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Gloriana

Gloriana

Titel: Gloriana Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Moorcock
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als das Gewicht auf ihm lastete, gab er allmählich dem Selbstmitleid nach. Dafür wird er heute ein Zyniker genannt. Ein wahrer Zyniker aber ist einer, der die Schwachen ebenso beherrscht wie die Schwächen in sich selbst. Hern wurde von beiden beherrscht.« »Und Ihr nicht?«
    »Nein, Sir. Ein Künstler verlangt Freiheit, in der er sein Werk vollenden kann. Kein König ist jemals frei.«
    »Ich hoffe, Ihr täuscht mich nicht in diesem Punkt.« Der Sarazene gürtete sich mit dem Krummsäbel und setzte den Helm auf. »Ich hoffe auch, Eure Verspätung ist nicht das Ergebnis einer Zuneigung, die Ihr Eurer neuen Herrin entgegenbringt. Sie wird glücklicher sein, wenn unser Kalif sie heiratet.« »Und um so wichtiger ist, daß er es bald tut«, sagte Quire lächelnd. »Denn Ihr habt mir nicht alles gesagt, nicht wahr, Hoheit? Ihr täuscht mich ein wenig und fürchtet, daß ich das gleiche tun möchte.«
    »Euch täuschen? Wie?«
    »Das Duell zwischen Polen und Arabien wurde ausgefochten – auf einem Schiff. Graf Korzeniowski erzählte es Lord Rhoone, der es für den Fall, daß ich dächte, sie sollte es wissen, mir als dem derzeit engsten Berater der Königin berichtete.« »Was hat es damit auf sich?«
    »Der König von Polen wurde schwer verletzt und in die
Heimat zurückgebracht. Sein Parlament stellte ihn unter Arrest
und wählte einen neuen König.«
»Ich habe das gleiche vernommen.«
    »Und der neue König, der kriegerische Fürst Pjat von der Ukraine – bekannt für seine Neigungen und unterstützt vom Parlament –, wünscht an Arabien Vergeltung zu üben.« »Es war ein ritterlicher Zweikampf, den mein Herr gewann.« »Ich glaube Euch. Pjat hingegen befürchtet, daß Arabien, sollte es ungestraft bleiben, eine zu große Bedrohung darstellt. Überdies befürchtet er ein Zusammengehen Arabiens mit der Tatarei.« »Ausgeschlossen.«
    »Aber Ihr könnt die Polen nicht hinlänglich beruhigen, denn Ihr habt eine große Kriegsflotte auf Kiel gelegt. Um einen Ausweg aus dieser Lage zu finden, ist Pjat offensichtlich bereit, seinerseits ein Bündnis mit der Tatarei zu schließen. So läuft Arabien Gefahr, von zwei Seiten angegriffen zu werden.« »Dann würde Albion uns nach den Bestimmungen des Vertrages zu Hilfe kommen.«
    »Richtig. Das würde Albion in große Schwierigkeiten bringen, hohe Kosten verursachen und kaum geeignet sein, Euren Kalifen als den Retter des Imperiums, den Reinen Ritter erscheinen zu lassen. In der Tat, die Rollen würden ausgetauscht sein. Das Duell war töricht.« »Es war eine Frage der Ehre.« »So etwas gibt es nicht. Es gibt Stolz.«
    »Selbstachtung, Kapitän Quire. Aber wenn Ihr diese Eigen
    schaft nicht kennt …«
    »Ich habe sehr viel davon. Es ist nicht dasselbe wie Stolz. Und Stolz könnte meine und Eure Pläne in einen Strudel werfen, so daß wir alles verlören. Darum muß alles rasch zu einer Entscheidung gebracht zu werden.« »Wenn Ihr so wollt.«
    »Übrigens vermute ich, Hoheit, daß es auch um Euren Kopf geht, ist es nicht so?«
    Die dunklen Augen des Sarazenen blitzten. »Und um den Euren, Kapitän Quire!«
    Mit einem Rauschen dunkler Gewänder verließ er das Nebenzimmer, in dem Quire und Tinkler zurückblieben und einander musterten: alte Freunde, die im Umgang miteinander befangen geworden waren, weil ihre Interessen nicht mehr identisch waren. Tinkler war ungesprächig, und es verging eine Weile, ehe er fragte: »Ist es wahr, Käpt’n, daß du Albion zugrunde richten würdest?«
    »Du kannst ein Land nicht so leicht zugrunde richten, Tink. Ich möchte nur die Struktur ein wenig verändern. Gloriana und der Kalif als gemeinsame Herrscher über ein großes Weltreich. Ein Imperium, das sich natürlich Feinde machen wird und auf Ausdehnung angelegt ist. Nach Polen hinein und in die Tatarei, bis es die Welt umspannt.«
    »Also wird die Zukunft viel mit Krieg zu tun haben?«
»Das will ich meinen, Tink.«
»Und was sollen wir dann tun, Käpt’n?«
    Quire drückte sich den Schlapphut in die Stirn und strich glättend über die Krähenfedern. »Wir werden in einer solchen Welt gedeihen, Tink.«
    Tinkler runzelte die Stirn und dachte über diese Version nach, vermochte sich jedoch keine klare Vorstellung von einer solchen zukünftigen Welt und seiner Rolle darin zu machen. Er räusperte sich und meinte schließlich: »Es würde in mancher Weise einfacher sein.«
    »Richtig, Tink. Es ist die Sache des Krieges, zu vereinfachen. Die meisten Leute ziehen ihn vor, wenn er kommt,

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