Glaube der Lüge: Ein Inspector-Lynley-Roman (German Edition)
viel übersichtlicher gewesen, als Geräte nichts weiter als einen Knopf zum Ein- und Ausschalten besaßen und als das Tastentelefon und die Fernbedienung das Äußerste an moderner Technologie dargestellt hatten. Damals hatte man ein paar Anrufe getätigt und sich die Informationen, die man brauchte, von anderen zutragen lassen.
Heutzutage sah das alles ganz anders aus. Heutzutage lief ein Ermittler sich nicht mehr die Hacken ab, sondern brachte seinen Kopf zum Qualmen. Und inzwischen fand sie sich, wenn auch widerstrebend, tatsächlich einigermaßen im Internet zurecht, während Winston sich regelrecht zum Experten auf dem Gebiet gemausert hatte. Die Frage lautete: Wie fand man ein bestimmtes Model, das für sexy Dessous warb? Winston würde die Antwort wissen.
Natürlich könnte sie ihn einfach anrufen, aber das wäre nicht dasselbe. Sie musste sehen, was auf dem Bildschirm erschien, wenn er sich durch das Web klickte.
Also fuhr sie in den Yard. Von der Eingangshalle aus rief sie ihn an und bat ihn, sich mir ihr in der Bibliothek zu treffen. Es handle sich um eine Nacht- und Nebelaktion, von der die Chefin nichts wissen dürfe.
»Barb …«, sagte er.
Sie wusste genau, was es bedeutete, wenn Winston diesen Ton anschlug. Aber sie wusste auch, wie sie seine Bedenken ausräumen konnte.
»Lynley braucht ein paar Informationen«, sagte sie. Für Lynley würde Winnie alles tun, das wusste sie. »Du kannst dich doch für eine Weile loseisen, oder? Es dauert auch nicht lange.«
»Was hast du vor?«
»Pornos kucken.«
»Auf einem Computer hier im Yard? Bist du verrückt geworden?«
»Befehl von Hillier«, sagte sie. »Echt mal, Winnie, glaubst du im Ernst, ich mach das zum Vergnügen? Lynley ist da einer Sache auf der Spur. Wahrscheinlich nichts weiter als irgendeine fette Kuh, die für Reizwäsche wirbt.«
Er sagte, er werde in die Bibliothek kommen, fügte jedoch hinzu – und das war typisch Winnie –, dass er, sollte er der Chefin über den Weg laufen und sie ihn fragen, was er vorhabe, die Wahrheit sagen werde.
»Versuch wenigstens, ihr aus dem Weg zu gehen, okay?«, sagte Barbara. »Lynley hat schon Ärger bekommen, weil sie spitzgekriegt hat, dass er mich in die Sache reingezogen hat. Wenn sie dahinterkommt, dass ich auch noch deine Hilfe in Anspruch nehme, dreht sie ihm den Hals um.«
Das überzeugte ihn, wie sie gehofft hatte. Er würde Ardery so gut es ging aus dem Weg gehen.
Als Barbara in der Bibliothek eintraf, wartete Winston bereits auf sie. Eine Begegnung mit Isabelle Ardery hatte er erfolgreich vermieden, dafür war er Dorothea Harriman über den Weg gelaufen, und das war keine gute Nachricht. Die Sekretärin der Abteilung schien über einen siebten Sinn zu verfügen, der sie wahrscheinlich befähigte, Winstons Absichten an seinen Schnürsenkeln abzulesen. Tja, daran ließ sich jetzt nichts mehr ändern.
Sie machten sich an die Arbeit. Winstons flinke Finger flogen über die Tastatur. Nachdem Barbara ihm Alatea Faircloughs unaussprechlichen Geburtsnamen buchstabiert hatte, war er nicht mehr zu bremsen. Ein Fenster nach dem anderen öffnete sich auf dem Bildschirm, und Barbara versuchte gar nicht erst, Schritt zu halten. Winston erklärte ihr nicht, was er tat oder wohin die Reise ins Netz ging. Er warf jeweils einen kurzen Blick auf die Bilder, die auftauchten, traf irgendeine Entscheidung und hackte wieder in die Tasten. Er würde einen guten Ermittler für Computerkriminalität abgeben, dachte Barbara. Das wollte sie ihm gerade sagen, als ein wütendes »Sergeant Havers und Sergeant Nkata« ihr sagte, dass Dorothea Harriman nicht dichtgehalten und Isabelle Ardery sie entdeckt hatte.
Nkata drehte sich um. Er erstarrte. Barbara starrte ihre Chefin ausdruckslos an. Was hatte die Ardery eigentlich? Ging es um Lynley und darum, dass er seine nächtlichen Pflichten bei ihr nicht erfüllte? Oder wurmte es sie nur, dass sie nicht alles unter Kontrolle hatte?
Winston stand langsam auf und schaute Barbara an. Sie sagte: »Ich hab mir Winston für ein paar Sekunden ausgeliehen, Chefin. Ich brauch unbedingt ein paar Informationen, und er kennt sich mit dem Internet viel besser aus als ich.«
Isabelle Ardery musterte sie von oben bis unten und las den Spruch auf Barbaras T-Shirt, der deutlich zu sehen war, da sie ihre Jacke über die Stuhllehne gehängt hatte. Er lautete: Christus ist für unsere Sünden gestorben – enttäuschen wir ihn nicht .
»Ihr Urlaub ist beendet, Sergeant Havers«, sagte
Weitere Kostenlose Bücher