Gletschergrab
er.
Jetzt hatte die ganze Gruppe sich ihnen zugewandt. Falls David vorgehabt hatte, den Revolver zu zücken, gab es keine Gelegenheit mehr dazu, denn die Männer umringten ihn sofort.
Kristín zog sich aus dem Gedränge zurück. Sie warf einen Blick 181
auf den Jeep draußen. Steve hatte sich auf den Rücksitz gesetzt, und Simon, der am Steuer saß, überlegte bestimmt, was seinen Kumpan aufhielt. Er spähte angestrengt in die Kneipe herein, aber Kristín wusste nicht, wie viel er erkennen konnte.
Sie bemerkte eine Tür hinter der Theke, die vermutlich nach hinten in die Küche führte. Sie schwang sich über den Tresen und rannte in die Küche, während sie aus den Augenwinkeln sah, wie David zwei der Seeleute abzuwehren versuchte, bis sie ihn überwältigten und die Schläge auf ihn niederprasseln ließen.
Kristín sauste durch die Küche und gelangte zu einer Tür, die in einen Hinterhof mit einer schmalen, engen Zufahrt zur Straße führte. Kristín rannte zur Straße und spähte um die Ecke. Der Jeep stand noch da, und Simon und Steve schienen beide noch darin zu sitzen.
Sie schlich sich an das Auto heran und sah, wie Simon auf Steve deutete und ihn anbrüllte. Plötzlich sprang Simon aus dem Jeep und rannte in das Lokal. Sie zögerte keinen Augenblick, lief zur rechten Hintertür und versuchte, sie zu öffnen, aber sie war abgeschlossen. Steve bemerkte sie und hämmerte gegen die Scheibe. Die Tür auf seiner Seite war ebenfalls zugeschlossen.
Er war im Auto eingesperrt.
Kristín schaute sich entsetzt um, und ihr Blick fiel auf ein kleines Warnschild, das auf Straßenbauarbeiten hinwies. Sie holte es und schlug damit mit aller Kraft bei Steve gegen die Scheibe. Sie zersplitterte in tausend Stücke, die ins Auto und auf die Straße spritzten. Im gleichen Augenblick heulte die Alarmanlage des Autos auf, und als sie einen Blick in die Kneipe warf, sah sie, wie David sich umdrehte. Simon half ihm hoch. Die Seeleute standen im Pulk an der Theke. Simon schrie irgendwas, aber Steve war schon durch die Scheibe gekrochen, und sie rannten los.
»Unser Jeep!«, rief Kristín, die vor Steve die Straße entlangrannte. Sie wagte nicht, sich umzuschauen. Steve folgte ihr dicht auf den Fersen, sie hörte seine Atemzüge hinter sich.
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Simon sah Kristín und Steve über die Straße laufen. Er schleppte David aus der Kneipe, setzte ihn auf die Treppe und stürmte dann mit der Pistole in der Hand hinter ihnen her. Er sah Kristín und Steve zu einem Jeep rennen, der vor dem Blumengeschäft parkte.
»Cool, das SEK Wiking!«, rief ein Junge, der ein Skateboard unter dem Arm hatte. Er zeigte auf Simon, der davon keine Notiz nahm. Er registrierte noch nicht einmal, dass ringsherum die Leute stehen geblieben waren und ihn anstarrten, als er mit der Pistole in der Hand losspurtete. Er verfolgte Kristín und Steve in geduckter Haltung wie ein Jäger seine Beute, und die Pistole berührte fast den Boden.
Kristín warf sich hinters Steuer und trat das Gaspedal voll durch, sodass das Auto aufheulte, als sie den Motor anließ. Sie schaltete das Automatikgetriebe hektisch in den Rückwärtsgang und setzte rasant in der schmalen Straße zurück, sodass das Wasser auf dem feuchten Asphalt aufspritzte. Auf einmal entstand in der Windschutzscheibe knapp rechts von ihr ein kleines Loch und dann ein zweites ein Stück tiefer. Simon feuerte im Laufen auf sie. Als Kristín rückwärts quer über die angrenzende Straße fuhr, rammte sie ein entgegenkommendes Auto seitlich, der Jeep geriet ins Schleudern und drehte sich um fünfundvierzig Grad. Sie legte den Vorwärtsgang ein und raste mit quietschenden Reifen die Tryggvagata entlang. Die Kugeln schlugen mit einem leisen Pfeifen seitlich ins Auto ein, und Kristín beugte sich so weit wie möglich nach vorn, um keine Zielscheibe abzugeben. Steve hatte sich auf der Beifahrerseite zusammengekauert und warf ihr ängstliche Blicke zu. Im Rückspiegel sah sie noch, wie Simon um die Ecke gerannt kam und auf die Tryggvagata lief, aber dann gab er die Verfolgung auf und entschwand ihren Blicken.
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21
Auf ihrem Weg zum Gletscher stoppten sie zweimal, um zu tanken. Kristín saß die ganze Zeit am Steuer. Laut dem Wetterbericht tobte ein Unwetter über ganz Ost- und Nordostisland. Im Tiefland des Südwestens, das sie durchqueren mussten, fegte zwar der Wind den Schnee ein wenig über die Straße, aber sie kamen gut voran. Es war finster. Außer ihnen war kaum jemand unterwegs, und je weiter
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