Glaube der Lüge: Ein Inspector-Lynley-Roman (German Edition)
war wenige Minuten später am Arm eines anglikanischen Priesters wieder herausgekommen und zusammen mit dem Mann und den Kindern in einen Saab gestiegen. Nachdem die Familie weggefahren war, hatte jemand in dem Laden das Geöffnet -Schild umgedreht, und da Manette bis dahin immer noch nichts von Freddie gehört hatte, rief sie die Polizei an.
Ihr Gespräch mit Superintendent Connie Calva verlief kurz und ergebnislos, was Manette so wütend machte, dass sie ihr Handy am liebsten auf den Boden geknallt hätte. Sie hatte der Polizistin geschildert, was vorgefallen war, dass an der Tür von Shots! jetzt Geschlossen stand und Tim immer noch in dem Laden war, und der Junge sei erst vierzehn, und sie wüssten ja wohl beide, dass das nur bedeuten konnte, dass Tim hier war, um in einem von diesen grauenhaften Pornos mitzuwirken, deswegen müsse die Polizei herkommen, und zwar so schnell wie möglich.
Connie Calva hatte jedoch gesagt, sie müssten zuerst Tims Laptop nach Barrow bringen, wo ein Computerspezialist sich das Gerät vornehmen würde, um herauszufinden, von wo aus Toy4You seine Mails gesendet hatte, und dann würden sie einen Durchsuchungsbeschluss beantragen und …«
»Verflixt und zugenäht!«, war Manette ihr ins Wort gefallen. »Ich kann Ihnen ganz genau sagen, wo Tim ist, wo dieses Monster ist, wo die diese Filme drehen! Und ich verlange, dass Sie jemanden hierherschicken, und zwar jetzt sofort!«
Darauf hatte Superintendent Calva in einem ausnehmend freundlichen und geduldigen Tonfall geantwortet, woraus Manette schloss, dass sie Übung darin hatte, mit Leuten zu reden, die völlig durchgedreht waren – wahrscheinlich lernten die das schon auf der Polizeischule. »Hören Sie, Mrs. McGhie«, hatte sie gesagt, »ich weiß, dass Sie beunruhigt sind, aber wenn wir solche Leute dingfest machen und vor Gericht bringen wollen, dann müssen wir uns streng an die Vorschriften halten. Ich weiß, dass Ihnen das nicht gefällt, und mir gefällt es ebenso wenig wie Ihnen, wir haben jedoch keine andere Wahl.«
»Ich pfeife auf Ihre verdammten Vorschriften!«, fauchte Manette und beendete das Gespräch.
Dann rief sie Freddie an, denn sie wollte wirklich zu gern wissen, wo der steckte. Er ging sofort ran und sagte: »Verdammt, Manette, ich hab versucht, dich zu erreichen. Du solltest doch …«
»Ich hab die Polizei angerufen«, unterbrach sie ihn. »Tim ist in einem Fotostudio, Freddie. Herrgott noch mal, wo bleibst du?«
»Ich hab am Bahnhof geparkt und bin jetzt zu Fuß unterwegs ins Zentrum. Wo bist du?«
»Vor dem Fotoladen.« Sie erklärte ihm, wo er sie finden würde. »Bitte, beeil dich, Freddie. Die Polizei kommt nicht. Ich hab da angerufen, doch die haben mir erklärt, sie brauchen einen Durchsuchungsbeschluss, und dafür müssen sie zuerst Tims Laptop nach Barrow bringen und dann … Weiß der Teufel, was dann. Aber Tim ist da drin, und die werden ihn filmen. Ich weiß es, Freddie, ich weiß es einfach, aber sie hat mir nicht geglaubt.«
»Ich bin gleich da«, sagte er.
»Ich versuch, irgendwie in den Laden reinzukommen«, sagte sie. »Ich klopfe einfach an die Tür, dann hören die doch bestimmt auf mit dem, was sie da drinnen treiben, oder?«
»Manette, du tust überhaupt nichts. Hast du mich verstanden? Diese Leute sind gefährlich. Ich bin unterwegs. Warte auf mich!«
Manette wusste nicht, wie sie das schaffen sollte. Trotzdem versprach sie ihm, auf ihn zu warten, dann beendeten sie das Gespräch.
Doch sosehr sie sich auch bemühte, sie konnte sich nicht beherrschen. Nach drei Minuten gab sie es auf.
Sie lief über den Parkplatz und rüttelte an der Tür des Fotostudios, die natürlich geschlossen war. Sie schlug mit der Faust dagegen. Die Tür war aus Glas, aber die Scheibe war dick, und die Tür gab kein bisschen nach. Dass sie mit ihrem Gepolter irgendjemanden bei Filmaufnahmen stören würde, war unwahrscheinlich, denn die Tür, die in die hinteren Räume führte, war geschlossen. Und falls da drinnen tatsächlich gerade Filmaufnahmen gemacht wurden, wäre das sicherlich auch mit Geräuschen verbunden.
Manette kaute auf ihren Nägeln. Sie schaute sich um. Sie überlegte. Es musste noch einen Hinterausgang geben. Schließlich musste laut Brandschutzgesetz jedes öffentliche Gebäude über einen Notausgang verfügen.
Sie lief auf die Rückseite des Einkaufszentrums, wo sich tatsächlich eine Reihe von Türen befanden. Dummerweise war keine davon gekennzeichnet. Sie hatte gar nicht daran
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