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Glennkill: Ein Schafskrimmi

Glennkill: Ein Schafskrimmi

Titel: Glennkill: Ein Schafskrimmi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leonie Swann
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versammelte, dort, wo Ritchfield sie nicht sehen konnte.
    Diese Schafe dachten darüber nach, die Herde zu verlassen.
    Miss Maple hatte sie angestiftet.
    Sie war ganz versessen darauf, sich abends in das Dorf zu schleichen und das Gespräch zwischen Beth und der roten Frau zu belauschen. Aber nochmal allein – das traute sie sich nicht mehr. Also hatte sie die mutigsten Schafe der Herde zusammengerufen, Zora und Othello, Lane, weil sie praktisch denken konnte wie kein anderes Schaf, Cloud, weil sie ohnehin immer zusammen grasten, und Mopple, das Gedächtnisschaf.
    Bisher war ihr Vorschlag auf keine große Begeisterung gestoßen.
    »Kein Schaf darf die Herde verlassen!«, blökte Cloud. Damit schien ihr alles gesagt.
    »Aber wir verlassen die Herde ja nicht«, erklärte Maple. »Wenn ein einzelnes Schaf weggeht, dann verlässt es die Herde. Das war falsch von mir. Ich werde es nicht wieder tun. Kein Schaf kann das aushalten.« Maple schüttelte sich.
    »Aber wenn mehrere Schafe gehen, zwei oder drei, dann können sie die Herde nicht verlassen. Dann sind sie nämlich selbst schon eine kleine Herde!« Sie blickte triumphierend in die Runde.
    »Wir könnten ja alle gehen«, blökte Cloud. »Wenn alle gehen, geh ich mit!« Sie machte ein verwegenes Gesicht.
    Maple schüttelte den Kopf. »Wir können nicht alle gehen. Das wäre zu auffällig. Der ganze Garten von Beth wäre dann voller Schafe – wenn Beth überhaupt einen Garten hat. Sie würde Verdacht schöpfen.«
    Das leuchtete allen ein.
    »Es dürfen nur ganz wenige Schafe sein«, fuhr Miss Maple fort.
    »Sie können sich unter Büschen und im Schatten der Bäume verstecken, und wenn sie wirklich jemand sieht, wird er denken, sie haben sich verlaufen. Wir traben einfach zu Beths Haus, hören zu und traben wieder zurück. Ganz einfach!«
    »Und wo ist Beths Haus?«, fragte Zora. »Es könnte überall sein!«
    »Es ist neben dem Take-Away. Bei der Kirche. Und es ist blau«, sagte Miss Maple.
    »Aber wie wollen wir den Take-Away finden? Oder die Kirche? Wir wissen nicht einmal, was das ist«, fragte Lane.
    Die Schafe machten sich auf ein längeres betretenes Schweigen gefasst, ein bisschen enttäuscht und ein bisschen erleichtert, dass sich nun doch niemand auf diese gefährliche Expedition wagen musste. Nach einer angemessenen Pause würden sie sich wieder dem Grasen zuwenden.
    Dann machte ausgerechnet Mopple the Whale den Mund auf.
    »Im Take-Away gibt es Pommes«, murmelte er gedankenverloren zwischen zwei Wiederkäubewegungen. Man konnte sehen, dass er nicht richtig aufgepasst hatte. Erst als ihm das Schweigen der anderen Schafe auffällig wurde, hob er den Kopf und blickte direkt auf Maple, die ihn mit leuchtenden Augen anstarrte.
    Mopple war das einzige Schaf der Herde, das Erfahrung mit Pommes hatte. George hatte ihm einmal eines der fettigen gelben Stäbchen hingehalten, um ihm zu beweisen, dass es ihm nicht schmecken würde. Der Beweis war fehlgeschlagen, und seither wusste Mopple, wie Pommes rochen, und sogar, wie sie schmeckten. Und er würde sich an den Geruch erinnern.
    Mopple auf Futtersuche: Er würde ihr Orientierungsschaf sein. Es war ein todsicherer Plan.

10
    In der Mitte von Glennkill gab es einen kleinen, langweiligen Platz: vier vernachlässigte Bäume, eine Parkbank, eine Marmorsäule mit Aufschrift, eine Hecke, die ein Schaf gut als Deckung nutzen konnte. Die Hecke warf zwei Schatten: einen matten in goldenem Licht, einen scharfen, grellbleich umrissenen.
    Auf der einen Seite des Platzes lag ein spitzes Haus, golden im Scheinwerferlicht. Auf der anderen Seite leuchtete das kalte Neonlicht des Take-Aways.
    Hinter dem Take-Away wartete die Dunkelheit.
    Und in der Dunkelheit warteten drei Schafe.
    Maple, Othello und Mopple the Whale hatten sich in der Abenddämmerung aufgemacht, um das Gespräch zwischen Beth und der roten Frau zu belauschen. Mopple machte ein böses Gesicht. Man hatte ihm Pommes versprochen, um ihn zu dieser Expedition zu bewegen, aber dann hatten Maple und Othello ihn ganz schnell an der Tür des Take-Aways vorbeigescheucht. Jetzt starrte er durch ein Fenster in Beths Haus und musste mit ansehen, wie Beth einen Teller Rohkost verzehrte: Kohlrabi, Karotten, Radieschen, Sellerie und als Nachspeise einen dicken roten Apfel. Um überhaupt etwas zu sehen, musste Mopple die Vorderhufe auf eine umgedrehte Blumenbank vor dem Fenster stellen und den Hals lang machen. Durch die ungewohnte Haltung begann sein Rücken zu schmerzen. Das Leben

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