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Gloriana

Gloriana

Titel: Gloriana Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Moorcock
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uns befohlen habe, es zu tun. Daß du zugestimmt hättest. Es schien, daß er die Wahrheit sprach.« Er blickte zu Gloriana. »Er sagte, daß Ihr das Serail zerstört wünschtet, Majestät. Habe ich falsch gehandelt?«
    »Falsch?« Gloriana teilte Quires schreckliche Heiterkeit. »Montfallcon … Ach, rachsüchtiger, zorniger Achill!« »Euer Majestät?« Tinkler verneigte sich wie einer, der eine schwierige Aufgabe zur Zufriedenheit erledigt hat und ein Lob erwartet.
    Mit einem Aufschrei, in welchem Zorn und Qual sich mischten, holte Quire aus und stieß den Degen tief in seines alten Kumpanen Herz.
    »Schurke!« schluchzte er. »Pedantischer Dummkopf!« Er zog den Degen zurück und zielte für den nächsten Stoß. »Nicht mehr!« rief die Königin. »Ruf sie zurück, wenn du kannst. Aber nicht noch mehr Tod!«
    Quire wurde ruhig. Er senkte den Degen über Tinklers Leichnam. Er räusperte sich und rief mit lauter, klarer Stimme: »Das ist genug, Leute!« Er wußte, daß er sich damit verriet und Gloriana einen unumstößlichen Beweis für seine Verbindung mit dem Gesindel lieferte. »Kommt zu mir! Hier ist euer Hauptmann. Hier ist Quire.«
    Nach und nach versammelten sich die vom Gemetzel ermüdeten Mordgesellen vor ihm und legten auf seinen Befehl bereitwillig und wie erleichtert ihre blutigen Waffen nieder. Er wandte sich zu Gloriana um. »Ich habe dies nicht getan. Montfallcon gab den Befehl.«
    »Ich weiß«, sagte sie und ging, die Palastwache zu verständigen.
    Als Montfallcons gedungene Mörderbande weggeführt wurde, kauerten Gloriana und Quire bei den toten Kindern und hielten nach Zeichen von Leben Ausschau. Es gab keine. Er hatte erwartet, daß sie ihn mit den anderen würde festnehmen lassen, aber sie hatte keinen Befehl dieser Art gegeben, zeigte kaum eine Empfindung, als sie in die Gesichter der Mädchen schaute, die sie geboren hatte. »Das ist es, was Montfallcon meinte, als er mich bat, ihm Erlaubnis zu geben, alles zu zerstören, was ›unrein‹ sei, und es war auch der Grund, warum er sich einer Durchsuchung der Wände widersetzte. Er gebrauchte dein Gesindel gegen mich. Gegen uns beide, in seinem Sinne.« Sie seufzte. »Er erbat meine Erlaubnis, und ich stimmte zu. Erinnerst du dich, daß ich zustimmte?« Er mochte ihr nicht antworten.
    »Es war mein erster ernsthafter Versuch, unabhängig die Staatsgeschäfte zu führen. Ich glaubte mich endlich im Besitz der Befehlsgewalt. Erinnerst du dich, Quire? Ich schickte dich nach dem Gespräch mit ihm fort.« Er nickte.
    »Ich gab ihm die Erlaubnis, meine Kinder zu töten. Es war meine erste selbständige Entscheidung.«
    Er legte ihr die Hand auf den Arm. »Ihr tatet es nicht.« Dann ließ er die Hand sinken. Es war nutzlos. Er begann über seine eigene Flucht nachzudenken, überzeugt, daß sie sich bald gegen ihn wenden und die Schuld erkennen werde, die er mit Montfallcon teilte – war er doch der Schöpfer dieser Mörderbande gewesen und hatte ihr seinen Vertrauten zum Anführer gegeben. »Ist Montfallcon gefunden worden?« fragte sie.
    Er schüttelte den Kopf. »In die Wände geflohen, wie es scheint. Oder er hält sich irgendwo im Ostflügel verborgen.« »Armer Montfallcon, ich trieb ihn dazu.«
    Quire sah zwei ältere Hofdamen kommen, um sich ihrer Herrin anzunehmen, und stand auf. Er rieb sich das Kinn und überlegte, welchen Weg er einschlagen sollte. Er konnte zur Stadt hinuntergehen und auf ein Schiff hoffen – oder zurück in die Wände, wenigstens für eine Weile. Vielleicht, um Montfallcon zu suchen und zu erschlagen. Jetzt weinte die Königin, aber bald mußte die Rachsucht in ihr erwachen, und dann würde sie ihren Sündenbock suchen. Die Hofdamen, die sich über sie beugten, wurden zurückgestoßen. Sie wandte ihr gequältes, tränenüberströmtes Gesicht zu ihm auf. »Quire?« Er erwartete die Verdammung. »Ja.«
    »Du mußt jetzt Montfallcons Platz einnehmen. Du mußt mein Berater sein. Mein Kanzler. Ich kann keine weitere Entscheidung treffen. Ich will nicht.«
    Quire öffnete den Mund und schloß ihn wieder. Er biß sich auf die Unterlippe. Er war sehr überrascht. »Ich bin geehrt, Majestät«, murmelte er; davon hatte er geträumt, doch nie hatte er es erwartet, schon gar nicht jetzt. Auf einmal war ganz Albion sein.
    Er half ihr auf die Beine. Sie stützte sich auf ihn. »Kannst du
den Krieg verhindern, Quire?« fragte sie ihn. »Gibt es eine
Möglichkeit?«
Er zögerte.
»Quire?«
    Er faßte sich und sagte: »Es mag eine

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