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Glenraven

Glenraven

Titel: Glenraven Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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Schwarzen erscheint, dann mache ich, daß ich rauskomme.«
    »Ich werde bleiben.« Sophie stieß einen tiefen Seufzer aus. »Ich verhungere bald. Wenn der Portier uns befehlen würde, nackt zu erscheinen, dann würde ich zumindest darüber nachdenken.«
    »Ja. Du hast recht. Selbst wenn alle anderen toll aussehen, würde ich es ertragen, wenn die Leute über mich lachen.« Jay sah auf die Uhr und bemerkte, daß sie fast eine Stunde auf ihrem Zimmer verbracht hatten. Das war lange genug. Sie klingelte nach der Kammerzofe.
    Kurz darauf stand das Mädchen in der Tür. Sie sprach zwar kein Wort Englisch, war aber sehr höflich gewesen, als Jay vorhin in gebrochenem Galti gefragt hatte, ob jeder diese grellbunten Sachen beim Essen zu tragen habe. Jay beabsichtigte, die Geduld der Zofe erneut auf die Probe zu stellen.
    Sie nahm den Reiseführer zur Hand, blätterte zu dem entsprechenden Abschnitt und erklärte der jungen Frau, daß sie und Sophie definitiv verhungern würden, wenn sie nicht bald etwas zu essen bekämen. Jay wiederholte den Satz insgesamt dreimal, während die Augen der Zofe immer größer und größer wurden. Plötzlich schlug sie die Hand vor den Mund, schrie kurz auf und rannte mit fliegenden Röcken davon.
    »Toll gemacht, o große Entdeckerin.« Sophie lehnte in der Balkontür und zog ein spöttisches Gesicht. »Was zum Teufel hast du ihr gesagt?«
    Jayjay blickte in die leere Halle und seufzte. »Ich wünschte, ich wüßte es. Glaubst du, sie kommt noch mal wieder?«
    »Hängt ganz davon ab. Wenn du ihr Leben oder ihre Tugend bedroht hast, dann erscheint es mir eher unwahrscheinlich.«
    Jayjay blickte in den Fodor’s und spürte erneut das Kribbeln, das sie jedesmal überkam, wenn sie das Buch in der Hand hielt. Jay beschloß, nicht mehr darüber nachzudenken - das Gefühl war wirklich nicht weiter von Bedeutung - doch das Kribbeln schien stärker geworden zu sein. Das beschichtete Papier, das Fodor’s bei der Herstellung verwendet hatte, schien sich sehr leicht mit statischer Energie aufzuladen.
    Sophie hatte sich auf den Bettrand gesetzt und durchsuchte ihren Reiseproviant. »Willst du was? Oder willst du den Speisesaal alleine suchen gehen?«
    Jay setzte sich neben ihre Freundin. »Gib schon her.«
    Ein paar Augenblicke später, die beiden Frauen saßen auf dem Himmelbett und stopften Erdnüsse, Schokoladenchips und andere Süßigkeiten in sich hinein, stürmte der Portier atemlos und mit hochrotem Kopf durch die Tür. »Wer von Euch liegt im Sterben?« fragte er keuchend und blickte von Jay zu Sophie und wieder zu Jay. Als der kleine Mann die beiden auf dem Bett sitzen sah, essend und offensichtlich kerngesund, wechselte sein Gesichtsausdruck von Furcht über Verwirrung zu Wut. »Ihr liegt nicht im Sterben«, sagte er und deutete auf Jay. »Und Ihr liegt auch nicht im Sterben.« Er zeigte auf Sophie.
    In diesem Augenblick erschien die schluchzende Kammerzofe. Der Portier wandte sich um und ließ eine Schimpfkanonade auf das Mädchen los, daß es einen Stein erweichen konnte. Merkwürdigerweise schrie er das Mädchen auf englisch an - trotzdem schien sie ihn zu verstehen.
    »Entschuldigen Sie, bitte«, sagte Jayjay.
    Der Portier ließ sich nicht unterbrechen.
    Jayjay tippte ihm auf die Schulter. »Entschuldigen Sie.«
    Der Portier wirbelte herum und rang nach Luft. »Ich bedaure zutiefst, Ihnen dieses dumme Gör geschickt zu haben… «
    »Sie ist kein dummes Gör«, unterbrach Jay. »Ich habe nur versucht, ihr etwas zu erklären, aber mein Galti ist einfach fürchterlich. Ich wollte ihr klarmachen, daß wir am Verhungern sind, aber wahrscheinlich habe ich statt dessen erklärt, wir lägen im Sterben.«
    »Am Verhungern?« Der Portier wandte sich von der Kammerzofe ab und blickte zu Jay. »Ihr habt gesagt, Ihr wärt am Verhungern ?«
    »Ja. Es ist schon verdammt lange her, daß wir etwas gegessen haben. Außerdem haben wir den halben Tag im Sattel verbracht. Ich habe in unserem Reiseführer nachgeschlagen und den Satz ›Wir sind am Verhungern‹ gefunden - und ihn benutzt. Wir sind nämlich wirklich sehr, sehr hungrig.«
    Die Kammerzofe schluchzte noch immer und wischte sich eine Träne aus dem Auge.
    Die Augen des kleinen Mannes begannen zu glühen. Er hob das Kinn, um auf die beiden Frauen hinabschauen zu können, obwohl er wesentlich kleiner war. » Am Verhungern! Ich dachte, Ihr würdet Hilfe benötigen.«
    »Passen Sie mal auf. Sagen Sie uns einfach, wo wir das nächstgelegene Restaurant

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