Glaube der Lüge: Ein Inspector-Lynley-Roman (German Edition)
schloss, dass er seine Kinder meinte, und eins davon im Besonderen.
»Bernard«, sagte Lynley. »Wir müssen auch Mignon überprüfen, es geht nicht anders. Sie hat Zugang zum Bootshaus. Und zwar jeden Tag.«
»Auf keinen Fall Mignon«, entgegnete Fairclough. »Sie hätte Ian nie etwas antun können, und ihrer Mutter schon zweimal nicht.«
»Warum nicht?«
»Sie ist kränklich, Tommy. Und das war sie schon immer. Sie hat als Kind eine Kopfverletzung erlitten und seitdem … Na ja, sie ist behindert. Ihre Knie, die Operationen … Egal … Sie wäre jedenfalls nicht dazu in der Lage gewesen.«
»Wenn sie irgendwie dazu in der Lage gewesen wäre«, sagte Lynley, »hätte sie denn ein Motiv gehabt? Gibt es etwas, das ich über Mignons Beziehung zu ihrer Mutter wissen sollte? Oder über ihre Beziehung zu ihrem Vetter? Haben die beiden sich nahegestanden? Waren sie Feinde?«
»Anders ausgedrückt: Hätte sie einen Grund gehabt, sich Ians Tod zu wünschen?«
»Das ist meine Frage.«
Fairclough nahm seine Brille ab und rieb sich die Augen. »Ian hat mich in Finanzdingen beraten, wie Sie wissen. Er war für alle meine finanziellen Angelegenheiten verantwortlich. Das war sein Job. Er war sehr gut darin, und ich brauchte ihn.«
»Verstehe«, sagte Lynley.
»Eine Zeitlang – vielleicht drei Jahre – hat er von mir verlangt, dass ich die monatlichen Zahlungen an Mignon einstelle. Er hat nie begriffen, dass das Mädchen einfach nicht arbeiten kann. Das konnte sie noch nie. Doch Ian meinte, ich würde sie durch meine Unterhaltszahlungen nur in Abhängigkeit halten, und sie könnte ganz gut für sich selbst sorgen. Das Thema war ein Zankapfel zwischen uns. Kein großer, und wir stritten uns nur ein-, zweimal im Jahr darüber. Aber ich hatte nie die Absicht … Ich konnte es einfach nicht. Wenn ein Kind eine schlimme Verletzung davonträgt … Wenn Sie irgendwann mal Kinder haben, werden Sie das verstehen, Tommy.«
»Weiß Mignon, dass Ian von Ihnen verlangt hat, die Unterhaltszahlungen einzustellen?«
Fairclough nickte widerstrebend. »Er hat mit ihr darüber gesprochen. Als ich mich geweigert habe, ist er zu ihr gegangen. Er hat ihr vorgeworfen, sie würde ihrem Vater ›auf der Tasche liegen‹. Mignon hat’s mir erzählt. Sie fühlte sich natürlich gekränkt. Sie hat mir gesagt, ich könnte die Zahlungen an sie sofort einstellen. Sie hat mich sogar darum gebeten.«
»Ich schätze, sie wusste genau, dass Sie es nicht tun würden.«
»Sie ist meine Tochter«, sagte Fairclough.
»Und Ihre anderen Kinder? Hatte Manette einen Grund, Ians Tod zu wünschen?«
»Manette hat Ian geliebt. Ich glaube, es gab eine Zeit, da hätte sie ihn gern geheiratet. Das war natürlich lange, bevor Kaveh aufgetaucht ist.«
»Und wie stand er zu ihr?«
Fairclough trank seinen Sherry aus und stand auf, um sich nachzuschenken. Er hielt die Flasche hoch und sah Lynley fragend an. Der lehnte erneut ab. »Er mochte Manette«, sagte Fairclough. »Aber mehr auch nicht.«
»Sie ist geschieden, nicht wahr?«
»Ja. Ihr Exmann arbeitet für mich. Freddie McGhie. Sie übrigens auch.«
»Könnte es einen Grund geben, warum Freddie McGhie Ians Tod gewünscht hätte? Sie haben mir gesagt, dass Sie noch keinen Nachfolger als Firmenleiter bei Fairclough Industries bestimmt haben. Wer käme dafür in Frage, jetzt wo Ian nicht mehr da ist?«
Fairclough schaute ihn an, sagte jedoch nichts. Lynley hatte den Eindruck, dass sie sich einem Thema näherten, an das Fairclough lieber nicht rühren wollte. Er hob eine Braue. Fairclough räusperte sich. »Wie gesagt. Ich habe mich noch nicht entschieden. Manette oder Freddie könnten übernehmen. Beide arbeiten für mich, seit sie ins Berufsleben eingestiegen sind. Vor allem Freddie wäre ein geeigneter Kandidat, auch wenn Manette sich von ihm hat scheiden lassen. Er kennt jede Abteilung, und er hat in jeder einzelnen gearbeitet. Eigentlich würde ich jemanden aus der Familie bevorzugen, genau wie Valerie, aber wenn niemand über die entsprechende Erfahrung und Einstellung verfügt, wäre es nur logisch, dass Freddie die Zügel übernimmt.«
»Würden Sie Ihren Sohn Nicholas als Nachfolger in Erwägung ziehen?«
»Das wäre der reine Wahnsinn, bei seiner Vorgeschichte. Aber er gibt sich große Mühe, mir zu beweisen, dass er sein altes Leben endgültig hinter sich gelassen hat.«
»Was hat Ian davon gehalten?«
»Er war davon überzeugt, dass Nick scheitern würde. Aber Nick hatte mir geschworen, er sei
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