Gleichklang der Herzen
äußerst reserviert.
„Auch in finanzieller Hinsicht ist sie schlimm dran“, hatte der Major dem Herzog anvertraut.
„Meinetwegen kann sie verhungern“, hatte der Herzog geantwortet.
„Das wird sie gewiss nicht, aber ich werde das Gefühl nicht los, dass sie noch immer eine Ehe mit Richard anstrebt, und sei es nur, um dir zu trotzen.“
„Nun, das werde ich zu verhindern wissen.“
Der Herzog gedachte, im Hinblick auf Delyth Maulden kein Risiko mehr einzugehen, aber es war schwierig für ihn, Richard und Benedicta in die gewünschte Richtung zu drängen.
Er wünschte, er hätte die Macht, ihnen die Heirat zu befehlen, wie es noch ein Jahrhundert zuvor möglich gewesen war. Benedictas sanfte Art täuschte ihn nicht darüber hinweg, dass sie niemals gegen ihre Gefühle oder gar gegen ihr Gewissen handeln würde.
Nach Tisch hatten sie sich wieder seine Gemälde angesehen, darunter ein sehr schönes Bild der Venus, von Boucher gemalt.
Benedicta zeigte sich nicht im Geringsten verlegen, obgleich die Venus völlig nackt war. Eine seltsame Haltung für ein blutjunges Mädchen, das sich in männlicher Begleitung so ein Bild ansieht und darüber spricht, dachte der Herzog bei sich.
„Nur wenige Frauen können es mit der Venus aufnehmen“, sagte er laut.
„Und wenn, wo wären die Künstler, die sie malten?“
„Sie müssen Richard bitten, Ihnen alle Bilder in Kingswood House zu zeigen, wenn er wieder ganz gesund ist.“
„Ich glaube kaum, dass Richard an Kunst interessiert ist.“
„Dann liegt es an Ihnen, sein Interesse für die hier vorhandenen Kunstschätze zu wecken“, erwiderte der Herzog. „Sie werden eines Tages ihm gehören.“
„Ihm gehören?“
Benedicta schien überrascht.
„Richard ist mein Erbe. Nach meinem Tod erbt er den Titel, das Haus und die ganzen Besitzungen.“
„Das wusste ich nicht.“
„Aus diesem Grund ist es von großer Wichtigkeit, wen er heiratet.“
„Ja, natürlich, das kann ich verstehen.“
Sie schwieg, und der Herzog spürte, dass sie sich über ein Problem den Kopf zerbrach.
„Was macht Ihnen Kopfzerbrechen?“, fragte er sie.
„Ach, ich überlegte eben Folgendes: Wenn Sie heiraten und einen Sohn haben, dann wäre Richard nicht mehr Ihr Erbe.“
„Das stimmt, doch ich werde niemals heiraten, und Richard wird gewiss einen prächtigen Herzog abgeben.“
„Hm, das möchte ich bezweifeln“, sagte Benedicta fast unhörbar. Doch der Herzog reagierte sofort.
„Was möchten Sie bezweifeln?“, fragte er scharf.
„Ich glaube nicht, dass Richard gern Herzog sein möchte.“
„Wie kommen Sie darauf?“
„Wenn er völlig wiederhergestellt ist, möchte er nach Indien gehen.“
Der Herzog war fassungslos.
„Nach Indien? Warum ausgerechnet nach Indien?“
„Er sagte mir, er hätte Freunde in der Ostindischen Handelsgesellschaft, und er könne sich gut vorstellen, ein paar Jahre in den Kolonien zu verbringen.“
„Hm, keine schlechte Idee. Seltsam, dass ich selbst nie auf den Gedanken gekommen bin. Doch, es besteht wahrhaftig kein Grund, warum er nicht nach Indien gehen und später, nach meinem Tod, Herzog von Kingswood werden sollte.“
Nach gründlicher Überlegung sagte sich der Herzog, dass Richards Vorhaben sehr vernünftig war. Es ließ erkennen, dass er nicht an eine Rückkehr in das Londoner Leben dachte, das sich für ihn so verhängnisvoll erwiesen hatte.
Der Herzog fasste den Entschluss, die Sache bei der ersten sich bietenden Gelegenheit mit seinem Neffen zu besprechen. Aus diesem Grund besuchte er ihn am nächsten Tag ganz zeitig am Morgen und erfuhr zu seiner Beruhigung, dass Richard die Nacht gut verbracht und sogar gefrühstückt hatte.
„Dir geht es ja schon sehr viel besser“, stellte er heiter fest.
„Die Genesung geht für meinen Geschmack viel zu langsam voran“, gab Richard trübsinnig zurück. „Onkel Nolan, es kann verdammt langweilig sein, den lieben langen Tag im Bett zu liegen.“
„Die gebührende Antwort darauf spare ich mir – nämlich, dass es deine eigene Schuld ist.“
„Du hast recht. Ich habe mich zum Narren gemacht, doch es wird nie wieder vorkommen.“
„Benedicta sagte mir, du würdest nach Indien gehen.“
„Wenn ich wieder auf den Beinen bin, gehe ich keinesfalls nach London zurück, um mich auslachen zu lassen.“
Das hörte sich allerdings etwas anders an als das, was Benedicta angedeutet hatte.
„Ja, ein Aufenthalt in Indien wäre hochinteressant“, sagte der Herzog, „falls du es
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