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Glencoe - Historischer Roman

Titel: Glencoe - Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Lyne
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auch manches leid. Kommst du mit mir den verdammten Eid schwören?«
    »Das willst du?«
    »Was? Den Eid schwören oder dich bei mir haben?«
    »Beides.«
    »Das Erste ist der bitterste Apfel, in den ich je gebissen hab. Mit dem geht meine Welt unter. Aber das Zweite soll’s mir versüßen: dass ich einen so verdrehten Kerl gezeugt hab, der für die neue Welt taugt. Nach Inveraray geh ich allerdings nicht. Vor den Speichelleckern des Willie mit dem Schwanz zu wedeln, kann kein Mensch von mir verlangen. Ich leg den Eid auf derGarnison ab, vor meinem alten Freund Hill, das ist hart genug. Zudem ist’s bis nach Inverlochy nicht so weit, und wir müssen nicht mitten im Schneesturm auf den Weg.«
    Als Sandy Og keine Antwort gab, kniff ihm sein Vater wie gewöhnlich in den Nacken. »Heh, sagst du nichts? Ist Euer Hochwohlgeboren nicht zufrieden?«
    »Doch. Wir gehen morgen, ja?«
    »Mein Wort drauf. Soll uns die Mutter jetzt einen ordentlichen Wein heiß machen, wie wir zwei Narren ihn uns verdient haben?«
    »Nimm’s mir nicht krumm. Wenn wir heut noch nicht gehen, will ich zu meiner Frau.«
    Sein Vater lachte. »Nein, ich nehm’s dir nicht krumm. Ich wäre kein Mann, wenn ich’s täte. Dank deinem Schöpfer, dass du die Sarah hast. Auf Knien, Sandy Og.«
    »Ja, auf Knien.« Er befreite sich. »Bis morgen, Vater.«
    »Bis morgen, mein Junge. Bis morgen.«

    In der Nacht hielt der MacIain seine schlafende Liebste lange in den Armen. Am Morgen sagte er ihr, sie solle ihm seine besten Kleider richten, Tartanhosen, ein reinweißes Hemd und das Bonnet, das er in Killiecrankie getragen hatte, dazu den gelben Mantel, den sie ihm kräftig ausbürsten musste, und die hohen Stiefel. »Auch wenn ich als Bettler reite, bin ich noch immer der MacIain von Glencoe!«
    Als Sandy Og kam, sah er zu seiner Freude, dass die kleine Sarah sich ebenso ins Zeug gelegt hatte, damit ihr Mann etwas hermachte. Wir sind ein schöner Menschenschlag: mordsmäßige Schultern, feine, feste Schenkel. Noch wenn wir uns ducken lassen, sehen wir aus wie zwei Riesen der Fianna auf unseren Spielzeugpferdchen! Sandy Ogs lange Beine baumelten über den Pferdeleib hinaus, und auch der MacIain hatte seinen Grauschimmelim Stall gelassen und sich ein Pony gesattelt, das auf dem vereisten Boden besser Tritt finden würde. Wie ein mächtiger Herr es sich erlauben durfte, nahm er zwei Gilliemores mit, einen für sich und einen für seinen Sohn.
    »Kannst du denen nicht Pferde geben? Sie sinken bei jedem Schritt bis zu den Knien in den Schnee.«
    »Genug jetzt mit dem Umsturz, verstanden? Gillies sind ihren Chiefs hinter den Gäulen hergelaufen, solange Clans in Lochaber leben. Du beleidigst sie, wenn du sie auf Pferde setzt, weil du Angst hast, sie könnten sich die Höschen nass machen.«
    Sandy Og sah ihn skeptisch an – wie hielt nur die arme Sarah diesem Blick stand? –, dann musste er lachen, was dem MacIain, der den schwersten Ritt seines Lebens antrat, wie ein verblüffendes Geschenk erschien.
    Bei ihrem Aufbruch hatte es zwar aufgehört zu schneien, aber der Wind hieb wie mit Bullenpeitschen zu. Zu sprechen wäre schwergefallen, aber es gab es ja nichts zu sprechen, nicht einmal etwas zu denken, zumindest noch nicht jetzt. Sich durch baumhohe Schneeverwehungen vorwärtszukämpfen, nach Kräften zu atmen, obwohl die klirrende Luft in die Lungen schnitt, und den Weg einzuhalten, war genug. Ab und an blitzte der Gipfel des Ben Nevis durch das böige Wolkentreiben. Der Königsberg, an den die Könige, die kamen und gingen, nicht rührten.
    In der Dämmerung begann es zu schneien, die Sicht wurde schlechter, doch bis hierher waren sie trefflich vorangekommen. Im Schutz einer Tannengruppe befahl der MacIain einen Halt, wies die Gillies an, sich an den Leibern der Pferde zu wärmen, und ließ seine Flasche kreisen. »Eh mich einer von euch Brüdern fragt, wie selbst gebranntes Lebenswasser so gut sein kann – ich hab’s viermal gebrannt. Und Wacholder von unseren Hängen drangegeben. Ein Milchbart kann das nicht trinken, den haut’s auf den Nachttopf, bis er kein Gedärm mehr in sich hat.«
    Sandy Og musste husten. Sie lachten alle vier.
    Den Rest des Weges war jeder Schritt ein Kampf. Schnee wehte und wirbelte, stob und stürzte, schoss auf die Wangen wie mit nadelspitzen Pfeilen, doch die Männer hielten sich prächtig und strebten in steter Geschwindigkeit voran. Als endlich das Feuer am Tor der Garnison durch Ströme von Flocken loderte und sich die

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