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Glencoe - Historischer Roman

Titel: Glencoe - Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Lyne
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MacIain. »Verfluchter Teufelskuss, Ewen! Wo ist mein Sohn John?« Wort für Wort, wie Sandy Og es erwartet hatte. »Wo ist mein Erbe?«
    »Wir hocken hier alle ohne Erben«, hielt Lochiel ihm entgegen und wies auf das Häuflein bartloser Milchgesichter, die als Chiefs die Plätze früh verstorbener Väter eingenommen hatten. »Nicht wenige sind selbst kaum dem Wiegenband entglitten – denen müssen wir erst zeigen, wie man Erben macht. Lass den General beginnen, ja? Wir haben keine Zeit zu verlieren.«
    Bonnie Dundee schenkte Lochiel ein Lächeln, der MacIain aber war noch nicht fertig. »Wenn mein John nicht willkommen ist, schick Sandy Og auch weg. So ist es nicht recht.«
    Sandy Og versuchte nicht, den Hieb seines Vaters zu verschmerzen, sondern warf den Kopf zurück. »Mich braucht niemand zu schicken«, rief er und wandte sich so heftig zum Gehen, dass er das Schwirren seines Plaids spürte.
    Dundee brach in Gelächter aus. »Bis eben war mir einerlei, ob Ihr geht, ich lasse Euch derlei Händel unter Euch austragen. Jetzt allerdings bestehe ich darauf, dass Ihr bleibt.«
    Dem Befehl hätte Sandy Og sich widersetzt, dem Lachen jedoch vermochte er nicht standzuhalten. Er drehte sich um. Warum waren Männer zu so viel Albernheit fähig und Frauen zu so wenig? Während er sich unbeholfen auf den Boden setzte, überfiel ihn die Sehnsucht nach seiner Frau. Wochenlang hatte er diese Sehnsucht zum Schweigen gezwungen, und jetzt schrie sie so laut, dass die Übrigen sie womöglich hörten. Dabei hätte er dankbar sein sollen, dass Sarah nicht erlebte, wie albern sich ihr Mann betrug.
    Sein Vater murrte noch etwas, aber niemand hörte mehr hin. Denn Dundee war aufgestanden und ging vor den Versammelten umher, immer drei Schritte vor und drei zurück, wobei er Dokumente verlas, die König Jamie geschickt hatte, Anordnungen, die die Männer der Lochaber-Clans offiziell zu seinen Soldaten machten. »Mit Unserem Wort verbürgen Wir Uns«, vernahmen sie die Worte ihres Monarchen, »dass Unseren Untertanen ihre Ausgaben erstattet und ihr Einsatz entlohnt wird, sobald mit ihrer Hilfe das Recht wiederhergestellt ist.«
    Alsdann erläuterte Dundee die Bewegungen von MacKays Rotröcken, die sich anschickten, auf Atholl zu marschieren und die Festung Blair einzunehmen. »Die Williamiten wissen, dass sie hier oben einen Stützpunkt brauchen, wenn sie durchhalten wollen. Sie werden einiges riskieren, um Blair in die Hand zu bekommen.« Dundee wusste über jeden Schritt MacKays Bescheid wie eine Amme über den Stuhlgang ihres Zöglings. Daher wurde gemunkelt, er habe einen Spitzel im Geheimen Staatsrat in Edinburgh. Sandy Og wusste, dass Blair strategischäußerst wertvoll war – wer die Festung hielt, kontrollierte die Straße nach Inverness.
    Mit seinem Vor- und Zurückschreiten schien der General die Truppenteile zu verkörpern, die sich nach hierhin und dorthin verlegten, um sich der Festung zu nähern. »MacKay hat die unwegsamste Strecke zu meistern«, schloss er endlich seine Rede. »Für uns steht es günstiger. Wir werden direkt auf Blair marschieren. Aber noch nicht jetzt.«
    Normalerweise nahmen Hochländer kein Blatt vor den Mund und scheuten nicht davor, rüde dazwischenzuplatzen. Bei Dundee aber warteten sie immerhin ab, bis er sich setzte und anzeigte, dass er fertig war. Dann aber brachen alle Stimmen gleichzeitig los. Dundee ließ die Männer ihrer Erregung Luft machen und hob erst die Hand, als das Wettern abflaute. »Lochiel, sprecht Ihr. Eure Männer haben Unmut zu äußern?«
    »Sie haben Sorgen«, bekannte Lochiel. »Es gibt reihenweise Desertationen, auch Händel untereinander. Wir verlieren Leute.«
    »Ich habe zwei Deserteure täglich!«, rief der blutjunge Robertson von Struan, einer jener Chiefs, die ihr zweites Lebensjahrzehnt noch nicht vollendet hatten. Empört, wie er war, klang er, als stünde ihm auch der Stimmbruch noch bevor. »Zwei oder mehr – und wie soll ich’s den Leuten verdenken? Wir kämpfen ja nicht. Wir sitzen herum und lassen Mücken unser Blut saufen, derweil uns zu Hause die Ernte ertrinkt oder das Vieh verreckt oder ein Haufen Sassenachs die Frauen schändet.«
    Der Kleine schnaufte, sichtlich stolz auf seine Rede. Geschändete Frauen zu erwähnen war immer ein kluger Zug, denn wem das nicht das Blut in Wallung brachte, der war kein Mann.
    »Wo kommen die denn her, Eure Sassenachs?«, erkundigte sich Bonnie Dundee. »Ist es womöglich nötig, Pässe zu sperren?«
    »Ach, was

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