Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gletschergrab

Gletschergrab

Titel: Gletschergrab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arnaldur Indridason
Vom Netzwerk:
hatte, bevor sie die Arbeit an der Botschaft bekam. Manchmal wirkte seine Bekannte völlig abwesend. Als hätte sie Probleme, sich zu konzentrieren.
    Kristín begriff nicht, was der Grund dafür war, bis es zu spät war.
    »Hast du irgendetwas herausgefunden?«, fragte Steve, als er seine Erzählung beendet hatte.
    176

    »Niemand will mit der Sprache heraus«, erwiderte Monica und strich sich mit der Hand durchs Haar. »In der Botschaft herrscht sozusagen Belagerungszustand. Ich habe dort noch niemals eine Pistole gesehen, aber jetzt scheint jedermann bewaffnet zu sein.
    Das sind Sonderkommandos, Delta-Einheiten, glaube ich. Es ist, als säße man auf einer Bombe mit Zeitzünder. Die meisten Botschaftsangestellten sind in Urlaub geschickt worden. Als ich wissen wollte, was los ist, hat man mich zu irgendeinem Kommandeur geführt, der gesagt hat, das alles sei nach ein paar Tagen vorbei, und dann liefe wieder alles in den gewohnten Bahnen. Er bat mich um Geduld. Er war außerordentlich höflich, aber ich bin mir sicher, dass er nicht zögern würde, mir eine Kugel durch den Kopf zu jagen, wenn er den geringsten Anlass dazu sähe.«
    »Nach ein paar Tagen«, wiederholte Kristín ihre Worte.
    »Dann haben sie den Gletscher wieder verlassen und das Land vermutlich auch.«
    »Was ist mit diesem Ratoff?«, fragte Steve. »Hast du irgendetwas über ihn in Erfahrung bringen können?«
    »Über ihn habe ich nichts herausfinden können. Ich hatte aber auch nicht viel Zeit, danach zu suchen. Wenn er beim Geheimdienst beschäftigt ist, ist es natürlich nicht leicht, etwas über ihn herauszubekommen. Ich weiß ja noch nicht einmal, ob Ratoff sein Vor- oder Nachname ist oder vielleicht nur ein Deckname.«
    »Wir auch nicht«, sagte Kristín. »Das ist bloß ein Name, den ich aufgeschnappt habe. Weißt du etwas über Truppentransporte zum Gletscher?«
    »Ich habe mit Eastman gesprochen, einem Freund von mir auf der Basis. Er gehört zum Aufsichtspersonal in den Hangars und hat mir erzählt, dass da etwas Mysteriöses im Gange ist. Es geht das Gerücht, dass eine Spezialeinheit mit einer C-17
    Transportmaschine nach Island eingeflogen worden ist, die 177

    immer noch einsatzbereit auf der Landebahn steht. Das ist äußerst ungewöhnlich. Niemand darf sich der Maschine nähern, sie haben sogar ihre eigenen Techniker dabei, die die Maschine warten. Etwa zweihundert Mitglieder einer Spezialeinheit wurden eingeflogen, und zwar mit einer kompletten Ausrüstung für eine Gletscherexpedition. Das sind die Leute, die dein Bruder auf dem Gletscher gesehen hat. Das Ziel dieser Expedition kannte Eastman nicht. Topsecret, das Ganze, mit allem Drum und Dran.«
    »Was ist mit diesen beiden, die versucht haben, Kristín umzubringen, diese Mormonen?«, fragte Steve.
    »In der Botschaft gibt es jede Menge zwielichtiger Typen, so gesehen könnten das alles Berufskiller sein.«
    »Hören sie die Telefone ab?«
    »Ja, Steve, sie hören die Telefone ab.«
    »Und sie wissen, wer wen anruft und von wo?«
    »Das ist es, was ich gerade versucht habe zu erklären.«
    »Verdammt nochmal«, fluchte Steve, »dann wissen sie auch über dich und mich Bescheid und über uns. Was meinst du damit, was du versucht hast zu erklären?«
    Er war aufgestanden und wollte Kristín mit sich ziehen, die nicht schnell genug schaltete.
    »Bist du uns in den Rücken gefallen, Monica«, rief Steve, »ist das eine Falle?«
    Als er sich umblickte, sah er, wie David das Lokal betrat. Er trug einen dicken weißen Winteroverall und schlenderte ganz gelassen auf die Gruppe in der Ecke zu. Steve schaute Monica an.
    »Sie haben damit gedroht, meinen Jungen etwas anzutun«, sagte Monica verzweifelt. Sie war ebenfalls aufgestanden.
    Kristín traute ihren Augen nicht, als sie zur Tür blickte. Dort sah sie David auf sie zukommen, und aus den Augenwinkeln 178

    bemerkte sie, wie Simon die Treppe herunterkam, die nach oben führte. Er war genau wie David gekleidet. Jetzt sahen sie nicht mehr aus wie Mormonen, sondern wie Touristen. Aus dieser Falle gab es keinen Ausweg. Sie hatten sich in die hinterste Ecke des Lokals gesetzt, Monica hatte den Platz ausgewählt.
    Alle Fluchtwege waren versperrt.
    »Aller guten Dinge sind drei«, sagte David und drückte Kristín wieder auf ihren Platz. Kristín sah ihn an und spürte, wie ihre Knie nachgaben, sodass sie auf ihrem Stuhl zusammensank.
    David nahm an Monicas Seite Platz, Simon zog sich einen weiteren Stuhl heran und setzte sich zu

Weitere Kostenlose Bücher