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Gletscherkalt - Alpen-Krimi

Gletscherkalt - Alpen-Krimi

Titel: Gletscherkalt - Alpen-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan König
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alten Sonderling gekannt hatte, ihn oft
vertieft in Selbstgespräche durch die Stadt hatte gehen sehen, war erstaunt,
wie sachlich, wie rational er in Wahrheit war. In Vernehmungspausen, wenn
Manczic sich unbeachtet wähnen durfte, sahen sie zwar, dass er die Lippen
bewegte, wohl mit sich selbst sprach, aber der Gesamteindruck war nicht der
eines Mannes »mit einem Hau«.
    »Ich habe mit einem Psycho telefoniert«, sagte Hosp zu Wasle, der
natürlich wusste, dass mit dem Psycho ein Psychiater oder Psychotherapeut
gemeint war. »Wollte eine Ersteinschätzung hören. War aber schwer zu bekommen.
Kennst sie ja, diese Leute.« Und er äffte, mit sanfter Stimme, den Psychologen
nach: »›Sie werden doch sicher verstehen können, dass eine Ferndiagnose beim
besten Willen nicht möglich ist. Da müsste ich den Patienten schon sehen
können. Mit ihm sprechen können. Verstehen Sie?‹ – Kannst dir ja vorstellen,
dass es mir bei dem Wort ›Patient‹ die Zehennägel aufgebogen hat. Vor allem ist
der Kerl ein Mörder, auch wenn er sich die Hände nicht blutig gemacht hat. Ich
hätte ihm ganz gern die Meinung gesagt. Was dann aber zur Folge gehabt hätte,
dass ich nicht einmal die leiseste Einschätzung von diesem Bekloppten-Fachmann
bekommen hätte.«
    »Die da lautet?«
    »Manczic war mir ein Rätsel, und er ist es noch. Nach dem tragischen
Tod seiner Tochter verliert er völlig den Boden unter den Füßen. Allmählich wird
er sonderlich, ein Kauz, ein Spinner. Die ganze Stadt kennt ihn als armen
Schlucker, der dummes Zeug brabbelt. Und dann die Morde. Alles mit Hass und
Perversion geplant. Gut, das könnte sich auch sein Kompagnon ausgedacht haben,
dessen wahren Namen er ja partout nicht nennen will. Aber auch sein Treffen mit
dir im ›Dachl‹, seine Äußerungen in der Vernehmung. Ich habe mich gefragt, ob
er aller Welt nur etwas vorgespielt hat. Doch zu welchem Zweck? Und dazu habe
ich immerhin eine Einschätzung bekommen: Manczics Störungen seien real gewesen.
Er hat sich so etwas wie eine eigene Welt um sich herum errichtet, gestützt von
seinem Hass und seinen Rachewünschen. Er ist so sonderlich gewesen bis zu dem
Zeitpunkt, da seine Rachephantasien in die Tat umgesetzt wurden. Da ist er wie
aus einer Höhle ans Licht gekommen, war anscheinend wieder ganz normal in
seinem Benehmen. So was wie ein umgekehrter Schock. Der Psycho meint aber auch,
dass Manczic wieder in sein altes Verhalten zurückfallen könnte. Es sei sogar
ziemlich wahrscheinlich.«
    »Ich geb mir Mühe«, hatte Wasle geantwortet. »Ich hol so viel wie
möglich aus ihm raus, solange er noch halbwegs klar im Kopf ist.«
    »Lass dir einen Psycho kommen, der bei der Vernehmung dabei ist. Du
weißt ja, ich mag diese Zunft nicht. Aber in diesem Fall …«
    Das war vor einer Stunde gewesen. Mittlerweile überschlugen sich die
Ereignisse. Die Fahndung nach dem Fahrzeug von Kurth war ausgeschrieben, die
Ehefrau von Tinhofer war ausfindig gemacht worden – sie hatte einen
unheimlichen Schreck bekommen, als zwei uniformierte Beamte vor der Tür
gestanden waren, ganz weiß war sie im Gesicht geworden, und sie hatte mehrfach
gesagt: »Ich hab’s geahnt … Ich hab’s geahnt …«
    Und in Hosps Büro hatte sich ein kleiner Krisenstab gebildet, der
die nächsten Schritte planen und in die Wege leiten musste.
    Telefone klingelten, es wurde diskutiert, wobei jeder mit jedem und
alle aneinander vorbeiredeten. Das Problem war, dass die hinzugezogenen Beamten
zum Teil nichts oder nicht viel über den Fall wussten und sich ihre
Informationen erst beschaffen wollten, diese Beschaffung aber gleich um
vorschnelle Einschätzungen erweiterten.
    Hosp schlug mit dem langen Holzlineal auf den Tisch.
    »Jetzt gebt endlich mal Ruhe«, maulte er. Und alle wurden still.
    »Bei Wasle sitzt dieser Manczic und wird vernommen. In Kürze trifft
die Frau des Fotografen ein, von der wir erfahren haben, dass er sich in den
Bergen aufhält. In den Zillertalern. Wir suchen bereits das Auto des Mörders,
vielmehr den Wagen, den er einer älteren Frau geraubt hat, und wir werden auch
bald wissen, welchen Wagen Tinhofer gefahren hat – auch danach sollten wir
Ausschau halten. Doch bevor wir weitermachen, drei Dinge: Ich will, dass einer
von euch Butterbrezen besorgt, ich rufe derweil einen alten Freund und Kollegen
von mir an, und in zwanzig Minuten möchte ich, dass ihr alle hier wieder
erscheint, und zwar ein jeder mit einer Tasse Kaffee in der Hand. Ich
verspreche euch, es wird noch

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