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Gleitflug

Gleitflug

Titel: Gleitflug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne-Gine Goemans
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Zeit um mindestens anderthalb Jahrhunderte zurückgedreht worden. Man hatte eine Hüttensiedlung aufgebaut, die einen Eindruck von der armseligen Existenz der Deicharbeiter verschaffen sollte. Die Dächer der wackligen Bretterbuden waren so bemalt, dass sie aussahen wie aus Ästen und Schilf zusammengesetzt. Ganz bestimmt hatte sich Super Waling all das ausgedacht. Gieles konnte sich zwischen den Hunderten von Besuchern sehr gut Ide und Sophia Warrens vorstellen.
    Meike und er gingen langsam an den Ständen vorbei, er trug Wallie im Arm. Sein Vater und Onkel Fred waren am Pumpwerk zurückgeblieben, um Kaffee zu trinken.
    Meike konnte sich auf den hohen Sohlen kaum normal bewegen. Bei jedem schwankenden Schritt streifte ihn der Samtumhang, ihre Hände berührten sich fast. Niemand schaute sich nach ihr um. Die Männer und Frauen an den Ständen trugen historische Kostüme, und wahrscheinlich dachten alle, sie gehöre auch dazu. Nicht, dass er sich für sie geschämt hätte. Fürihn war sie das schönste Mädchen auf der Welt. Aber was sie anzog und womit sie sich bemalte, fand er ätzend.
    Meike hatte die Kapuze abgenommen und versuchte einen Blick auf die ausgestellten Werkzeuge und Gebrauchsgegenstände der Deicharbeiter zu werfen. Vor allen Ständen herrschte Andrang, außer vor dem Jeneverstand. Für Alkohol war es wohl noch zu früh.
    Drei ältere Herren unterhielten die Besucher mit Volksmusik, die Gruppe nannte sich »Keine Angst vor nassen Füßen«. Lauter als die Musik war das Kreischen bei den altholländischen Kinderspielen. Plötzlich standen Skiq und Freek vor Gieles und Meike. Sie hatten Holzklötze mit Seilen zum Festhalten unter den Schuhen und waren deshalb auf Augenhöhe mit Meike. Skiq hatte seinen Michael-Jackson-Hut auf. »Das ist Meike«, sagte Gieles zu den beiden Jungen, die Meike ungeniert anstarrten.
    »Weiß ich doch«, antwortete Skiq. »Sie war im Wald.« Er schwankte und taumelte gegen seinen Bruder, der dadurch selbst das Gleichgewicht verlor und sich an Meike festklammerte. Im Fallen warf er sie um wie ein Dominostein den anderen. Sie landete der Länge nach im Stroh, der Junge lag auf ihr. Der Umhang hatte sich geöffnet. Erschrocken kroch Freek von ihrem Lackkleid herunter und rannte weg.
    »Alles klar?«, fragte Gieles. Meike setzte sich auf, wischte das Stroh vom Umhang und schüttelte die Dreadlocks. Skiq hockte vor ihr und sah sich die Plateausohlen aus der Nähe an. »Wow«, sagte er beeindruckt. »Du hast Klötze in den Schuhen.«
    Gieles versuchte Meike hochzuziehen, was nicht ganz einfach war, weil er mit dem anderen Arm Wallie trug. Schwankend kam sie auf die Beine.
    »Ich frag Mama, ob ich auch so Schuhe haben darf«, sagte Skiq und stieg wieder auf seine Klötze.
    Gieles sah Dolly auf einer langen Holzbank sitzen. Jonas lagmit dem Kopf in ihrem Schoß. Sie trug eine große Sonnenbrille, und sie hatte einen ungeduldigen Zug um den Mund. Er überlegte, ob dies der geeignete Moment war, ihr Meike vorzustellen. Dolly machte ihr Mir-wird-alles-zu-viel-Gesicht, und dann ließ man sie besser in Ruhe. Er wollte weitergehen, aber Skiq meinte, sie sollten zu ihnen kommen.
    »Da ist Dolly«, sagte Gieles zu Meike, die immer noch Stroh von sich abwischte. »Du weißt schon, die Friseurin.«
    Onkel Fred hatte Dolly angerufen und gefragt, ob Meike ein paar Wochen bei ihr im Friseursalon helfen dürfe. Sie könne zum Beispiel Haare waschen und den Boden kehren, hatte er vorgeschlagen. Einen Ferienjob zu finden war nämlich gar nicht so einfach. Meike hatte sich im Einkaufszentrum bei einer Bäckerei, einem Blumengeschäft und einem Süßwarenladen vorgestellt und war sofort wieder weggeschickt worden. »Haben wohl was gegen Leute, die nicht von hier sind«, hatte Meike beim Essen gesagt. Dabei hatte sie in dem Fleisch auf ihrem Teller herumgesäbelt, als ob das Tier noch getötet werden müsse.
    Dolly wollte Meike erst einmal kennenlernen, hatte sie zu Onkel Fred gesagt. Und anscheinend war jetzt der Moment gekommen. Dolly und Meike – eine schlechtere Kombination konnte sich Gieles kaum vorstellen. Sie würden sich gegenseitig umbringen. Wenn Meike ihre Sirenenstimme erhob, trat Dolly sie in den Hintern.
    Nicht nur die Kombination Meike-Dolly machte ihm Sorgen, sondern auch die Sache mit dem Vibrator. Toon hatte zwar angeblich »eingekauft«, sich aber seitdem nicht mehr bei ihm gemeldet.
    »Kommst du?«, rief Skiq. Er ging jetzt auf seinen Klötzen rückwärts. Gieles betrachtete

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