Global Warning
während er im Rückspiegel Carries neunjährige Tochter ansah. »Es hat fast ein Drittel deines Lebens gedauert, aber ich habe endlich eine Diskussion mit deiner Mutter gewonnen.«
Sie riss sich von dem merkwürdigen elektronischen Gerät los, das zurzeit alle Kinder haben mussten. »Das wird nicht lange so bleiben.«
»Habt ihr euch etwa gegen mich verschworen?«, fragte Carrie.
Emory grinste, weil sie Gelegenheit bekam, ihr neues Lieblingswort zu benutzen. »Jetzt sei doch nicht so paranoid, Mom.«
Carrie verdrehte die Augen und lehnte sich zurück. »Mark, es sind Bakterien. Was erwarten sie denn von dir? Sollst du eine Milliarde mikroskopisch kleiner Handschellen anfertigen lassen und sie verhaften?«
»Sie haben das Recht zu schweigen«, sagte Emory mit todernstem Gesicht.
Beamon lachte. Obwohl ihn der Gedanke, eine Stieftochter zu haben, zutiefst beunruhigte, hatte er mit Emory Johnstone das große Los gezogen. Das Kind hatte einen bizarren Humor. Carrie machte sich deshalb zwar ernsthaft Sorgen, doch er fand ihn großartig. Kindersprache war nicht seine Sache, und bei Emory brauchte er sie auch nicht.
»Meine Mitarbeit an dem Fall dürfte sich in den nächsten Wochen zunehmend erübrigen. Wie du ganz richtig gesagt hast - für diesen Job brauchen sie keinen kaputten, ehemaligen FBI-Beamten, sondern einen Biologen.«
» So kaputt bist du nun auch wieder nicht«, sagte Carrie, gab ihm einen Kuss auf die Wange und zwängte sich durch die Lücke zwischen den Vordersitzen, um ihre heftig zappelnde Tochter zu küssen, als er den Wagen auf den Parkplatz des Krankenhauses lenkte.
Während Beamon zusah, wie sie hinter den Glastüren am Eingang des Krankenhauses verschwand, kletterte Emory nach vorn auf den Beifahrersitz.
Wer hätte gedacht, dass er nach mehr als vierzig Jahren doch noch ein Leben bekommen würde? Und dass es ihm auch noch gefallen würde?
»Mark, wir sollten Arbeit und Schule heute sein lassen und was unternehmen, das Spaß macht.«
Er gab Gas und schüttelte den Kopf. »Ich bin noch wegen letztem Mal in Ungnade. Wir sollten ein paar Monate warten, bis sich der Staub gelegt hat. Dann machen wir was ganz Tolles.«
»Und was?«
»Es hat was mit automatischen Waffen zu tun. Mehr kann ich dir nicht sagen.«
»Da hat jemand geredet«, brüllte Jack Reynolds, während er einen Stapel Zeitungen in die Höhe hielt, der so dick wie ein Telefonbuch war. Für einen Moment glaubte Beamon, er würde sie quer durch das Zimmer schleudern, doch sie waren wohl zu schwer, und Reynolds ließ sie einfach wieder auf seinen Schreibtisch fallen.
»Jack, ich...«
»Kein Wort, Mark. Tun Sie sich einen Gefallen, und halten Sie den Mund. Ist Ihnen eigentlich klar, dass der Ölpreis bereits um über zwei Dollar pro Barrel gestiegen ist? Für die Weltwirtschaft sind das mehrere Milliarden Dollar. Mehrere Milliarden Dollar! Wo zum Teufel haben Sie eigentlich die ganze Zeit gesteckt?«
»Darf ich jetzt etwas sagen?«
»Übertreiben Sie’s nicht, Mark. Ich warne Sie.«
»Ich saß fast zwei Tage lang mitten in einer eingefrorenen Tundra fest, zusammen mit einem übergeschnappten Hippie-Biologen. Und gerade, als sein Bein anfing, wie etwas Essbares auszusehen, ist jemandem aufgefallen, dass wir überfällig sind, und man hat uns gerettet. Dann bin ich nach Hause gegangen und habe ein bisschen geschlafen.«
»Nach Hause? Sie sind nach Hause gegangen?«
Beamon kannte den Energieminister schon seit Jahren, und als Politiker war er weniger schmierig als die meisten seiner Kollegen. Doch seine Angewohnheit, sich ständig zu wiederholen, wenn er wütend war, ging Beamon gewaltig auf die Nerven.
»Jack, an der Ölproduktion in Alaska sind mehrere Tausend
Leute beteiligt. Ich habe alle nicht unbedingt erforderlichen Angestellten von den betroffenen Bohrungen abgezogen, ich habe ihre Kommunikation überwachen lassen, soweit dies gesetzlich möglich war, und ich habe ein paar von unseren Leuten nach Alaska geschickt, damit sie die Sache im Auge behalten. Aber ich kann nicht einfach so Angestellte von Ölfirmen in der Größenordnung einer Kleinstadt in einem dunklen Loch verschwinden lassen. Wir haben bereits darüber gesprochen. Früher oder später musste es rauskommen.«
»Ich will wissen, wer geplaudert hat, und ich will seinen Kopf. Haben Sie mich verstanden?«
»Das Kind ist bereits in den Brunnen gefallen«, sagte Beamon. »Es hat keinen Sinn, ihn jetzt noch abzudecken.«
»Das ist mir egal. Und das war
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