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Glitzerbarbie

Glitzerbarbie

Titel: Glitzerbarbie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steffi Wolff
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senke bedrohlich die Stimme, » DIE SÄUREFRAU !!!«
    Eine Tür öffnet sich, und die Säurefrau betritt den Raum. Trockeneis quillt durch die Fußbodenritzen, und Musik ertönt, die mich an Nosferatu erinnert oder an die Filmmusik von »Wenn die Gondeln Trauer tragen«.
    Die Ravensburgerin hüpft die Treppen hinunter. »Ich bin’s, die Säurefrau!!! Ich bin überall da, wo Säure ist! Es ist schlimm, aus dem achtundzwanzigsten Stock eines Hochhauses zu springen, um dann festzustellen, dass man seinen Fallschirm vergessen hat! Gar nicht nett ist es auch, wenn man über eine Blumenwiese läuft, und dann kommt eine Dogge ohne Herrchen, die schrecklichen Hunger hat. Besonders unangenehm ist es natürlich auch, sich mal eben zur Entspannung hinzusetzen, und dann stellt man fest, dass man statt des Sessels die glühende Herdplatte gewählt hat! Aber was jetzt kommt, das ist das Allerschlimmste, was Sie jemals gesehen haben. Yeah!«
    Sie hebt eine Flasche. »In dieser Flasche … befindet sich puuuuuuuure Salzsäure!« Raunen durchs Publikum, gespannte Erwartungshaltung. »Und jetzt schauen Sie mal, was ich mit dieser Flasche mache!« Sie öffnet die Flasche und lässt etwas Flüssigkeit über ihren Kopf laufen, dann über ihre bloßen Arme, dann trinkt sie noch einen Schluck. Schweigen im Saal.
    Die Säurefrau schüttelt sich und meint wieder: »Yeah! Denn ich bin die Säurefrau!« Tosender Applaus und »Zugabe! Zugabe!«-Rufe.
    Die Säurefrau kommt mit der halb vollen Flasche zu mir. Ich traue mich nicht, ihr die Hand zu geben, weil ich die Befürchtung habe, dass ich dann keine Hand mehr haben könnte. Die Säurefrau setzt sich. Das Stuhlkissen unter ihr fängt an zu zischen,
einige Sekunden später ist es verschwunden. Mir wird angst und bange.
    Die Säurefrau heißt Linda Kriecher und blickt mich stolz an. »Also, ähem, Linda, das ist ja unglaublich, was wir da gesehen haben!«, rufe ich begeistert. »Lassen Sie uns darüber reden, wie Sie diese Fähigkeit an sich entdeckt haben. Irgendetwas muss doch mit Ihrer Haut und Ihren Organen anders sein als bei anderen Menschen, sonst wäre das doch alles gar nicht möglich, oder?«
    Linda sagt: »Na, ich habe, nachdem ich meinen Mann umgebracht habe, überlegt, wie ich die Leiche am besten verschwinden lassen könnte. Ich hätte ihn natürlich vergraben können, aber der Lehmboden war so hart. Und da dachte ich, Salzsäure!«
    Eine eiskalte Hand hat sich um mein Rückgrat gelegt. Ich blinzle zwischen den Scheinwerfern zu Felix, aber der glotzt nur dümmlich die Säurefrau an. Sylvester steht neben Felix. Er telefoniert mit seinem Handy und gibt mir ein Handzeichen, das so was wie »halt noch ein paar Minuten durch, gleich ist die Polizei da« bedeuten soll. Glaube ich zumindest.
    Linda beugt sich nach vorn. Ihre Augen glitzern mordlüstern. Ich weiche zurück.
    »Also habe ich Gernot in die Badwanne gelegt und Salzsäure darüber geschüttet. Es hat nur ein paar Minuten gedauert. Ich bin unglücklicherweise gestolpert und mit der Hand in die Badewanne gerutscht. Hab ich einen Schreck bekommen – aber nichts ist passiert. Gernot war weg, aber meine Hand war unversehrt!« Sie rutscht immer weiter auf mich zu. Die geöffnete Flasche ist jetzt direkt vor meinem Gesicht. »Aber«, zischt sie vertraulich. »Das bleibt doch alles unter uns, nicht wahr?« Ich nicke. Das beruhigt Linda ein Stück weit und sie lehnt sich wieder zurück. »Und dann habe ich festgestellt, dass man mit so
einer Begabung eine Menge Geld machen kann, bin nebenberuflich im Zirkus aufgetreten und habe Aufführungen in Fußgängerzonen gehabt. Und dann kam Ihre Einladung!«
    »Was … was haben denn die Leute gesagt, also ich meine, haben die Leute nicht gefragt, was aus Ihrem Mann geworden ist?«, traue ich mich zu fragen. Reden, reden, Vertrauen gewinnen, Mitgefühl zeigen, in Extremsituationen immer richtig reagieren, ja, du machst das goldrichtig, Caro …
    Linda zuckt mit den Schultern. »Ich hab gesagt, der wäre für ein paar Monate im Ausland unterwegs, er war sowieso Forscher.
    Meeresbiologe. Da fällt schon mal gern jemand vom Dampfer.«
    Ich muss dieser Frau Roland Dunkels Adresse geben, unbedingt. »Hahaha«, kommentiere ich Lindas Bekenntnisse. »Das ist ja lustig, oder?« Beifallheischend blicke ich ins Publikum. Aber niemand sagt ein Wort. Ich glaube, dass viele einfach aufgehört haben zu ATMEN . Ich kann es nachvollziehen.
    »Es war ja auch nicht der Erste, den ich um die Ecke gebracht

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