Glencoe - Historischer Roman
jedem Wort daraus vor: »Jene, die nach diesem großherzigen Angebot der Gnade noch immer sich als starrsinnig und unbelehrbar erweisen, sollen als Verräter und Rebellen mit der äußersten Härte des Gesetzes bestraft werden.«
Sein Herz trommelte. Etwas in ihm wünschte, der ungeheure Lärm, den das Herz verursachte, möge das winzige Wort übertönen. »Bitte.«
»Ich kann nicht, MacIain.« Der Gouverneur stockte, als sei er den Tränen nah. »Ich habe keine Befugnis, Euch den Eid abzunehmen. Selbst wenn ich es täte, das Papier würde in Edinburgh nicht anerkannt und Euer Name nicht auf die Liste gesetzt.«
Ich kann nicht einmal Gott bitten. Ich war immer so entschlossen, meinen Packen ohne die Hilfe irgendeines unsichtbaren Riesen zu schultern. Ich wette, auf dessen Liste steht mein Name auch nicht mehr.
Hill zog ein Tintenhorn zu sich und entnahm einer Lade einen Bogen. »Ihr müsst nach Inveraray, MacIain, zu Sheriff Colin Campbell von Ardkinglass. Einen anderen Ausweg gibt es nicht.«
»Aber bis dorthin bin ich bei dem Wetter drei Tage unterwegs.«
Bedrückt nickte Hill. »Das ist kein Sturm mehr, das ist der Weltuntergang. Ich habe Angst, es drückt mir die Scheiben ein.«
»Ihr müsst mir helfen!«, sprudelte es ihm aus dem Mund.
»Nichts lieber als das – meint Ihr, ich wünsche, dass auf meinem Grabstein der Name Eures Tales eingemeißelt steht? Aber was soll ich denn tun? Was lässt man mir – bin ich vielleicht keine Spielfigur wie Ihr?« Er japste nach Atem, setzte sich zurecht und begann mit der Sorgfalt einer adligen Jungfer, Zeilen aufs Papier zu setzen. »Ich gebe Euch einen Brief an Sheriff Ardkinglass mit. Ich werde ihm erklären, dass Euch bezüglich der Örtlichkeit ein bedauerlicher Irrtum unterlaufen ist, dass Ihr aber guten Willens seid und als verlorenes Schaf empfangen werden sollt. Gelobt mir, dass Ihr Euch sputet, wie Ihr Euch nie zuvor gesputet habt, und ich bete zu Gott, dass Er die Hände über Euch hält.«
Ja, tu das. Dass der Mann Protestant war und er selbst Katholik, war dem MacIain von Herzen gleichgültig, wenn sich nur irgendwer diesen anmaßenden Allmächtigen zur Brust zu nehmen wusste.
Hill siegelte das Dokument und reichte es dem MacIain zusammen mit dem Passierschein, der ihm die ungehinderte Durchreise sicherte. Der MacIain hatte einige Mühe, die unersetzlichen Papiere unter Mantel, Plaid und Hemd zu verstauen, ohne dass sie vor Nässe durchweichten.
»Jetzt muss ich Euch ohne Verzug auf den Weg schicken.« Hill war wieder aufgestanden und sah aus, als wolle er den MacIain aus seinem Haus schieben. Sein Blick war der eines traurigen Hundes, die Augen tief in geröteten Höhlen.
Dem MacIain waren die Beine schwer. Aus der Finsternis tobte ihm der Sturm entgegen, brüllte, schlug und zerrte und zauste. Kurz schien es ihm, als wisse er nicht, wo er sei, doch dann waren seine Leute bei ihm, die unter das schmale Vordach gedrängt auf ihn gewartet hatten.
Es dauerte nur wenige Augenblicke, wenige herausgewürgte Worte, bis Sandy Og begriff, was geschehen war. Er legte seinem Vater so flüchtig die Hand auf den Arm, dass der es durch die Wolle kaum spürte. »Welcher ist der kürzeste Weg nach Inveraray?«, fragte er. »Den Gleann an Fiodh hinauf und dann geradewegs hinüber nach Benderloch?«
»Verfluchter Teufelskuss! Wärst du den gegangen? Dann dank ich meinem Schöpfer, dass ich’s dir verboten habe. Du hättest dir den Hals gebrochen. Über den schmalen Grat kommt bei dem Höllenwetter keine Bergziege.«
»Gott im Himmel und dir sei gedankt. Welchen Weg nehmen wir also?«
»Über Ballachullish nach Callart, etwa acht Meilen durch unbewohnte Wildnis, dann am Loch Linnhe hinunter, von Ruba Garbh mit der Fähre über den Loch Creran und weiter durch Gleann Saloch. Es ist weit. Der Sturm sieht nicht aus, als ob er sich schlafen legen wollte.«
»Können wir es schaffen?«
»Lass es mich so ausdrücken«, antwortete der MacIain. »Nein.«
»Bestens«, erwiderte Sandy Og. »Also auf! Wenn einer von uns in Callart nicht weiterkann, mag er von dort nach Hause gehen.«
Der MacIain liebte diese Kerle und würde sie immer lieben. Wenn man mit Männern so etwas durchgestanden hatte, liebte man sie geradezu wie Weiber, man wollte sie ständig in die Arme reißen und ihnen auf die nassen Rücken klatschen. Und sie hatten den Teufel in sich, denen konnten kein Hill und keinWillie und keine Vorschrift etwas anhaben. Sie erreichten Callart, noch ehe der Morgen
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