Glaube der Lüge: Ein Inspector-Lynley-Roman (German Edition)
testen sollen. Was meinst du, Freddie?«
McGhie war leicht errötet, aber Lynley nahm nicht an, dass das etwas mit der Erwähnung von Toilettenschüsseln zu tun hatte. Er sagte zu seiner Exfrau: »Ich dachte schon …«, und zuckte die Achseln, eine dieser typischen Du-weißt-schon-Gesten, mit denen sich Paare, die sich schon lange kennen, wortlos verständigen.
Manette lachte laut auf. »Danke für das Kompliment, Freddie«, sagte sie. »Aber ich glaube, der Inspector steht auf jüngere Modelle.«
»Red keinen Unsinn. Du bist doch erst zweiundvierzig«, sagte Freddie.
»Frauenjahre sind wie Hundejahre, Freddie. In den Augen eines Mannes gehe ich eher auf die achtzig zu … Was kann ich für Sie tun, Inspector?«
Lynley sagte: »Ihr Vater hat mich gebeten, die Umstände von Ian Cresswells Tod zu untersuchen.«
»So was hatte ich mir schon gedacht«, sagte Manette zu McGhie, dann setzte sie sich an den Küchentisch. Sie nahm eine Banane aus dem Obstkorb, der auf dem Tisch stand, und begann sie zu schälen. »Das wird Mignon aber gar nicht gefallen.« Mit dem Fuß zog sie einen Stuhl unter dem Tisch hervor. »Setzen Sie sich«, sagte sie zu Lynley und bedeutete auch McGhie, sich einen Stuhl zu nehmen.
Zuerst dachte Lynley, mit dieser Geste wolle sie ihm ihre Bereitschaft zur Kooperation signalisieren, doch von diesem Irrtum befreite sie ihn umgehend. »Falls mein Vater annimmt, ich würde mit dem Finger auf irgendjemanden zeigen, dann können Sie ihm ausrichten, dass er schiefgewickelt ist«, sagte sie. »Von uns hat er keine Unterstützung zu erwarten. Ich kann es nicht fassen, dass er es fertigbringt, seiner eigenen Familie so etwas anzutun.«
»Er möchte sich vor allem vergewissern, dass die örtliche Polizei die nötige Sorgfalt hat walten lassen«, sagte Lynley. »Das kommt häufiger vor, als man meinen sollte.«
»Und wie hat man sich das vorzustellen?«, fragte Manette. »Jemand kommt nach London und bittet darum, dass Scotland Yard einen Fall noch einmal aufrollt, der bereits abgeschlossen wurde? Einfach so? Also, ich bitte Sie, Inspector. Für wie dumm halten Sie mich eigentlich?«
»Was hat Bernard denn auf die Idee gebracht?«, wollte McGhie wissen. »Für den Coroner war der Fall absolut eindeutig.«
»Dad hat seinen Einfluss geltend gemacht«, sagte Manette. »Der Himmel weiß, wie er das hingekriegt hat, aber ich wette, er kennt jemanden, der einen kennt, der bereit ist, ein paar Strippen zu ziehen oder ein hübsches Sümmchen für den Witwen- und Waisenfonds zu spenden. So laufen solche Dinge. Ich vermute, er will wissen, ob Nick etwas mit Ians Tod zu tun hat, egal, was der Coroner gesagt hat. Weiß der Kuckuck, wie Nick das angestellt haben soll, doch bei seiner Vergangenheit ist wahrscheinlich alles denkbar.« Sie schaute Lynley an. »Habe ich recht? Sie sind hier, um zu sehen, ob ich Ihnen helfen kann, meinem Bruder die Daumenschrauben anzulegen.«
»Ganz und gar nicht«, antwortete Lynley. »Ich möchte mir nur ein eindeutiges Bild machen.«
»Was zum Teufel soll das denn heißen?«
»Das soll heißen, dass mancher Todesfall zu einem allzu günstigen Zeitpunkt eintritt. Auf so etwas achtet ein Coroner nicht unbedingt. Zumindest nicht, wenn die Umstände für sich sprechen.«
»Deswegen sind Sie also hier? Sie wollen feststellen, wie günstig der Zeitpunkt von Ians Tod war? Und wem Ians Tod nützlich war? Mir jedenfalls hat sein Tod nichts genützt, das kann ich Ihnen gleich sagen. Dir, Freddie? Hat dir Ians Tod genützt?«
»Manette, wenn Scotland Yard …«
»Verdammt!«, fiel sie ihm ins Wort. »Wenn Scotland Yard den Fall untersucht, dann hat mein Vater wahrscheinlich einiges springen lassen. Die Mittel für einen neuen Büroflügel, was weiß ich. Du bist doch gerade dabei, die Bücher durchzusehen, Freddie. Du findest es bestimmt raus, wenn du lange genug suchst. Irgendeine Zahlungsanweisung, für die es keine Erklärung gibt. Eine größere als die anderen, für die es keine Erklärung gibt.«
»Es gibt also Unregelmäßigkeiten in der Buchführung der Firma Ihres Schwiegervaters?«, erkundigte Lynley sich bei McGhie.
»Nein, das war ein Scherz«, sagte Manette. Dann schaute sie ihren Exmann an und fügte mit einem warnenden Unterton hinzu: »Stimmt’s, Freddie?«
Freddie sagte: »Ex.«
»Wie bitte?«
»Mein Exschwiegervater.«
»Ja, selbstverständlich«, sagte Lynley.
»Was spielt das für eine Rolle?«, fauchte Manette. »Ian ist ertrunken, der Coroner sagt, es war
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