dass der Mann …«
»Also, ihr könnt doch nicht allen Ernstes annehmen, dass er, um seiner Story ein bisschen Pfeffer zu verleihen, auf die Idee gekommen ist, einen Verwandten seiner Hauptfigur um die Ecke zu bringen. Das ist doch vollkommen absurd.« Als beide gleichzeitig ansetzten, etwas darauf zu entgegnen, hatte sie abwehrend eine Hand gehoben. »Nein. Moment. Hört mir zu. Ich habe
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