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Gloriana

Gloriana

Titel: Gloriana Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Moorcock
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Ffynne stand neben dem geschwärzten Kamin und lauschte dem langsamen Ticken der Uhr über seinem Kopf.
    Als die Bediensteten Lord Ingleborough hinausgetragen hatten, blickte Sir Thomasin Ffynne zu seinem verbliebenen Freund. »Es darf keine weiteren Tötungen geben, Perian. Ein weiterer Todesfall hier im Palast, und unsere Pläne sind für immer zunichte gemacht.«
    »Ich habe niemanden getötet. Jedenfalls nicht diejenigen, von denen Ingleborough spricht.«
    »Ich sagte nichts von Schuldigen.« Tom Ffynne reckte die Arme. »Überdies kann ich, im Vertrauen gesagt, Lisuartes Ton nicht imitieren. Ich habe meinen Teil getan und bin in gefährliche Strömungen geraten. Dieses letzte Abenteuer war ein törichtes Unterfangen, und ich werde nicht wieder ausfahren. Von nun an werde ich an Land bleiben, wie es sich für einen alten Dummkopf ziemt. Es steht mir nicht zu, moralische Urteile abzugeben. Ich sagte nur, daß es genug sein muß. Wir müssen dafür sorgen, daß es zu keinen weiteren Wiederholungen kommt. Wir müssen die Atmosphäre reinigen, Perian, das Licht zurückbringen. Wir müssen die Königin glücklich machen. Das kann mit den alten Methoden des Eisens nicht gelingen.«
    »Welche anderen Methoden gibt es?« sagte Montfallcon verdrießlich, aber er leugnete nicht die Wahrheit dessen, was Ffynne gesagt hatte. »Eisen bedroht, und Eisen verteidigt.« »Auch Gold verteidigt.«
    »Wir sollen uns aus allen Bedrängnissen freikaufen? Das hat in der ganzen Geschichte noch niemals zum Erfolg geführt.« »Goldene Ideale«, sagte Tom Ffynne und lachte zu sich selbst. »Goldene Träume. Davon haben wir gelebt, Ihr und ich, viele Jahre lang.«
    Montfallcon nickte. »Die Königin gab uns den Glauben zurück. Es schien, daß alles wieder gut sei. Aber nun erweist sich die Gräfin von Scaith als Mörderin, und die Königin bricht zusammen. Seither läßt sie den Kopf hängen, ist schwermütig und will niemanden empfangen. Graf Korzeniowski wünscht eine Audienz in wichtigen, sein Land betreffenden Angelegenheiten – vielleicht möchte er sie bitten, dieses Duell zu verhindern, weil er seinen Kasimir liebt. Oubacha Khan spricht offen von tatarischen Armeen, die an Arabiens Grenzen aufmarschieren, und verbreitet zugleich Gerüchte, die er von seiner Vertrauten, der Lady Yashi, hat, nach denen Lady Lyst und Meister Wheldrake an Perrotts Ermordung mitwirkten und seinen Leichnam in einen trockengefallenen Brunnen warfen, so daß Lady Lyst und Meister Wheldrake für den Fall, daß dieses Gerücht den Perrotts zu Ohren kommen sollte, um ihr Leben fürchten …« »Ihr haltet sie für unschuldig?«
    »Gewiß. Diese zwei haben nicht das Zeug zu Mördern.«
    »Es gibt Klatschgeschichten, die von Perversionen sprechen …«
    »Harmlos. Ich kenne Wheldrakes Neigungen. Ginge es nach ihm, so würde er sich jeden Tag von der Königin mit der Peitsche züchtigen lassen, und Lady Lyst ist ihm gefällig, weil Ihre Majestät es nicht sein kann. Und was Lady Lyst betrifft, so gelüstet es sie nach nichts als Wein. Die Königin könnte solchen Klatsch unterbinden, aber sie ist dazu nicht zu bewegen. Sie hat ihr Zepter seit mehr als einer Woche nicht getragen. Sie hat keine Gesandten empfangen. Sie hat keine Audienz gegeben. Sie weigert sich, mich anzuhören. Den Ratssitzungen bleibt sie fern. Und nun kommt eine Abordnung von Sarazenen, fünfzig Köpfe stark, um dringend bei ihr vorstellig zu werden – zweifellos in derselben Angelegenheit wie Korzeniowski –, und sie weist sie ab, was einer Beleidigung gleichkommt, und nun warten diese Leute jeden Tag im Zweiten Audienzsaal, ganz in eiserne Sturmhauben und geätzte Harnische und seidene Umhänge gehüllt, wie sie sie im Kampf zu tragen pflegen – wenngleich sie keine Waffen tragen –, daß
    man an eine Belagerungsarmee gemahnt wird.«
    »Und wenn die Gräfin von Scaith gefunden würde?«
»Sie ist fort und wird nicht wiederkehren.«
»Ihr hegt Vorurteile gegen sie.«
    »Das mag sein. Aber ich verstehe mich auf den menschlichen Charakter und weiß, was ich von jedem zu halten habe. Sie lenkte die Königin von ihren Pflichten ab, verweichlichte und verwöhnte sie.«
    »Glaubt die Königin jetzt, daß sie eine Verräterin war?« frag
te Ffynne.
»Die Königin sagt nichts zu mir.«
»Vielleicht denkt sie, daß Ihr sie täuscht, Perian?«
»Vielleicht.«
»Hat Ingleborough ihr Ohr?«
»Er wackelt mit dem Kopf.«
»Heute tat er es nicht.«
    »Er sprach ihr Mut zu und sagte ihr ein paar

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