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Gleichbleibend Schoen

Gleichbleibend Schoen

Titel: Gleichbleibend Schoen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helen Hodgman
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fütterten die Flammen mit den bunten Sachen und standen in schwesterlicher Verbundenheit nebeneinander, um ihnen beim Brennen zuzusehen. Dann ließ ich sie allein. Bewegungslos und tränenüberströmt wohnte sie als wichtigster Trauergast der Kremation bei, während ich drinnen weiter aufräumte. In seinem Zimmer half mir der Junge. Geduldig steckte er die Bilder fest, die von den Wänden gerissen worden waren, und stellte Bücher ins Regal zurück. Dabei sang er die ganz Zeit vor sich hin und führte Selbstgespräche. Ich baute sein Bett zusammen und bezog es. Unterm Bett fand ich einen Teddybär, der enthauptet in der eigenen Füllung lag. Der Junge merkte nichts, als ich ihn hinter meinem Rücken versteckte, mich im Seitwärtsschritt zum Fenster schob und ihn hinauswarf. Ich betete, dass er ihn erst vermissen würde, wenn ich weg war. Zusammen gingen wir nach draußen, um seine Mutter zu holen. Sie kochte uns ein Essen, das wir am Küchentisch einnahmen. Der Kleine wurde müde. Das ganze Essen über nörgelte er, weil das Salz fehlte. Seine Mutter brachte ihn ins Bett. Es dauerte ewig, bis er sich beruhigt hatte, immer wieder rief er nach ihr: noch eine Geschichte, noch einen Kuss, noch einmal zudecken. Endlich schlief er ein. Seine Mutter und ich setzten uns auf den Teppich vor dem Kamin.
    Sie entschuldigte sich dafür, dass es keinen Kaffee gab. » Ben mag keinen Kaffee. Er meint, er sei ungesund. Ich habe immer eine Dose im Lehrerzimmer der Schule gebunkert. Wenn ich dort ankomme, mache ich mir als Erstes eine Tasse Kaffee. Was für eine Wonne. Eine der kleinen Freuden des Alltags.« Sie lachte.
    Sie fragte, ob ich am Abend, wenn der Bus kam, wirklich gehen müsse. Wenn ich dabliebe, meinte sie, könne sie es auf morgen verschieben, ernsthaft über alles nachzudenken. Ich fragte mich, über was sie nachdenken wollte, und sagte, es sei schon in Ordnung, ich müsse nicht gehen und würde auch nicht gehen.
    Im Schuppen fanden wir Holz und machten Feuer. Wir schalteten alle Lampen aus, setzten uns vor den Kamin und glühten uns an. Es schien nichts zu sagen zu geben. Holzscheite dehnten sich und platzten mit einem leisen Puffen auf. Es wurde viel zu heiß. Sie wurde blass und begann zu reden. Ob ich wisse, fragte sie, dass bei Kremationen in Indien die Verwandten schweigend um das Feuer herumstünden, während die Leiche verbrannt wurde, und auf ein lautes Puffen warteten. Wenn es dann kam, klatschten und jubelten alle, weil die kleine Explosion bedeutete, dass der Geist des Verstorbenen durch den Schädel gebrochen war und sich endlich vom Körper befreit hatte. Ich sagte, das hätte ich noch nicht gehört, aber Indien sei ein Land, in das ich schon immer reisen wollte. Während ich an die vielen seltsamen Dinge dachte, die ich über Indien gehört hatte, sagte sie: » Ich weiß, wie es sich anfühlt. Oft spüre ich etwas in meinem Kopf herumklopfen. Ich glaube, das ist meine Seele. Sie irrt in meinem Schädel herum und sucht eine weiche Stelle, durch die sie entweichen kann.«
    Ich dachte, sie mache Witze, aber sie wirkte sehr ernst. Der Arzt nenne es Migräne, fuhr sie fort, aber sie kenne die wahre Ursache, auch wenn sie die nicht beim Namen nennen könne. Und das Mittel dagegen wisse sie auch.
    Ich fragte nicht nach dem Mittel, denn plötzlich stand James in der Tür. Normalerweise kündigten Fanfaren quietschender und schlagender Türen seine Auf- und Abtritte an, wie bei einer Riesenmaus oder sogar Ratte. In der Annahme, die Erscheinung würde davon verschwinden, blinzelte ich. Doch James verschwand nicht, sondern sagte sehr freundlich lächelnd: »Hallo.« »Hallo zurück«, sagte ich und begann zu lachen, da mir in dem Moment aufging, dass er an der Straße geparkt haben musste und ums Haus geschlichen war, um uns zu überrumpeln. Gloria sah mich verblüfft an, weil ich losprustete und mich neben ihr auf dem Teppich ausschüttete. Dann erblickte sie James und bedachte ihn mit einem, wie mir schien, koketten Fingerwedeln. Im Ausland hatte sie sich lauter so alberne Maschen angewöhnt. Vermutlich meinten sie das mit » Reisen erweitert den Horizont«. James drückte sich in der Tür herum und umklammerte eine in grünes Seidenpapier gewickelte Whiskeyflasche.
    » Bitte entschuldigt, dass ich einfach so reinplatze, Mädels. Wusste nicht, dass heute Damenabend ist. Ich dachte, Ben sei da. Ich wollte ihm etwas sagen.«
    Ich fragte besser nicht, was. » Nein, der ist weggefahren. Wollte seine Schwester

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