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Glücklich die Glücklichen

Glücklich die Glücklichen

Titel: Glücklich die Glücklichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yasmina Reza
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ist kalt. Wir betraten ein Lokal, das mir überhaupt nicht gefiel, und Luc akzeptierte gleich den Tisch, den der Wirt ihm anbot. Während wir uns setzten, fragte er mich, ob es mir recht sei. Der Abend war bereits in Schieflage geraten, da traute ich mich nicht mehr, nein zu sagen. Er setzte sich vor mich, die Ellbogen auf den Tisch gestützt, faltete die Hände und spielte nervös mit den Fingern. Mir war immer noch kalt, und ich konnte weder Mantel noch Schal ablegen. Der Kellner brachte die Speisekarte. Luc tat interessiert. Unter dem blassen Neonlicht sah er abgespannt aus. Dann bekam er eine SMS von seiner jüngsten Tochter und zeigte sie mir. »Wir essen Raklet !« Seine Frau machte mit den Kindern gerade Ferien in den Bergen. Ich nahm Luc dieses mangelnde Feingefühl übel, und nebenbei gesagt finde ich elterliche Überverwöhnung lächerlich. Aber ich lächelte liebenswürdig und sagte, was für ein Glück sie hat. – Ja, sagte Luc. Ein Ja mit Nachdruck, ohne Leichtigkeit. In meiner Stimmung war ich gegen diesen Tonfall nicht gewappnet. Ich sagte, fährst du nicht zu ihnen ? – Doch, Freitag. Ich dachte, fahr zur Hölle. Nichts auf dieser Karte konnte ich essen, rein gar nichts. Das hätte übrigens für jede andere Speisekarte genauso gegolten, und ich sagte, ich habe keinen Hunger, ich möchte nur ein Glas Cognac. Luc sagte, ein paniertes Schnitzel mit Fritten würde ich schon essen. In dieser jämmerlichen, angeblich intimen Nische überfiel mich die Melancholie. Der Kellner wischte die lackierte Holzplatte des Tisches ab, die auch danach nicht gerade sauber war. Ich frage mich, ob Männer auch solche Anfälle erleiden, ohne es sich einzugestehen. Ich dachte an die Kleine, die ihre ersten Stunden eingemummelt in dem vergilbten Zimmer erlebte. Da fiel mir eine Geschichte ein, die ich sofort Luc erzählte, um das Schweigen zu überspielen. Eines Abends bei einem Essen erzählte ein Psychiater, der auch Psychoanalytiker war, was sein an Einsamkeit leidender Patient zu ihm gesagt hatte. Nämlich: Wenn ich bei mir zu Hause bin, habe ich Angst davor, dass jemand vorbeikommen und sehen könnte, wie einsam ich bin. Der Psychoanalytiker fügte mit einem spöttischen Lachen hinzu, der Typ ist komplett bekloppt. Das erzählte ich Luc auch. Und der gackerte, während er sich ein Glas Weißwein bestellte, genauso wie Igor Lorrain, der Psychoanalytiker, dümmlich, platt und ekelhaft. Ich hätte gehen, ihn in dieser lächerlichen Nische sitzenlassen sollen, doch stattdessen sagte ich, ich würde gern sehen, wo du lebst. Luc gab den Verblüfften, der nicht recht weiß, ob er sich verhört hat. Ich möchte gern zu dir gehen, wiederholte ich, sehen, wie du lebst. Luc betrachtete mich, als würde ich gerade wieder ein bisschen interessant, und summte, aha, zu mir, du Schelm ? ... Ich nickte, vage schelmisch, nahm mir mein kokettes Getue selber übel und dass ich es nicht schaffte, Luc gegenüber Kurs zu halten. Trotzdem sagte ich, zurückrudernd (gerade hatte ich meinen Cognac bekommen), hat dir diese Geschichte von dem Patienten nicht gefallen ? Hast du sie nicht als perfekte Allegorie auf die Abwesenheit verstanden ? – Abwesenheit wovon ?, fragte Luc. – Des anderen. – Doch, doch, natürlich, sagte Luc und drückte auf den Senfspender. – Bist du sicher, dass du nichts essen willst ? Nimm doch wenigstens ein paar Fritten. Ich nahm eine Fritte. Cognac oder andere harte Getränke bin ich gar nicht gewöhnt. Schon beim ersten Schluck dreht sich mir der Kopf. Luc war nicht mal auf die Idee gekommen, mich ins Hotel mitzunehmen. Er hatte sich so daran gewöhnt, immer zu mir zu gehen, dass ihm einfach nichts anderes einfiel. Männer sind so was von unbeweglich. Immer sind wir es, die für Bewegung sorgen. Ständig die Liebe beleben zu müssen ist ermüdend. Seit ich Luc Condamine kenne, lege ich mich die ganze Zeit krumm. In der Nische hinter uns ließen sich junge energiegeladene Herumkrakeeler nieder. Luc fragte mich, ob ich derzeit Kontakt zu den Toscanos hätte. Bei denen haben wir uns kennengelernt. Luc ist Roberts bester Freund. Sie arbeiten bei derselben Zeitung, aber Luc ist Chefreporter. Ich sagte, ich würde immer bis spät arbeiten und mich nur mit wenigen Leuten treffen. Luc sagte, er fände Robert deprimiert und er hätte ihm eine Frau vorgestellt. Das überraschte mich, ich hatte immer gedacht, Robert wäre nicht von derselben Sorte wie Luc. Ich sagte, ich wusste ja gar nicht, dass Robert

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