Glaube der Lüge: Ein Inspector-Lynley-Roman (German Edition)
Augen. »Das hätte ich dir wirklich nicht zugetraut.«
»Mignon!«, rief Freddie aus.
»Du hältst dich da raus«, fauchte sie ihn an. »Oder möchtest du vielleicht gern über Manette und Ian reden, Freddie?«
»Da gibt es nichts zu reden, das weißt du ganz genau«, sagte Manette.
»Es gibt einen Schuhkarton voll mit Briefen, Darling. Ein paar davon sind verbrannt, aber der Rest ist nach wie vor in einwandfreiem Zustand. Ich kann sie jederzeit herholen. Auf den Augenblick warte ich schon seit Jahren.«
»Okay, ich war als junges Mädchen in Ian verknallt. Versuch ruhig, mehr daraus zu machen, du wirst nicht weit kommen.«
»Und was ist mit ›Ich liebe dich mehr, als ich jemals einen anderen lieben werde‹ und ›Ach, bitte, ich möchte, dass du mein Erster bist‹?«
»Ich bitte dich«, sagte Manette angewidert.
»Ich könnte dir noch mehr davon zitieren, ich kenne jede Menge deiner Briefe auswendig.«
»Und keiner von uns will es hören«, fuhr Valerie sie an. »Es wurde genug gesagt. Es reicht.«
»O nein, es reicht noch lange nicht.« Mignon ging auf das Sofa zu, auf dem ihre Schwester und Freddie saßen. Sie sagte: »Wenn’s dir nichts ausmacht, Freddie«, und machte Anstalten, sich zu setzen. Ihm blieb gar nichts anderes übrig, als aufzustehen, wenn er seine Schwägerin nicht auf dem Schoß haben wollte. Er gesellte sich zu Bernard, der am Kamin stand.
Lynley sah ihnen allen an, dass sie versuchten, sich auf etwas Neues einzustellen. Sie ahnten, dass etwas auf sie zukam, auch wenn sie nicht wussten, was es war. Offenbar hatte Mignon jahrelang Informationen über sämtliche Familienmitglieder gesammelt. Bisher hatte sie davon keinen Gebrauch machen müssen, jetzt jedoch schien sie entschlossen, das zu tun. Sie schaute erst ihre Schwester und dann ihren Vater an. Dann sagte sie lächelnd, ohne ihren Blick von ihrem Vater abzuwenden: »Weißt du, Mum, ich glaube nicht, dass sich hier viel ändern wird. Und ich schätze, dass Dad das auch nicht glaubt.«
Valerie ließ sich nicht so leicht aus der Ruhe bringen. »Die Unterhaltszahlungen an Vivienne Tully werden ebenfalls eingestellt, falls du darauf anspielst. So ist es doch, nicht wahr? Ich nehme an, dass du deinen Vater schon seit Jahren mit Vivienne Tully erpresst. Kein Wunder, dass so viel Geld in deine Richtung geflossen ist.«
»Ach, und jetzt hältst du ihm die andere Wange hin?«, höhnte Mignon. »Sind wir schon so weit? Ist es schon so weit gekommen zwischen euch?«
»Was zwischen deinem Vater und mir ist, geht dich nichts an. Niemandes Ehe geht dich etwas an.«
»Ich möchte mich nur vergewissern, dass ich alles richtig verstanden habe«, sagte Mignon. »Er treibt’s mit Vivienne Tully in London, er kauft ihr eine Wohnung, er führt ein verdammtes Doppelleben – und jetzt soll ich dafür bezahlen, weil ich den Anstand besessen habe, dir nichts davon zu erzählen?«
»Stell dich nicht dar als die noble Retterin«, sagte Valerie.
»Hört, hört«, murmelte Freddie.
»Du weißt genau, warum du mir nichts davon erzählt hast«, fuhr Valerie fort. »Die Informationen waren dir nützlich, und du bist eine ganz gewöhnliche Erpresserin. Du solltest niederknien und dem Herrgott dafür danken, dass ich den Inspector nicht bitte, dich zu verhaften. Abgesehen davon ist alles, was mit Vivienne Tully zu tun hat, eine Angelegenheit zwischen deinem Vater und mir. Das alles geht dich nichts an. Das Einzige, womit du dich befassen solltest, ist die Frage, was du in Zukunft aus deinem Leben zu machen gedenkst. Denn es fängt morgen an, und das wird ganz anders aussehen als bisher.«
Mignon wandte sich an ihren Vater. Sie war sich dessen bewusst, dass sie alle Trümpfe in der Hand hielt. »Ist das in deinem Sinne?«, fragte sie ihn.
»Mignon«, seufzte er.
»Sprich dich aus, Dad. Es ist der perfekte Zeitpunkt dafür.«
»Hör auf, Mignon«, sagte Bernard. »Was du tust, ist unnötig.«
»Ich fürchte, da irrst du dich.«
»Valerie«, flehte Bernard seine Frau an. Der Mann musste gerade mitansehen, wie sein gewohntes Leben in Scherben ging, dachte Lynley. »Ich glaube, es ist alles Nötige gesagt worden. Wenn wir uns vielleicht darauf einigen können …«
»Worauf?«, fauchte Valerie.
»Darauf, ein bisschen Gnade walten zu lassen. Dieser schreckliche Sturz vor all den Jahren. In Launchy Gill. Es geht ihr nicht gut. Sie ist seitdem nicht mehr dieselbe. Du weißt, dass sie nicht in der Lage ist, für sich selbst zu sorgen.«
»Sie ist
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