Glück muß man haben
grinsten Kozurka und seine zwei Spezis gemeinsam.
»Mann«, meinte Kozurka viel freundlicher, »da mußt du dich aber anstrengen, wenn du diesbezüglich mit uns gleichziehen willst.«
Stummel blickte ihn kurz an, dann sagte er: »Ich habe mich hier umgehört. Du bist doch der sogenannte Verletzte?«
»Ja«, nickte Kozurka, fuhr aber dann mit verdrossener Miene fort, »weißt du, der ganze Scheiß, der hier läuft, paßt mir nicht. Wenn man sich kloppt, soll sich doch kein Gericht einmischen.«
»Dann hättest du keine Anzeige erstatten dürfen.«
»Dazu wurde ich doch praktisch gezwungen.«
»Von wem?«
»Von der Krankenkasse.«
»Dann will ich dir sagen, was nun das Ergebnis ist: Der FC Schalke 04 bekommt einen großen Spieler nicht.«
»Was?« stieß Kozurka völlig verständnislos hervor. Seine zwei Spezis guckten genauso dumm wie er.
»Hört zu …«, begann Stummel und erzählte den dreien, wer Wilhelm Thürnagel eigentlich sei. Und wenn Stummel ein Bild von Wilhelm Thürnagel entwarf, dann hätte dies auch ein Bild von Franz Beckenbauer sein können. Der einzige Unterschied war nur der, daß es noch an der Entdeckung Thürnagels mangelte. Diese Entdeckung stünde aber nun vor der Tür, berichtete Stummel. Entweder lande Thürnagel beim 1. FC Köln, der bereits an ihm dranhänge, oder beim FC Schalke, von dem ihm auch schon ein konkretes Angebot vorliege, nachdem sich ihn der Trainer angesehen habe. Von wem es nunmehr abhinge, für welchen Verein er sich entscheiden werde, das könne man sich ja denken.
»Nämlich einzig und allein von dir!« schloß Stummel, mit dem Zeigefinger Kozurka auf die Brust tippend.
»Wieso von mir, Mann?«
»Weil es in deiner Hand liegt, ob der heute verurteilt wird. Wenn ja, dann kotzt den ganz Gelsenkirchen an und er haut ab.«
Georg Kozurka blickte seine zwei Spezis an, diese ihn. Keiner sagte etwas.
»Das hat er mir selbst schon mitgeteilt«, log Stummel leichten Herzens, »daß er dann beim 1. FC Köln unterschreibt.«
Stummel hielt plötzlich seine Geldbörse in der Hand. Nun lieferte er sein Meisterstück. Er entnahm der Börse einen Hundertmarkschein und hielt ihn Kozurka hin, wobei er sagte: »Hier, nimm ihn, du könntest ja glauben, daß ich ein ausgekochter Hund bin und euch nur ein einziges großes Märchen aufgetischt habe, um meinen Freund zu retten. Deshalb schlage ich dir nun vor, daß du den Schein einsteckst, dir die nächste Telefonzelle suchst, den FC Schalke anrufst und denen erzählst, was hier vor Gericht läuft. Dann werden die nämlich aus der Haut fahren. Sie werden dich fragen, ob du wahnsinnig bist. Ob du für den Verein überhaupt nichts übrig hast? Ob du dafür einzutreten gedenkst, daß die nächste Meisterschaft nach Köln geht? Das werden die dich fragen! Aber wenn das nicht passieren sollte, wenn du feststellen solltest, daß ich euch hier angelogen habe, dann sagst du mir das und kannst den Hunderter behalten. Verstanden? Aber nur dann! Wenn du erfährst, daß ich die Wahrheit gesagt habe, bekomme ich ihn zurück. Klar?«
Stummel siegte.
Nachdem Kozurka und seine zwei Freunde einander wieder angeblickt hatten, fiel die Entscheidung. Kozurka sagte zu Stummel: »Mann, du hast mich überzeugt, steck deinen Blauen wieder ein. Ich bin nicht dafür, daß die Post unnötig verdient.«
Kurz darauf ging die Saaltür auf und Marianne kam auf den Flur heraus, nachdem sie als Zeugin vom Gericht entlassen worden war. Sie hatte sich der Aufgabe, die sie sich selbst gestellt hatte, entledigt und strebte zur Treppe, um das Gerichtsgebäude möglichst rasch zu verlassen und nach Hause zu fahren. Wanda Krupinsky lief ihr aber nach, holte sie auf der Treppe ein und verwickelte sie in ein Gespräch, in dem sich ihr blindwütiger Haß auf Wilhelm entlud.
»Verzeihen Sie«, begann sie, »ich möchte Sie etwas fragen …«
»Ja?« sagte Marianne.
»Und zwar ganz offen. Darf ich das?«
»Bitte.«
»Was haben Sie mit Herrn Thürnagel zu tun?«
Klar, daß Marianne sofort innerlich Abwehrposition bezog. Was geht das dich an? dachte sie.
»Nichts«, antwortete sie knapp.
»Sie sind nicht seine Freundin?«
Diese Indiskretion hätte sich erübrigt, wenn Wanda vorher im Gerichtssaal miterlebt hätte, wie praktisch die gleiche Frage vom Staatsanwalt der Zeugin Berger gestellt worden war. Da war aber Wanda gezwungen gewesen, sich auf dem Flur zu langweilen und auf ihren eigenen Aufruf als Zeugin zu warten – wie übrigens immer noch.
»Nein!« sagte
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