Global Warning
doch gar nicht.«
Sie bogen um die Ecke und blieben vor einer Glaswand stehen, hinter der Jennas Fahrrad zu sehen war. Andropolous gab ein paar Befehle in einen Computer ein, und ein großer Bildschirm erwachte zum Leben.
»Das hier ist eine Vergrößerung des Fahrradsattels.«
Jenna wich zurück, bis sie gegen einen Tisch stieß, doch Erin kam einen Schritt näher und starrte den Bildschirm an.
»Man kann sehr gut die korrodierten Stellen erkennen, an denen die Bakterien den Sattel fressen«, fuhr Andropolous fort.
Erin holte tief Luft und stieß sie langsam wieder aus. Zum ersten Mal sah er aus, als hätte er Angst.
»Habe ich etwas nicht mitbekommen?«, sagte Beamon. »Soll das heißen, dass quietschende Fahrräder mit wahnsinnig unbequemen Sätteln in ein paar Jahren unser Hauptbeförderungsmittel sein werden?«
»Es geht nicht nur um Fahrradsättel«, erklärte Erin. »Diese Art von Kunststoff ist so gut wie überall. Wir isolieren damit Kabel, bauen daraus Maschinenteile, produzieren damit Kleidung. Wenn diese Bakterien freigesetzt werden, können Sie sich von so gut wie allem verabschieden - der Stromversorgung, dem Internet, Telefonen. Egal, was Ihnen jetzt einfällt, es wird nicht mehr da sein. Und das heißt, dass wir unsere Felder so pflügen müssen, wie wir das vor tausend Jahren getan haben. Das...«
»Moment mal«, sagte Beamon, während er Erin und Jenna am Kragen packte und die beiden in einen leeren Raum am Ende des Labors schob.
»Das ist doch nicht die Beulenpest«, sagte er, während er die Tür hinter sich zuknallte. »Das ist Öl. Sie übertreiben, stimmt’s? Weil Ihnen das so wichtig ist.«
Jenna spürte, wie die Lähmung, die über sie hereingebrochen war, plötzlich von ihr abfiel. Sie fing an, hin und her zu gehen, und ihre Schritte wurden zunehmend energischer. »Dieser Scheißkerl! Dieser verdammte Scheißkerl!« Ihr Atem ging immer schneller, bis sie sich plötzlich mit einer Hand an der Wand abstützen musste, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren.
»Alles in Ordnung mit Ihnen?«, fragte Beamon, der aufrichtig besorgt klang. Erin ging kurz hinaus und kam einen Moment später mit einer Papiertüte in der Hand wieder zurück. Er schüttete ein Sandwich und ein paar Kartoffelchips auf den Boden und gab die Tüte Jenna, die hineinzuatmen begann.
»Das hat sie manchmal«, erklärte er Beamon. »Ist gleich wieder vorbei.«
Beamon sah zu, wie Jenna zu Boden glitt, während die Papiertüte sich zusammenzog und wieder ausdehnte. Nach einer Weile schien sie sich wieder konzentrieren zu können.
»Sie wollten etwas zu dem Ausmaß sagen, mit dem wir es hier zu tun haben«, sagte er, während er sich zu Erin umdrehte.
»Ja... wenn es so ähnlich wie die Beulenpest wäre, müssten wir damit rechnen, dass etwa zwanzig Prozent der Bevölkerung umkommen. Jetzt wird es erheblich mehr Tote geben.«
»Noch mehr Tote als bei einer Seuche? Das glaube ich...«
»Überlegen Sie doch mal, wie wir heute leben. Von den etwa dreihundert Millionen Menschen in den Vereinigten Staaten wissen etwa ein Prozent, wie man Gemüse anbaut oder ein Nutztier hält. Die meisten Leute haben absolut keine Fähigkeiten, um überleben zu können, und außerdem ist dieses Land gar nicht mehr auf einen solchen Lebensstil eingerichtet. Ich will es mal so sagen: Was wird hier in Washington passieren, wenn die Supermärkte über mehrere Wochen hinweg keine Lebensmittel mehr angeliefert bekommen und Sie kein Benzin kaufen können, um
irgendwo hinzufahren, wo es noch Lebensmittel gibt? Was werden Sie essen?«
Beamon überlegte einen Moment. »Meine Verlobte hat einen Garten. Ich könnte Kürbisse essen.«
Erin nickte. »Ist der Garten eingezäunt?«
»Nein.«
»Und wie viele ihrer Nachbarn wissen von diesem Garten, bauen selbst aber kein Gemüse an?«
»Keine Ahnung. Vermutlich eine ganze Menge.«
»Okay. Wie viele der Nachbarn würden Sie erschießen, wenn sie Hunger bekommen und Ihre Kürbisse stehlen?«
Beamon gab ihm keine Antwort.
»Angenommen, es gibt keinen Strom mehr. Keine Kühlschränke mehr. Wissen Sie, wie man einen Erdkeller baut? Könnten Sie das Gemüse konservieren, das Ihre Verlobte anbaut? Haben Sie genug davon, um über den Winter zu kommen? Und selbst wenn Sie zu den wenigen Leuten gehören, die diese Fragen mit Ja beantworten können, und Sie außerdem noch eine Menge Waffen zu Hause haben, mit was wollen Sie heizen? Aber Sie haben Glück - Sie haben einen offenen Kamin und können mit
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