Gletschergrab
ihnen.
»Wie gemütlich«, sagte Simon.
»Gibt’s hier anständiges Bier?«, fragte David, der sich interessiert umblickte und den Touristen markierte.
»Bevor ihr irgendetwas Unüberlegtes tut, möchte ich euch darauf hinweisen, dass wir beide bewaffnet sind und nicht zögern werden, von diesen Waffen Gebrauch zu machen, falls es nötig sein sollte«, sagte Simon mit strahlendem Lächeln. »Fangt bloß nicht an, wie die Irren zu rufen und zu schreien.«
»Draußen steht unser Auto, und wir möchten euch zu einer kleinen Spritztour einladen. Bis auf dich natürlich, Monica«, erklärte David.
Kristín schaute Steve an, der Monica anklagende Blicke zuwarf.
»Und falls wir uns weigern, mitzukommen?«
»Du bist der tapfere kleine Held, den sie da in Keflavík auf der Basis gefunden hat, nicht wahr?«, fragte David.
»Der kleine, was war er doch noch, der kleine Politikwissenschaftler, der sie gevögelt hat?«, sagte Simon.
»Kein Grund, ordinär zu werden«, sagte David.
»Nein, was für ein schnuckeliges Paar sie doch sind«, sagte Simon und schaute Kristín an. »Vögelst du immer mit 179
Amerikanern von der Basis, oder ist unser Steve hier die Ausnahme?« Er streckte die Hand aus, als wolle er ihr die Wange streicheln.
Kristín warf den Kopf zur Seite. Steve rührte sich nicht.
Monica starrte vor sich hin.
»Na, dann wollen wir uns mal auf den Weg machen«, sagte Simon. »Es war richtig schön mit euch. Monica, die ihre Freunde bei der erstbesten Gelegenheit verrät, geht als Erste und verpisst sich. Als Nächster komme ich mit unserem kleinen Politikwissenschaftler hinterher. Wir stehen in aller Ruhe auf und verlassen langsam das Lokal. David und Kristín folgen uns, und das wär’s dann. Falls ihr irgendwelche Sperenzchen machen wollt, bitte sehr. Dann schießen wir eben, und es gibt Tote. So einfach ist das.«
»Wohin wollt ihr mit uns?«, fragte Steve.
»Wir finden schon einen hübschen Ort«, sagte Simon.
»Mach dir darüber mal keine Gedanken.«
»Was ist in dem Flugzeug auf dem Gletscher?«, fragte Kristín.
»Genau diese Neugierde ist es, die wir so spannend finden«, sagte Simon. »Meinst du nicht, du solltest jetzt endlich die Schnauze halten und uns das tun lassen, was wir tun müssen?«
Simon stand auf und ließ Monica vorbei. Mit gesenktem Blick stand sie auf, lief zum Ausgang und schaute dabei weder nach rechts noch nach links. Sie öffnete die Tür und verschwand in der winterlichen Dunkelheit.
»Na, Stevie, hoch mit dir«, sagte Simon, erhob sich, packte Steve an der Schulter und zog ihn hoch. Steve stand auf und warf Kristín einen resignierten Blick zu, als Simon ihn umdrehte und vor sich herschob. Dabei ging er nicht zu grob vor, um kein Aufsehen zu erregen. David stand ebenfalls auf.
»Und jetzt du«, sagte er und blickte sich um. Weder die Seeleute an der Bar noch die anderen Gäste im Lokal hatten 180
ihnen Beachtung geschenkt. Kristín stand langsam auf und ging Seite an Seite mit David am Tresen entlang. Als sie an den Seeleuten vorbeigehen wollten, trat einer von ihnen Kristín plötzlich in den Weg, sodass sie gezwungen waren, stehen zu bleiben. David versuchte, ihn wegzuschieben, aber er rührte sich nicht vom Fleck und würdigte David keines Blickes. Kristín konnte erkennen, dass Steve draußen vor der Kneipe in einen weißen Explorer-Jeep einstieg.
»Er hat gesagt, dass du schwul bist«, sagte Kristín auf Isländisch, bevor der Seemann ein Wort sagen konnte. Ihr war nicht entgangen, dass er sie die ganze Zeit angestarrt hatte, während sie mit Steve und Monica am Tisch saß, obwohl sie versucht hatte, so wenig Aufmerksamkeit wie möglich auf sich zu lenken. Sie wusste, was kam, wenn Männer einen so anstarrten. Probleme.
»Ach ja?«, fragte der Seemann angriffslustig.
»Eine schwule Sau. Er hat dich eine schwule Sau genannt«, sagte Kristín und zeigte auf David. Sie war jetzt wieder voll da.
»Kein Wort mehr zu diesen Typen«, befahl David und wollte Kristín wegziehen. »Mein Kumpel wird keinen Augenblick zögern, deinen Freund abzuknallen, wenn hier drinnen was schief läuft.«
»Er hat gesagt, ihr seid alle miteinander schwule Weicheier«, rief Kristín den Männern am Tresen zu und riss sich von David los. Sie glaubte, einen Revolverknauf in seiner Hand zu erkennen, aber im nächsten Moment pflanzte ihm schon der Seemann, der sie so angestarrt hatte, mit voller Wucht seine Faust ins Gesicht.
»Dir werd ich zeigen, wer hier schwul ist«, sagte
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