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Gloriana

Gloriana

Titel: Gloriana Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Moorcock
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sie gemeinsam neben einem beheizten Wasserbecken aus blauen und vergoldeten Kacheln faulenzten. Sie ging und setzte sich zu ihnen. Anfangs beachteten sie sie kaum, aber allmählich wurde ihre Neugierde geweckt. Sie begannen sie zu untersuchen, zupften an ihrem Wolfsfellmantel, strichen über ihr Haar, ihren Körper, beschnupperte ihre Hände und ihre Brüste.
    »Ich bin Albion«, sagte sie ihnen lächelnd. »Ich bin Gloriana.«
    Die haarigen Männer grunzten und wunderten sich über die Laute, die sie nicht verstanden. Noch konnten sie die Namen wiederholen.
    »Ich bin die Mutter, die Beschützerin, die Göttin, die vollkommene Herrscherin.« Sie fühlte ihre Felle rauh an ihrer Haut, lachte, als die Halbmenschen sie streichelten. »Ich bin die edelste Königin in der Geschichte! Die mächtigste Herrscherin, die die Welt je gesehen hat!« Sie seufzte, als die heißen Zungen sie leckten, als ihre Finger sie berührten. Sie umarmte sie weinend, kitzelte sie, so daß sie grunzten, die Stirnen runzelten und grinsten. Sie reckte und wand sich. Und sie lächelte.
    Die Haarigen begannen einander sanft zu drängen und zu stoßen, um ihr am nächsten zu sein. Sie umarmte einen und zog ihn auf sich herab. Während er schnüffelte und grunzte, strich sie ihm über den Kopf und den haarigen Rücken. Sie fühlte sein Eindringen kaum. Sie drängte empor und ergriff seine Hinterbacken; sie zog ihn heran, wühlte ihn tiefer in sich hinein, sie wogte und wand sich. Ein Schaudern durchlief seinen massigen Leib, und als sie unglücklich die Augen öffnete, sah sie seinen breiten, grinsenden Mund und sein mildes, tierhaftes Antlitz, das freundlich auf sie herabblickte.
    Wenige Augenblicke später verloren er und seine Gefährten das Interesse an Gloriana und wanderten zur anderen Seite des Raumes hinüber, wo die Reste einer Mahlzeit lagen, und achteten nicht weiter der Königin von Albion, die neben dem Becken saß und in die verunreinigte Stille des Wassers blickte.

    DAS SIEBTE KAPITEL

    Käptain Quire überfällt das Wrack der Nikolai Kopernik und nimmt den
wichtigsten Passagier gefangen

    Mit Befriedigung sah Kapitän Quire die Wolkenbank langsam heranziehen und den Mond verdecken. Der Meereshorizont versank in Dunkelheit, die See schimmerte nicht mehr im silbrigen Glanz. O’Bryan, der Abtrünnige, der behaglich auf dem Rumpf des sterbenden Leuchtfeuerwärters saß, seine Pfeife paffte und den Wind schnupperte, hatte die Lichter der Mikolaj Kopernik bereits ausgemacht. »Binnen einer halben Stunde sollte sie auf Grund laufen, Kapitän.«
    Der Leuchtfeuerwärter stöhnte. Aus seinem Rücken ragte das runde Heft eines Dolches – O’Bryans.
    »Beim Jupiter, O’Bryan«, sagte Tinkler und hauchte in seine behandschuhten Hände, »willst du dem armen Teufel nicht endlich den Rest geben?«
    »Warum sollte ich?« fragte O’Bryan zurück. »Je länger er lebt, desto länger bleibt er warm. In diesem Wetter muß man alles nutzen, was einen vor dem Erfrieren bewahren kann. Das ist die Kunst des Überlebens, Tink, denk daran.«
    Quire setzte sein Fernrohr ans Auge. Als er die Arme hob, erfaßte der Wind seinen Umhang und blies ihn von seinen Schultern zurück. Er steckte das Fernrohr in den Gürtel und zog den Umhang von neuem um die Schulter, befestigte ihn mit der silbernen Spange, die er zuweilen trug. Wieder hob er das Fernrohr und glaubte das Schiff auszumachen. Der Wind fiel ihn in wütenden Böen an, bog seine Hutkrempe zurück, zauste ihm das Haar und fegte Gischtspritzer der Brandung herauf, die in sein Gesicht stachen, wo es nicht vom Kragen des Umhangs geschützt war.
    »Eine Nacht, wie man sie sich für ein Stranden nicht schöner wünschen kann.« O’Bryan zündete seine ausgegangene Tonpfeife wieder an und verlagerte einen Augenblick sein Gewicht, um das Leben des Leuchtfeuerwärters um ein paar Atemzüge zu verlängern. O’Bryan trug einen hohen Pelzhut nach ukrainischer Art und hatte einen Bärenfellmantel an, der aus dem ganzen Pelz gemacht war, so daß die Tatzen von seinen Händen hingen und der Kopf des Tieres als hoher Kragen diente. Seine kantigen, groben Züge waren gezeichnet von der Trunksucht, und wenn sein Lächeln und seine ungezwungene Art auch nichts über seinen Charakter verrieten, seine Augen taten es. Er blickte auf zum Leuchtfeuer, einem Gerüst über der zweiräumigen Hütte des Wärters, wo ein rotes Licht glomm, um ankommende Fahrzeuge vor der nächtlichen Einfahrt in den Schiffahrtskanal zu warnen.

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