Glaube der Lüge: Ein Inspector-Lynley-Roman (German Edition)
genauso gut dazu in der Lage wie ich«, schaltete Manette sich ein. »Wie jeder hier. Ehrlich, Dad, Mum hat recht, Herrgott noch mal. Es wird Zeit, dass wir mit diesem Unsinn aufhören. Das muss die teuerste Schädelfraktur aller Zeiten sein, wenn man bedenkt, wie viel Kapital Mignon daraus geschlagen hat.«
Aber Valerie beobachtete ihren Mann. Lynley sah, dass Fairclough der Schweiß auf die Stirn getreten war. Seine Frau hatte es offenbar ebenfalls bemerkt, denn sie wandte sich an Mignon und sagte leise: »Bringen wir es hinter uns.«
»Dad?«, sagte Mignon.
»Um Himmels willen, gib ihr, was sie will, Valerie.«
»Nein, das werde ich nicht«, entgegnete Valerie. »Auf gar keinen Fall.«
»Dann sollten wir uns jetzt über Bianca unterhalten«, sagte Mignon. Ihr Vater schloss die Augen.
»Wer ist Bianca?«, fragte Manette.
»Unsere kleine Halbschwester«, antwortete Mignon. Sie schaute ihren Vater an. »Willst du uns von ihr erzählen, Dad?«
ARNSIDE – CUMBRIA
Lucy Kevernes Anruf versetzte Alatea Fairclough in Alarmstimmung. Sie hatten vereinbart, dass Lucy sie niemals anrufen würde, weder auf dem Handy noch auf dem Festnetz. Alatea hatte ihr zwar die Nummern gegeben, doch sie hatte von Anfang an klargestellt, dass ein Anruf bei ihr der ganzen Sache ein Ende setzen würde, und das wollten sie beide nicht.
Worauf Lucy verständlicherweise gefragt hatte: »Und was soll ich im Notfall tun?«
»Dann müssen Sie eben anrufen. Aber Sie werden verstehen, dass ich dann nicht mit Ihnen sprechen kann.«
»Wir brauchen einen Code für diesen Fall.«
»Für was?«
»Für den Fall, dass Sie in dem Moment, wo ich anrufe, nicht mit mir sprechen können. Falls Ihr Mann in Hörweite ist, können Sie ja schlecht sagen: ›Ich kann jetzt nicht mit Ihnen sprechen.‹ Das würde ja erst recht seinen Verdacht erregen, oder?«
»Ja, da haben Sie recht.« Alatea überlegte. »Ich werde sagen: ›Nein, tut mir leid, ich habe nichts bei Ihnen bestellt‹, und dann rufe ich Sie bei der allernächsten Gelegenheit zurück. Aber das kann womöglich bis zum nächsten Tag dauern.«
Darauf hatten sie sich schließlich geeinigt, und bisher hatte Lucy auch keinen Grund gehabt, Alatea anzurufen. Als sie sich jetzt jedoch so kurz nach ihrem Treffen in Lancaster meldete, wusste Altea sofort, dass etwas nicht stimmte.
Wie brenzlig die Situation war, wurde ihr nach wenigen Sekunden klar. Man hatte sie zusammen an der Uni gesehen, berichtete ihr Lucy. Man hatte sie im George Childress Centre gesehen. Wahrscheinlich hatte es nichts zu bedeuten, aber eine Frau war ihnen von der Uni zum Invalidenheim gefolgt und hatte mit Lucy über Leihmutterschaft sprechen wollen. Sie sei auf der Suche nach einer Leihmutter, habe die Frau behauptet. Auch das müsse noch nichts Schlimmes bedeuten. Doch die Tatsache, dass die Frau nicht Alatea, sondern Lucy angesprochen habe …
»Sie meinte, Sie hätten ›diesen Blick‹«, fuhr Lucy fort. »Sie hat gesagt, es ist ein Blick, den sie von sich selbst gut kennt. Deswegen hätte sie sofort gewusst, dass sie nicht Sie, sondern mich auf die Möglichkeit einer Leihmutterschaft ansprechen musste.«
Alatea hatte das Gespräch in der Kaminnische des großen Wohnzimmers angenommen. Es war ein kuscheliges Plätzchen, wo sie die Wahl hatte, von der Eckbank aus in den Garten hinauszuschauen oder auf der anderen Seite des Kamins zu sitzen, wo jemand, der das Zimmer betrat, sie nicht gleich sehen konnte. Sie war allein im Haus und gerade dabei gewesen, in Architekturzeitschriften zu blättern, doch mit den Gedanken war sie ganz woanders gewesen, nämlich bei Lucy. Sie hatte überlegt, wie sie weiter vorgehen sollten. Schon bald, hatte sie sich gesagt, würde Lucy Keverne, eine mittellose Stückeschreiberin aus Lancaster, die in dem Invalidenheim arbeitete, um sich über Wasser zu halten, als eine Art neue Freundin in ihr Leben treten. Von da an würde alles einfacher werden. Es würde nie perfekt werden, aber das spielte keine Rolle. Man musste lernen, mit der Unvollkommenheit zu leben.
Als Lucy die Frau beschrieb, die ihnen gefolgt war, wusste Alatea sofort, wer sie war. Blitzschnell zählte sie zwei und zwei zusammen und kam zu dem Schluss, dass die rothaarige Frau namens Deborah St. James, die angeblich einen Dokumentarfilm drehen wollte, ihr nach Lancaster gefolgt war.
Anfangs hatten Alateas Ängste sich in erster Linie um den Journalisten gedreht. Sie kannte die Source , und sie wusste, dass das Blatt einen
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