Glaube der Lüge: Ein Inspector-Lynley-Roman (German Edition)
Ihrer Größe ziemlich einschüchternd wirken.«
»Ich bin sanft wie ein Lamm. Das wird sie schnell genug merken.«
»Mag sein. Aber vergessen Sie nicht, wer wir sind. Sie wird verlangen, dass wir uns ausweisen. Stellen Sie sich das mal vor. Ich zeige ihr meinen Ausweis, Sie zeigen ihr Ihren – wie wird sie reagieren, wenn sie mitkriegt, dass Scotland Yard und die Source gemeinsame Sache machen? Es würde nicht funktionieren. Ich muss unbedingt unter vier Augen mit der Frau reden. Ich werde Ihnen berichten, was sie mir erzählt, und dann sehen wir weiter.«
»Und woher soll ich wissen, dass Sie das auch tun? Dass Sie mich nicht reinlegen?«
»Damit Sie als Nächstes auf der Titelseite der Source einen Artikel darüber bringen, dass Scotland Yard hier oben verdeckt ermittelt? Glauben Sie mir, Zed, mir ist nicht danach zumute, mit Ihnen Spielchen zu treiben.«
Er schwieg. Deborah hatte sich in sicherer Entfernung von dem Gebäude postiert, denn sie wollte nicht von den beiden Frauen gesehen werden, wenn sie herauskamen. Es schien ihr das Beste zu sein, zu dem Invalidenheim zurückzukehren und dort auf Alatea und ihre Begleiterin zu warten. Das konnte natürlich Stunden dauern, was bedeutete, dass sie ziemlich lange in Zeds Auto würden hocken müssen, aber sie hatte keine andere Wahl.
Sie erklärte ihm jedoch, falls er einen besseren Vorschlag habe, solle er damit nicht hinter dem Berg halten.
Zum Glück hatte er keinen anderen Vorschlag. Er war nicht dumm. Ihm war klar, dass eine Konfrontation mit den beiden Frauen hier auf dem Campus der University of Lancaster zu nichts führen würde. Zumindest oberflächlich betrachtet, hatten die Frauen nichts getan, was sie in irgendeiner Weise verdächtig erscheinen ließ. Auf die Frage »Sieh mal einer an, was machen Sie beide denn hier?« würden sie mit Sicherheit ein »Das geht sie überhaupt nichts an!« als Antwort erhalten.
Zed sah das ein, aber er machte Deborah deutlich, dass es ihm trotzdem nicht gefiel. Herumzusitzen und zu warten, erklärte er ihr, sei nicht sein Stil. Das passe nicht zu einem Journalisten. Ein Journalist bekomme seine Story, indem er Informationen ausgrub und Leute zur Rede stellte. Das gehöre zum Alltag des investigativen Journalismus.
Obwohl Deborah am liebsten verächtlich geschnaubt hätte, nickte sie verständnisvoll. Richtig, selbstverständlich, sie verstehe ihn ja. Aber im Moment wüssten sie nicht einmal den Namen der Frau, mit der Alatea hergekommen war, und ohne den Namen könnten sie auch nichts ausgraben.
Endlich gelang es ihr, Zed zu überzeugen. Er sagte, er werde sie dort wieder aufgabeln, wo sie ausgestiegen war. Dann würden sie zum Invalidenheim fahren und dort warten, bis Alatea und ihre Begleiterin zurückkamen. Und während sie warteten, könnten sie sich einen Plan für ihr weiteres Vorgehen zurechtlegen, darauf bestehe er, fügte er hinzu, denn er werde sich auf keinen Fall diese Story durch die Lappen gehen lassen, bloß weil sie ein falsches Spiel mit ihm spiele.
»Keine Sorge, Zed«, sagte Deborah. »Sie könnten mich in große Schwierigkeiten bringen, wenn ich mich nicht an unsere Abmachung hielte.«
Er lachte in sich hinein. »Daran erkennt man einen guten Reporter.«
»Ja«, sagte sie. »Das ist mir inzwischen klar geworden.«
Sie beendeten das Gespräch. Deborah wartete noch ein paar Minuten, um zu sehen, ob Alatea und ihre Begleiterin das Gebäude wieder verließen. Das passierte nicht. Soweit Deborah aus den Aushängen in der Eingangshalle hatte schließen können, befanden sich in dem Gebäude nur Büros und Labors und keine Vorlesungssäle. Das bedeutete, dass Alatea und ihre Begleiterin wahrscheinlich nicht an irgendeinem Seminar teilnahmen, wie Zed vermutete. Und da das Institut für Reproduktionsmedizin in dem Gebäude untergebracht war, glaubte Deborah, dass sie bald wissen würden, was Alatea zu verbergen hatte.
VICTORIA – LONDON
Barbara Havers musste noch einmal in den Yard. Sie brauchte Winston Nkatas Hilfe, und die bekam sie nur in der Victoria Street, es sei denn, sie konnte ihn überreden, sich für ein paar Stunden mit ihr an einem Ort zu treffen, wo sie Zugang zum Internet hatten. Aber bei sich zu Hause hatte sie keinen Internetanschluss. Ja, sie besaß nicht einmal einen Laptop und hatte auch noch nie das Bedürfnis dazu verspürt, da sie fand, dass die Leute nur ihre Zeit an den Dingern verplemperten. Die Welt der unbegrenzten Informationen war nicht ihre Sache. Das Leben war doch
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