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Glencoe - Historischer Roman

Titel: Glencoe - Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Lyne
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nur Schmerz und Geschrei, Sirren und Klatschen von Schlägen und derschwellende, pfeifende Ton. Irgendwann bemerkte Sandy Og, dass ihn der Schmerz nicht mehr erreichte und dass das Schwarz vor seinen Augen flimmerte, ja dass er dabei war, in gnädigen Dämmer zu entgleiten.
    Da ließ Glenlyon von ihm ab.
    Sandy Og, der zu sich kam, obwohl er sich dagegen wehrte, hörte Glenlyon vor Anstrengung schnaufen, blinzelte und sah, wie er sich mit einem Tuch den Schweiß vom Gesicht wischte. Hernach trat er vor ihn und rieb ihm das Blut von den Schenkeln, hob das Wolltuch auf, legte es um Sandy Ogs Mitte und gürtete es mehr schlecht als recht fest. Sandy Og überfiel ein Brechreiz, der sich nicht bezwingen ließ, aber das Würgen förderte nur bittere Galle zutage.
    »So, mein Schöner«, sagte Rob Glenlyon. »Das war die eine Tracht Prügel, die ich dir seit Langem schuldig war. Von jetzt an lege ich nicht mehr Hand an dich, jedenfalls nicht grob, denn ich kenne das Gesetz. Du bist der Mann meiner Nichte, und als solchem darf ich dir kein Leid antun. Hätte das dumme Mädchen Verstand genug, dich zu verlassen, schlüge ich dich tot.« Er lächelte, griff über Sandy Ogs Kopf und löste ihm die Ketten. »Von jetzt an schicke ich dir meine Leute – die, denen du den Proviant gestohlen hast. Aber du brauchst keine Angst zu haben – natürlich habe ich ihnen eingeschärft, dass sie dem Mann meiner Nichte kein Leid tun dürfen. Höchstens ein wenig Mores lehren. Das ist kein Leid, hab ich recht?«
    Sandy Og schluckte Blut.
    »Antworte mir.« Die Ohrfeige spürte er kaum. »Hab ich recht?«
    Sandy Og schluckte Blut, kleine rote Lerche mit den goldenen Flügeln, und nickte.
    »Brav.« Glenlyon blies das Licht in der Laterne aus. »Jeden Tag, bis der Staatsrat entscheidet, was mit dir geschieht, werde ich dich zwingen, an mich zu denken: an das Gold meiner Mutter, an mein Tal, das du zerstört hast, an die arme Sarah und anMeggernie. Du meinst, es wird schnell gehen? Der Staatsrat wird flugs befinden, dass wir ja Waffenstillstand haben und ihr trotz eures Frevels mit einem blauen Äuglein davonkommt? Mein armer Träumer, leider muss ich dir mitteilen, dass ich dem Staatsrat zu schreiben gedenke. Und zwar, weil mir zufällig bekannt ist, dass nicht jede Einzelheit über diesen Vertrag von Achallader nach Edinburgh und London gedrungen ist, dass uns an dich nichts bindet und dass es dir deshalb ergehen wird wie deinem Gaul. Allerdings erst, wenn du dir wünschen wirst, dass wir dich endlich töten, einen Dreck, der nicht mehr geht, sondern kriecht.«
    Er stand an die Wand gefesselt, bis nach einer Ewigkeit ein Wächter kam. Der löste die Ketten von den Ringen, sodass zwar Hände und Füße verkettet blieben, er jedoch in der Kammer umhergehen, essen und sich niederlegen konnte. Zusammenbrechen. Er bekam einen Eimer für die Notdurft und eine Schüssel, in die ihm der Wärter von Zeit zu Zeit Brotkanten, Eicheln und Kohlstrünke füllte. Essen für ein Schwein. Dass man sich auf die Knie werfen und wie ein Schwein solch einen Fraß schlingen würde, ohne die Hände zu benutzen, mochte man sich nicht vorstellen können, aber das war noch das Leichteste von allem. Die Zeit verlor ihre Form. Ob Tag oder Nacht war, sah Sandy Og nur, wenn die Tür sich öffnete und Männer hereinkamen, manchmal, um ihm Essen zu bringen, manchmal, um ihn zu schlagen.Was ihm wann bevorstand, wusste er nie.  
    Wenn sie ihn schlugen, zerrten sie ein Teil seines Körpers von Kleidern frei und droschen mit Ruten und Stöcken darauf ein. Die Schläge würden ihn nicht umbringen, sie würden ihn nicht einmal ernsthaft verletzen, nur wehtun und ihm die Gewissheit austreiben, ein Mensch unter Menschen zu sein. Wenn er heulte und brüllte, fragten sie ihn: »Ja, tut das weh, du Stinker? Scheißt du dir die Hosen voll, weil’s wehtut? Ach, hab ich’s doch vergessen, ihr stinkenden Bergratten habt ja keine Hosenan.« Hinterher wischten sie ihm das Blut mit Stofffetzen ab und zerrten ihm die Kleider wieder hoch. Nie brachten sie ihm Wunden an den Unterarmen oder im Gesicht bei, und stets sorgten sie dafür, dass er am Ende noch auf seinen Beinen stand.
    Sandy Og wusste, dass er als Kriegsgefangener galt und nicht geschlagen werden durfte, aber er wusste auch, dass er über dieses Geschlagenwerden nie vor einem anderen Menschen oder auch nur vor sich selbst ein Wort herausbringen würde. Als ließe sich daran festhalten, dass es nicht geschah, solange man es nur

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