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Glennkill: Ein Schafskrimmi

Glennkill: Ein Schafskrimmi

Titel: Glennkill: Ein Schafskrimmi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leonie Swann
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doch klar, dass mir da einer was anhängen wollte. Wer kommt da schon anderes in Frage. Josh, die Ratte. Mag mich nicht, ich weiß nicht mal, warum.« Der Metzger schüttelte versonnen den Kopf.
    »Du hättest ihn nicht so verprügeln sollen nach Georges Hochzeit«, sagte Gott.
    »Und?«, schnauzte der Metzger ihn an. »Hast du meine Kette gefunden?«
    »Nein«, gab Gott zu. »Aber ich wollte.«
    »Nur weil du weißt, dass alles herauskommt, wenn mir was passiert«, sagte der Metzger verächtlich.
    »Dann tu’s!« Der Langnasige versuchte es wieder mit Kühnheit. »Nagle meine Liebesbriefe an die Kirchentür, die ganzen Schweinereien! Wenn das überhaupt noch jemanden interessiert, nach so vielen Jahren.«
    »Glaube mir«, sagte Ham grimmig, »die interessiert’s.«
    Gott nippte nervös an seinem Glas.
    »Um die Beichten, die du dir Woche für Woche anhören musst, beneide ich dich allerdings nicht«, murmelte Ham nach einer Weile. »Was die dir so alles erzählen müssen! Mit einem Spaten! Wer denkt sich denn so was …« Er schüttelte den Kopf.
    Gott beugte sich weit über den Tisch, so dass es aussah, als würde er gleich nach vorne überkippen, und starrte Ham an. Während der Metzger langsam in seinen Rollstuhl zurückgesackt war, schien er wieder ganz munter zu sein.
    »Niemand von ihnen hat was gesagt. Niemand. Kein Wort. Nicht einmal in der Beichte. McCarthy, ja, ich kann’s nicht mehr hören! Aber George – kein Wort. Sie haben darüber nachgedacht, das schon. Aber getan haben will es keiner.«
    Ham zuckte mit den Achseln, als würde ihn das nicht großartig überraschen. Doch der andere wurde mit jedem Wort aufgeregter.
    »Bei diesem Schweigen überläuft es mich kalt, Ham! Nicht einmal vor Gott … Ich wünschte wirklich, sie würden beichten. Das sieht ihnen gar nicht ähnlich, weißt du. Die waren doch sonst immer ganz wild darauf, ihr schlechtes Gewissen bei mir abzuladen. Vielleicht … ich meine, das mit dem Spaten ist doch krank.«
    Seine Augen bekamen einen lauernden Ausdruck.
    »Hör mal«, sagte er, »wieso warst du eigentlich nochmal am Tatort? Am Tag von Georges Beerdigung?«
    Ham verzog das Gesicht. Anscheinend dachte auch er nur ungern an den Morgen im Nebel zurück. Glasig starrte er aus dem Fenster, direkt in Mopples braune Augen.
    »Weil ich meine Kette wiederhaben wollte«, knurrte er. »Ich bin auf die gleiche Idee gekommen wie du – auch ohne Beichte. Josh, der Idiot. Und als keine Polizei bei mir aufgetaucht ist, dachte ich mir, die liegt da sicher noch …« Hams Augen fixierten etwas, und er verstummte.
    Gott lachte. »Genau zur gleichen Zeit muss auch Josh nach dem Ding gesucht haben – Reue und so weiter. Hat auch nichts gefunden. Irgendetwas ist hier wie verhext, und ich glaube …«
    Gott verstummte, als er das gefrorene Entsetzen auf Hams Gesicht sah. Er folgte dem Blick des Metzgers bis zum Fenster und erstarrte. Dann wurde er plötzlich sehr bleich, und seine linke Hand wanderte zur Brust.
    »Das ist er!«, schrie Ham. »Jetzt kriege ich ihn!«
    Mit einer geschickten Bewegung warf der Metzger seinen Rollstuhl herum und donnerte zur Tür. Gott starrte entgeistert auf das schwarze Rechteck, in dem einen Augenblick lang drei rötlich beleuchtete Schafsköpfe zu sehen gewesen waren.
     
    *
    Mopple, Maple und Othello trabten im Nieselregen zurück auf ihre Weide. Sie konnten zufrieden sein. Wenn sie die Angst auch nicht ganz vertrieben hatten – sie hatten sie immerhin erfolgreich auf Gott und den Metzger gehetzt.
    Othello trabte stolz voraus. Er hatte Gott mit seinen vier Hörnern beeindruckt, allein dafür hatte sich die ganze Sache gelohnt. Sogar Mopple trabte mit erhobenem Haupt durch die Nacht. Melmoth hatte Recht! Mit ein bisschen Aufmerksamkeit und einem furchtlosen Schafsblick konnte man die Menschen ganz schön erschrecken.
    In Gedanken an seine neu entdeckten Fähigkeiten vertieft, hatte Mopple ein forsches Tempo angeschlagen und trabte nun Schulter an Schulter mit Othello. Schüchtern wollte er gerade wieder ein paar Schritte zurückfallen, als Othello den Kopf wandte und ihn ansah.
    » Du hast den Metzger von den Klippen gestoßen?«, fragte er.
    Mopple hob den Kopf. Wie er den Metzger im Nebel angegriffen hatte … Stark wie ein Eber! Mit Aufmerksamkeit konnte ein Schaf wirklich alles erreichen …
    Dann setzte die Erinnerung ein. Mopple war das Gedächtnisschaf. Er hatte sich alles gemerkt.
    »Nein«, seufzte er. »Er hat mich durch den Nebel gejagt. Und dann

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