Glitzerbarbie
dicktittigen Madeleine oder Jessica zu verbringen. Oder mit beiden. Oder mit allen. Mir ist schlecht. Wäre ich in seiner Situation gewesen, hätte ich auch gedacht, dass ich gerade mitten in eine nette Gruppensex-Sadomaso-alles-kann-nichtsmuss-Session hereingeplatzt wäre. Leider habe ich keine Gelegenheit, ihm irgendetwas zu erklären, denn ich erreiche ihn ja nicht. Bestimmt, ganz bestimmt ist er in einem Bordell.
»Wir müssen in den Puff fahren«, sage ich zu Sylvester.
»Bist du übergeschnappt?«, herrscht der mich an. »Wieso sollten wir jetzt in einen Puff fahren?«, er schaut auf seine Uhr. »Außerdem haben die, die ich kenne, um diese Uhrzeit schon zu.«
Alles schweigt.
Sylvester merkt, was er da gesagt hat, und schaut zu Angela, als müsse er ihr mitteilen, dass er nur noch eine halbe Minute zu leben hat.
»Seit wann weißt du denn, wie lange die Puffs aufhaben, die du kennst?«, schreit Angela ihn an. » MEIN MANN GEHT ALSO
IN DEN PUFF !«
Sylvester rauft sich verzweifelt die Haare. »Nein, nein, ja, nein«, ist alles, was er herausbringt.
Angela dreht völlig durch. »Und ich dachte, unsere Ehe ist intakt! Deswegen überhäufst du mich also mit dem ganzen Schmuck und willst, dass ich zur Kur und auf die Beautyfarm fahre! Damit du in Ruhe in den Puff gehen kannst!!!« O Gott, ist das schrecklich. Keiner traut sich, etwas zu sagen, und Angela
schreit weiter: »Das war’s! Glaub mal bloß nicht, dass ich mit einem Mann zusammenbleibe, der es nötig hat, mit Nutten herumzuhuren! Morgen bin ich beim Anwalt!«
»Aber Liebes«, sagt Sylvester verzweifelt »Das ist alles ein Missverständnis!«
Angela geht zum Kamin und nimmt den Schürhaken in die Hand. »Wenn ich dich damit jetzt gleich töte, ist das kein Missverständnis!«, keift sie.
Nein. Bitte jetzt nicht auch noch einen Mord.
»Hilfe, macht mich loch, ich chabe Ankcht«, flüstert Felix auf dem Tisch.
Angela sieht aus wie ein leibhaftiger Racheengel. Fast so wie Madeline La Motte aus »Fackeln im Sturm«, die ihrem brutalen Ehemann Justin ebenfalls mit einem Schürhaken auf der Südstaatenplantage »Resolute« das Gesicht zweiteilt, nachdem er ihr eine gescheuert hat, weil sie mitbekommen hat, dass sein Neffe losgeritten ist, um die frisch Verheirateten Brett und Billy Hazard auf dem Weg zum Bahnhof zu meucheln. Wilfried springt zu Angela, um sie davon abzuhalten, etwas Unrechtes zu tun, und beide knallen auf den Perserteppich.
Sylvester schreit: »Es ist alles deine Schuld, Caro! Solch ein Unglück, du bist schuld!«, und dann klingelt mein Telefon.
Marius ist dran und sagt: »Wir sind getrennt. Morgen packe ich deine Sachen zusammen und bringe sie zu Gero. Bitte wirf mir bei Gelegenheit den Haustürschlüssel ein!«
Dann legt er einfach auf. Ich rufe sofort bei ihm an, aber er hat das Handy schon ausgeschaltet.
Angela packt wutschnaubend ein paar Sachen zusammen und will die Nacht bei einer Freundin verbringen. Alle anderen bleiben, niemand möchte Sylvester allein lassen. Ferdinand meint, er bräuchte jetzt einen Cognac, und stiefelt in den Keller,
um Flaschen heraufzuholen. Sylvester betrinkt sich dann sinnlos.
»Ich war mit einem Filmteam mal in verschiedenen Puffs, ja, das stimmt, aber ich habe nichts gemacht! Aber wie soll ich das Angela denn glaubwürdig versichern?«, er schaut mich fragend an. Ich bin zu keiner Antwort in der Lage, weil ich dauernd daran denken muss, dass ich wieder Single bin. Allein. Ohne Partner.
Im Supermarkt werden mich die Pärchen und Familien wieder mitleidig anschauen, weil man den Sachen, die ich kaufe, ansieht, dass sie für nur eine Person sind. Ein Joghurt, ein kleines Päckchen Brot, eine Tiefkühlpizza und eine Zahnbürste. Obwohl Supermärkte doch angeblich die reinsten Kontakthöfe sind. Man kann sich, wenn man den Artikeln in diversen Frauenzeitschriften glauben darf, super einen Mann angeln, etwa mit der gewissen Frage an der Tiefkühltruhe: »Falls Sie die Lachslasagne suchen, die liegt hier verdeckt unter den Erbsen.«
Und schon ist man kein Single mehr. Wenn man den Artikeln in den Zeitschriften glauben darf, ist man quasi schon verheiratet, bevor man den Supermarkt verlassen hat. Dann aber mit zwei Tiefkühlpizzen.
Gero ruft an. Er ist schon informiert. »Sorry, aber ich kann Marius verstehen«, meint er vorsichtig. »Versetz dich mal in seine Lage. Du wärst auch am Boden zerstört.«
»Das kannst du ja wohl nicht beurteilen. Und außerdem habe ich jetzt keine Zeit und keine
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