Gleichklang der Herzen
glaube.“
„Und Richard?“, fragte er unvermittelt.
„Ihm geht es besser, sehr viel besser.“
Er meinte, in ihren Augen ein Aufleuchten zu bemerken. Als er dann seinen Neffen aufsuchte und Benedicta leise und vertraut mit ihm sprechen hörte und als er zudem bemerkte, dass Richard auf alles, was sie sagte, mit einem Lachen reagierte, da sagte er sich, dass offensichtlich alles nach seinem Plan verlief.
Major Haverington war diesmal in London zurückgeblieben.
Obwohl auch der Herzog sehr viel in London zu tun hatte und die Einladungen sich mit jedem Tag häuften, hatte er das dringende Verlangen gespürt, nach Kingswood zurückzukehren.
Den Grund hierfür glaubte er in der Sorge um Richard suchen zu müssen.
Diesmal speiste er mit Benedicta allein.
„Erzählen Sie mir, was Sie alles gelesen haben“, forderte er Benedicta auf.
Und sogleich waren sie in ein Gespräch vertieft, in dessen Verlauf sie einander heftig widersprachen, aber auch entdeckten, dass sie im Grunde genommen dieselbe Lebensauffassung hatten.
Nach dem Essen erinnerte sich der Herzog an seine Befürchtung, Benedicta könne womöglich Richard durch ihre Klugheit abschrecken.
„Unterhalten Sie sich auch mit meinem Neffen über diese Dinge?“, fragte er vorsichtig.
Benedicta schüttelte den Kopf.
„Und warum nicht?“
„Ich glaube, das würde er gar nicht verstehen.“
„Weil er krank ist?“
„Weil er sehr … jung ist.“
„Sie sind auch jung.“ „Das ist etwas anderes.“ „Warum?“
„Weil ich immer viel mit Papa zusammen war, der sehr klug ist und alles und jeden auf seine ureigene Weise sieht.“
„Sie äußern also nur die Gedanken, die er Ihnen eingab?“
Benedicta überlegte. „Ich hoffe nicht“, sagte sie. „Ich glaube, Papas hervorragendste Eigenschaft besteht darin, dass er bei den Menschen Verhaltensweisen und Ansichten zu Tage fördert, von deren Vorhandensein sie selbst nichts ahnten.“
Sie sah den Herzog an und setzte hinzu: „Das haben meiner Meinung nach alle großen Führerpersönlichkeiten getan. Sie haben ihre Zuhörer nicht mit neuem Wissen vollgestopft, sondern bewirkt, dass diese in Worte oder Taten umsetzten, was bereits in ihnen, in ihren Herzen und Seelen schlummerte.“
„Das habe ich mir nie überlegt“, entgegnete der Herzog nachdenklich.
„Wenn ich mit Papa zusammen bin“, fuhr Benedicta fort, „dann löst er oft einen Gedankengang bei mir aus, den ich selbst weiterverfolge und der immer mehr an Umfang zunimmt, bis er für mich immer wichtiger und schließlich Bestandteil meiner Grundsätze und Überzeugungen wird.“
„Wir sprachen eigentlich von Richard“, sagte der Herzog.
„Wenn ich mit Papa über ihn spräche, würde ich sagen, dass Richards Gemüt noch sehr kindlich ist und dass er noch viel in diesem und in den folgenden Leben zu lernen hat.“
„Sprechen Sie von Reinkarnation, von Wiedergeburt?“
„Wie sonst könnten wir an eine göttliche Gerechtigkeit glauben?“
„Sicher hängen Sie dem Glauben an, dass wir in diesem Leben für die Sünden eines vergangenen büßen müssen.“ Benedicta zeigte ihm ein Lächeln.
„Ganz im Gegenteil, in diesem Augenblick werde ich für alle guten Taten in meinem früheren Leben belohnt.“
Der Herzog lachte, und erst später, als er schon im Bett war, dachte er wieder daran, was Benedicta über Richard gesagt hatte, und fragte sich, ob ihre Gefühle für ihn mütterlicher Natur waren oder von der Art, wie sie eine Frau einem Mann gegenüber hegt.
Er überlegte lange, wie sein nächster Schritt aussehen müsste.
Richard durfte keinesfalls nach London zurück, ehe nicht sichergestellt war, dass er sich nicht wieder in einer Falle verfing, die Delyth Maulden ihm stellte.
Bevil Haverington und zahlreiche seiner anderen Freunde hatten ihm berichtet, dass sie Mühe hatten, für Sir Joceline und Richard Ersatz zu finden.
Die Geschichte des Duells hatte wegen seines tödlichen Ausgangs die abgebrühtesten Lebemänner und ausschweifendsten Schürzenjäger abgeschreckt.
Alle Welt ahnte ohnehin, aus welchem Grund das Duell ausgefochten worden war, und da Richard als Neffe eines Herzogs eine bedeutende Stellung in der Gesellschaft einnahm, tauchten bald Zweifel an Delyth Mauldens Version der Ereignisse auf.
Zum ersten Mal während ihres Triumphzuges als gefeierte Schönheit wurde sie von ihren Anbetern scheel angesehen, und eine Anzahl von Herren, die ihr kürzlich noch zu Füßen gelegen hatten, verhielt sich nun
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