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Glenraven

Glenraven

Titel: Glenraven Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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weitergehen.
    Die Lichter tanzten weiter vor ihr her, bis sie plötzlich wie eine explodierende Feuerwerksrakete auseinanderstoben. Jay ging weiter… zu einem Ort an der Schwelle von Licht und Dunkelheit.
    Alles scheint in dieses verdammte Zwielicht gehüllt zu sein, dachte sie verärgert, selbst in meinen Träumen. Eigentlich sollte ich wenigstens im Schlaf dazu fähig sein, für mehr Licht zu sorgen. Wie wäre es zum Beispiel mit einer kleinen strahlenden Sonne und einer erfrischenden Sommerbrise? Wenn ich schon in weitere Schwierigkeiten renne, dann könnte wenigstens die Sonne scheinen.
    Jay stand inmitten einer wunderschönen Grotte. Die Stämme der steinernen Bäume waren von einem wahren Genie gearbeitet worden. An ihren Ästen hingen Blätter aus Gold und Silber, die bei jedem Windzug ein fröhliches Lied spielten. Ein Stück weiter vorn bewegten sich dunkle Gestalten auf ein mattes, gelbes Licht zu. Jay folgte ihnen, wobei sie darauf achtete, immer im Schatten der Bäume zu bleiben. Vor lauter Angst vergaß sie fast das Atmen.
    Ihre Furcht wuchs immer mehr, je näher sie dem Licht kam. Es hatte seinen Ursprung in einer klaren Kristallkugel, die auf einem kleinen Sockel aus dunklem Holz ruhte. Eigentlich hätte sie der Anblick nicht beeindrucken dürfen - was war an einer Glühbirne schon Besonderes? -, aber Jay konnte die Macht spüren, die von der Kugel ausging. Sie wußte, daß das Licht, das der Kristall ausstrahlte, ein unbedeutendes Nebenprodukt einer uralten, mächtigen Magie war. Jay konnte das enorme Alter der Kugel beinahe sehen .
    Im Licht des Kristalls konnte Jay die Wesen erkennen, die sich in der Halle versammelt hatten… Kreaturen, die aus einem Alptraum zu stammen schienen. Kleine Geschöpfe mit Fledermausflügeln, den Reißzähnen eines Wolfes und dem Körper einer Frau flatterten lachend umher. Sie waren in teure Seide gehüllt, die im krassen Gegensatz zu ihren schwarzen Flügeln und leichenblassen Gesichtern stand… das Lachen, das Jayjay als kindlich empfunden hatte, stammte von ihnen. Sie flogen mit den Jägern, erkannte sie. Und ich hab’ sie für eine Art gabelschwänzige Fledermaus gehalten. Wesen mit langen Schnauzen, stehenden Ohren und beinahe menschlich wirkenden Augen sprachen miteinander. Ihre Stimmen klangen tief und hart. Auch sie trugen eine Art Kleidung - Lederharnische, an denen allerhand Waffen und Werkzeuge hingen. Jay erkannte auch sie… das waren die Biester, deren Köpfe sie an den Wänden des Wethquerin Zearn gesehen hatte… das waren die ›sprechenden Hunde‹, die mit ihren ›Rettern‹ zusammengearbeitet hatten. Warrags… wie Grah. Weder Hund noch Wolf, sondern irgend etwas… anderes . Jay starrte auf die langen, krallenbewehrten Hände der Kreaturen… die verhornten Handflächen, auf denen sie liefen. Die Beine der Warrags besaßen zwei Gelenke, so daß sie wie die Gliedmaßen einer riesenhaften Spinne wirkten.
    »Laß uns losziehen und noch ein paar Machnan ›vor Unheil bewahren‹«, sagte einer der Warrags und lachte.
    »Vor Unheil bewahren, Grah? Ich werde meine fürs Mittagessen bewahren , wenn du deine fürs Abendessen bewahrst «, erwiderte der andere mit einer Grabesstimme. Beide kicherten boshaft.
    Jay hatte unheimliche Angst. Das war Grah… der, der sie gefunden und gefangengenommen… und mit ihr Katz und Maus gespielt hatte. Sie konnte Grah nicht ausstehen!
    Jay bekam eine Gänsehaut, und sie wandte ihre Aufmerksamkeit in eine andere Richtung. Das gigantische, plumpe Monster, das Jay zunächst für einen Haufen Steine gehalten hatte, lehnte außerhalb des Lichtkreises an einem der steinernen Bäume. Seine kleinen hungrigen Augen leuchteten rot. Seine Haut war faltig wie die eines Rhinozerosses, und die Zähne waren die eines Hais. Absurderweise trug die Bestie ein mit Gold und Edelsteinen besetztes samtenes Gewand.
    Weitere, noch entsetzlichere Kreaturen lauerten in den Schatten und flüsterten. Sie besaßen Schuppenpanzer, trugen Felle oder waren über und über mit Schleim bedeckt. Auch sie waren in prächtige Gewänder gehüllt, wie Höflinge an einem mittelalterlichen Königshof. Diese Wesen schienen dem Kopf eines irren Psychopathen entsprungen zu sein. Ihr Flüstern erinnerte Jay an das Geräusch von Fingernägeln, die über eine Tafel kratzen, oder an nächtliche Schritte auf einem Friedhof… einfach an alles, was sie jemals aus dem Augenwinkel gesehen hatte und das sofort verschwunden war, sobald sie sich umgedreht hatte. Diese

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