Glücklich gestrandet
und Dora tat es ihnen nach. Als es so weit war, sang Dora gefühlvoll: »Hit The Road, Jack …«
Sie sah Tom und stellte fest, dass er sie bemerkt hatte. Zuerst malte sich Ungläubigkeit auf seinen Zügen ab, die dann jedoch einem bewundernden Ausdruck Platz machte. Er prostete ihr zu, und zur Antwort sang sie: »›Don’t you come back no more, no more …‹«
Sie waren ein Hit, das musste Dora einräumen, ebenso wie sie einräumen musste, dass das Ganze ihr tatsächlich Spaß gemacht hatte. Es war wunderbar, einmal jemand anderer zu sein. Sie trat mit den beiden anderen Frauen von der Bühne ab und ging zu Toms Tisch.
»Der Preis für diese Mutproben sollte ein guter sein«, sagte sie.
Tom sprang auf und umarmte sie. »Du warst fantastisch! Ich konnte kaum meinen Augen trauen, als mir klar wurde, dass du dort oben warst. Diese Rocklänge steht dir wirklich hervorragend, Darling«, fügte er boshaft hinzu.
»Ich gehe mich jetzt umziehen«, erklärte sie energisch. »Und dann hätte ich gern ein Glas Wasser.«
»Eigentlich sollte es Champagner sein, aber den kann ich mir nicht leisten, und hier würden sie ohnehin nur ein zweitklassiges Gesöff servieren.«
»Ein halber Liter Wasser und ein Viertelliter Bier würden genügen. Ich habe Golfbälle geschwitzt.«
Dora war recht traurig, sich von der grellen, lauten und dominanten Frau zu verabschieden, die sie einige Minuten lang gewesen war, und noch trauriger fand sie es, sich von ihren Mitstreiterinnen verabschieden zu müssen.
»Du warst gut«, versicherten sie. »Das solltest du öfter tun.«
»Ich glaube nicht, aber danke, dass ihr mich gerettet habt. Allein hätte ich es nie geschafft.«
»Da muss sich dein Freund etwas Gutes als Belohnung ausdenken, finde ich«, bemerkte eine der Frauen.
»Anderenfalls weißt du, was du ihm zu sagen hast …«
Dora lachte und sang zusammen mit den beiden anderen Frauen: »Hit the Road, Jack …«
»Jetzt gehe ich mir einen ansaufen«, erklärte sie.
Am folgenden Montag bestand Jo darauf, Dora für ihren ersten Arbeitstag Sandwiches zu richten. »Du brauchst sie nicht zu essen, du kannst sie einfach in deiner Tasche lassen, aber wenn zur Mittagszeit alle ihre Henkelmänner rausholen, wirst du nicht nur hungrig, sondern auch verlegen sein.«
»Was ist ein Henkelmann?«
»Oh, du weißt schon, so hießen früher die Behälter, in denen die Arbeiter ihr Mittagessen hatten. Also, was hättest du gern? Ich habe Schinken, Käse und etwas Salat, oder soll ich einfach irgendetwas zurechtmachen?«, fügte sie hinzu, da sie spürte, dass Dora mehr mit der Frage beschäftigt war, wie sie zu ihrem neuen Arbeitsplatz gelangen und was man dort vielleicht von ihr verlangen würde.
»Wenn es dir nicht gefällt, kannst du einfach nach Hause kommen«, beharrte Jo beim Abschied. »Das ist das Schöne daran, wenn man zu Fuß zur Arbeit gehen kann.«
Dora war nicht die Einzige, die aufgeregt und nervös war. Auf eine andere Weise trat auch Jo einen neuen Job an. Zuerst räumte sie den Tisch und alle Arbeitsflächen ab. Sie wollte genug Platz haben, um alle Utensilien auszubreiten. Dann legte sie Zeitungspapier auf den Tisch und zog eine Schürze an. Ihr war bewusst, dass einige dieser Vorbereitungen eigentlich überflüssig waren, aber sie wollte sich auch geistig vorbereiten.
Dann holte sie den Karton mit zu reparierenden Kleinigkeiten sowie ihre Tüten mit Materialien und Ausrüstungsgegenständen hervor.
Der Spiegel mit dem geschnitzten Goldrahmen und dem verletzten Cherub war stark beschädigt. Jo wusste wirklich nicht, wo sie anfangen sollte, daher beschloss sie, zuerst ihre Materialien einschließlich des Beutels mit Holzstücken zu bewundern.
»Alles klar«, sagte sie laut. »Machen wir den Rahmen sauber.« Sie zog Gummihandschuhe an und holte die Stahlwolle hervor. »Wenn ich den ganzen Schmutz abgeschrubbt habe, werde ich als Nächstes Gips anrühren.«
Dieses E-Book wurde von "Lehmanns Media GmbH" generiert. ©2012
Kapitel 9
A ls Dora sich auf den Weg machte, trug sie wie geheißen saubere, aber nicht neue Jeans. Damit verstieß sie gegen all ihre Vorstellungen von korrekter Kleidung fürs Büro, und die Dame mit den manikürten Fingernägeln wäre entsetzt gewesen, doch Tom hatte sich in diesem Punkt sehr energisch ausgedrückt. »Wenn du in einem kleinen Kostüm und mit hochhackigen Schuhen aufkreuzt, werden alle einen Anfall bekommen, und du wirst den Job nicht kriegen«, hatte er gesagt.
»Das ist gut. Solche
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