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Glitzerbarbie

Glitzerbarbie

Titel: Glitzerbarbie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steffi Wolff
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einem großen Schlüsselbund an der Hose. Der Schlüsselbund ist so schwer, dass Herr Urban davon fast zu Boden gezogen wird. Das sei ihm alles überhaupt nicht recht, meint er, das sei doch alles Firlefanz, und diese laute Musik würde ihn sowieso bald unter die Erde bringen.
    Dann muss ich eine seitenlange Sicherheitsvereinbarung unterschreiben
und mich verpflichten, keinem Gefangenen zur Flucht zu verhelfen.
    Die jugendlichen Gefangenen sind natürlich froh über die Abwechslung und fragen mich tausend Sachen. Die Band hat den originellen Namen »Knacki-Würste«. Ob ich die Doppeldeutigkeit dieses Namens verstehen würde? Ich bin ja nicht doof.
    Die Jungs sind sehr höflich und stellen sich einzeln vor. Sie haben sich Tiernamen gegeben, das macht vieles einfacher, meinen sie. Aha? Die Band besteht aus sechs Personen, der Leadsänger heißt Orang-Utan und sieht auch so aus. Stolz zeigt er mir das ganze Equipment. Orang-Utan sitzt jetzt schon zwei Jahre in dieser Anstalt wegen Diebstahl und versuchter Brandstiftung. Seine damalige Freundin hatte nämlich ein Verhältnis mit seinem besten Freund, und dem wollte er »aus Rache« die Bude anzünden. Leider hat es an dem Abend ziemlich stark geregnet, sodass kein Feuer entfacht ist. Und Jutta, die olle Kuh, hatte nichts Besseres zu tun, als ihn anzuzeigen, weil sie ihn vom Fenster aus beobachtet hat. Jetzt kriegt die olle Jutta schon das zweite Kind von dem. Das wäre doch eine bodenlose Frechheit! Ich sage besser nichts dazu, nicke aber verständnisvoll. Dann kommt der Drummer, ein zwei Meter zwanzig großer Koloss mit dem passenden Namen Chihuahua. Ich komme mir vor wie in einer Klapsmühle. Würde man Chihuahua eine blauweiß gestreifte Hose anziehen, ihm einen Hinkelstein auf den Rücken schnallen und ihn ein ganzes Wildschwein verspeisen lassen, könnte er glatt als Obelix durchgehen. Aber das ist nicht meine Sache.
    »Also Leute«, fange ich an. »Ihr müsst euch alle so hinstellen, dass das Mikro nicht zerrt, dann machen wir ein paar Probeaufnahmen, und in zwanzig Minuten sind wir live auf Sendung. Insgesamt sind drei Takes geplant, also Interviews mit Musik,
und in einer Stunde sind wir ungefähr durch. Alles klar?« Einhelliges Nicken.
     
    Thomas moderiert und übergibt mir das Wort.
    »Ja, Thomas, ich befinde mich gerade inmitten der ›Knacki-Würste‹, einer Band, die es im Gefängnis zu was gebracht hat, hahaha. Die Band besteht aus sechs Personen, und neben mir steht Orang-Utan, der Kopf des Sextetts. Orang-Utan, wie kamt ihr denn auf die Idee, hier eine Band zu gründen?«
    »Sin mir jetzt live uff Sendung?«, fragt Orang-Utan.
    »Ja, natürlich«, entgegne ich. »Du kannst anfangen!«
    »Sehr gut. Also, alle da draußen, passt mal auf, was jetzt passiert!« Die Arme werden mir auf den Rücken gedreht und ein wildes Gerangel beginnt. »Wir haben eure Kollegin als Geisel genommen!«, brüllt Orang-Utan. Der Bassist reißt ihm das Mikro aus der Hand und schreit: »Wer näher kommt, dem gnade Gott!« Er heißt im Übrigen Kakadu.
    Es stellt sich heraus, dass irgendjemand es geschafft hat, die Tür des Proberaums von innen zu verschließen. Außer mir und den Bandmitgliedern befindet sich niemand im Raum. Von draußen aufgeregtes Bummern. Thomas im Sender ist außer sich. »Bleib ganz ruhig, Caro!«, schreit er über den Äther.
    Natürlich bleibe ich ruhig. Natürlich. » HIIIIILFÄÄÄÄÄÄ !!!«, brülle ich laut.
    »Halt die Klappe, dann passiert dir auch nichts«, sagt der Saxophonist (Weißer Hai) zu mir.
    »Wir fordern eine Million Euro Lösegeld!«, kreischt Orang-Utan ins Mikrophon. »In nicht durchnummerierten Scheinen, und einen Fluchtwagen, der voll getankt ist. Am besten einen Volvo V 70 !«
    »Warum einen Volvo?«, fragt Thomas über den Sender. »An eurer Stelle würde ich einen Porsche anfordern.«
    »In einen Volvo passen aber mehr Leute rein!«, krakeelt Orang-Utan.
    »Caro hat da bestimmt einen Ansprechpartner über die Pressestelle. Sie soll sich darum kümmern!« Oho. Thomas denkt mit! Ich fasse es nicht, nein, wirklich nicht. Ich bin eine Geisel und soll auch noch über die Pressestelle einen Fluchtwagen organisieren. Dann soll ich wahrscheinlich auch noch dafür sorgen, dass Essen auf Rädern gebracht wird, sodass niemand Hunger leiden muss.
    Das Gekreische über den Sender geht weiter. Die ganze Redaktion muss sich bereits im Studio befinden, alle reden durcheinander, und Orang-Utan übergibt das Mikro dem zweiten Leadsänger mit

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