Glaube der Lüge: Ein Inspector-Lynley-Roman (German Edition)
wirklich den Hals umdrehen. Das wäre doch ein Leichtes für mich, oder? Offenbar bin ich so ein kaltblütiger Mörder, dass es auf eine Leiche mehr oder weniger im Bootshaus auch nicht mehr ankommt.«
»Nicholas!« Valerie war aufgesprungen. »Hör auf!«
»Ach, du steckst also mit ihm unter einer Decke?«, höhnte er. »Ich hätte nicht gedacht …«
» Ich habe das alles veranlasst«, sagte Valerie.
Er verstummte. Manette war so schockiert, dass sich ihr der Magen zusammenzog. Aber schon bald folgte Verwirrung auf den Schock.
»Valerie«, sagte Bernard. »Das ist nicht nötig.«
»Ich fürchte doch.« Dann sagte sie zu Nicholas: »Die Polizei ist auf meinen Wunsch hier. Dein Vater hat das auf meinen Wunsch hin veranlasst. Es war nicht seine Idee. Hast du das verstanden? Er ist nach London gefahren, weil er jemanden bei Scotland Yard kennt. Doch es war weder seine Idee noch Manettes …« Sie zeigte auf Manette, die händchenhaltend mit Freddie auf dem Sofa saß. »… noch Mignons. Ich allein bin dafür verantwortlich.«
Nicholas wirkte wie jemand, dem gerade eine tödliche Wunde zugefügt worden war. Endlich fand er seine Stimme wieder: »Meine eigene Mutter. Glaubst du wirklich … Traust du mir allen Ernstes zu …?«
»Es ist nicht ganz so, wie du denkst«, sagte Valerie.
»… dass ich Ian umgebracht habe?« Er schlug mit der Faust auf den Kaminsims. »Glaubst du das? Hältst du mich für fähig, einen Mord zu begehen? Was ist eigentlich mit dir los?«
»Nick. Es reicht«, sagte Bernard. »Schließlich hast du eine Vergangenheit …«
»Ich kenne meine Vergangenheit, verflucht noch mal. Nur zu gut. Du brauchst mich nicht daran zu erinnern. Aber ich kann mich nicht erinnern, jemals die Hand gegen irgendjemanden erhoben zu haben.«
»Niemand«, sagte Valerie, »hat die Hand gegen Ian erhoben. So ist er nicht gestorben.«
»Warum zum Teufel …«
»Valerie«, sagte Bernard. »Das macht alles nur noch schlimmer.«
»Schlimmer kann es nicht mehr werden«, sagte Nicholas. »Es sei denn, es gibt einen anderen Grund, warum meine Mutter sich an Scotland Yard gewendet hat. Das versuchst du doch gerade, mir weiszumachen, oder? Ermittelt Scotland Yard etwa gegen Manette? Oder gegen Mignon? Oder gegen Fred? Oder tanzt der immer noch nach Manettes Pfeife?«
»Wag es nicht, so über Freddie zu reden«, sagte Manette. »Und ja, Scotland Yard war auch bei uns. Und wir haben von der ganzen Sache erst erfahren, als man uns einen Scotland-Yard-Ausweis unter die Nase gehalten hat.«
»Na, immerhin«, sagte Nicholas. Dann wandte er sich an seine Mutter: »Hast du überhaupt eine Ahnung – irgendeinen blassen Schimmer …«
»Es tut mir leid«, sagte sie. »Ich habe dich verletzt, und das tut mir wirklich leid. Aber es gibt Dinge, die wichtiger sind als …«
»Ach ja? Was denn zum Beispiel?«, schrie er. Dann plötzlich schien ihm ein Licht aufzugehen. »Geht es um die Firma? Darum, wer was erbt? Wer die Firma übernimmt?«
»Nicholas, bitte. Es gibt auch noch andere Dinge, die …«
»Glaubst du etwa, dass mich das interessiert? Glaubst du, deswegen bin ich zurückgekommen? Es interessiert mich einen feuchten Kehricht, wer die Firma leitet. Übergib sie Manette. Oder Freddie. Oder irgendeinem dahergelaufenen Idioten. Kannst du dir vorstellen, was das alles mit Alatea macht? Dass jemand in unser Haus kommt und überall herumschnüffelt und sich ausgibt als … als … Diese Polizistin, die du herbestellt hast, hat uns von Anfang an belogen, Mum. Kapierst du das? Sie hat uns irgendeine alberne Geschichte aufgetischt, warum sie hier ist, und sie hat Allie in Angst und Schrecken versetzt. Allie glaubt … Gott, ich weiß ja nicht mal, was sie glaubt, aber sie ist vollkommen außer sich, und sie denkt, ich hätte … Siehst du denn nicht, was du angerichtet hast? Meine eigene Frau … Wenn sie mich verlässt …«
»Sie?«, fragte Bernard. » Sie ist zu euch gekommen? Wovon redest du, Nick?«
»Wovon zum Teufel soll ich schon reden? Von eurer verdammten Polizistin von Scotland Yard!«
»Es ist ein Mann«, sagte Valerie. »Nicholas, es ist ein Mann, keine Frau. Wir wissen nichts von …«
»Natürlich nicht, Mum, alles klar.«
»Sie sagt die Wahrheit«, schaltete sich Manette ein.
»Er hat jemanden mitgebracht«, fügte Bernard hinzu. »Aber auch das ist ein Mann, Nick. Ein forensischer Gutachter. Wenn eine Frau bei euch gewesen ist, um mit Alatea zu reden, dann hat das nichts mit Scotland Yard zu
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