Glücklich gestrandet
Michaels E-Mail zu beantworten. Dann besah sie sich noch einmal das Datum des Zertifikats. Sie hatte sich um ein Jahr vertan! Die Drei Schwestern hatte seit elf Monaten kein gültiges Bootssicherheitszertifikat mehr. Von leichter Übelkeit befallen, überprüfte sie die Versicherung. Diese war noch immer gültig, wenn auch nur noch für wenige Wochen.
Lieber Michael … Sie berichtete ihm von ihren Entdeckungen.
Zu ihrer Erleichterung kam seine Antwort fast sofort.
Liebe Jo, wie furchtbar lästig! Ich kann nicht fassen, dass ich das nicht schon früher überprüft habe. Du wirst mit ihr ins Trockendock müssen. Wenn sie dort geprüft ist, wird die Versicherung erneuert. Am besten lässt Du es dort machen, wo das Boot beim letzten Mal auch war. Es müssen auch einige Reparaturen vorgenommen werden. Ich werde alles arrangieren. Ich melde mich in Kürze mit weiteren Einzelheiten. Bleib online. Herzliche Grüße, Michael.
Jo brühte sich eine frische Tasse Kaffee als Ersatz für die letzte auf, die sie hatte kalt werden lassen. Während sie darauf wartete, dass das Wasser zu kochen begann, räumte sie die Kombüse auf. All das Glück, das sie bei der Arbeit an dem Fuß des kleinen Cherubs verspürt hatte, war durch ein Gefühl der Sorge vertrieben worden. Wo würden sie und Dora wohnen? Und es könnte sehr schwierig für Dora sein, wenn sie gerade erst einen Job gefunden hatte, der ihr etwas bedeutete. Ein Piepton von ihrem Laptop meldete ihr den Eingang einer neuen Nachricht – von Michael.
Alles geregelt. Die Drei Schwestern ist im Trockendock angemeldet, und dort werden auch die fälligen Arbeiten vorgenommen werden. Glücklicherweise hatten sie einen Termin frei, da das Ganze ein wenig dringend ist. Nur gut, dass die Versicherung noch gültig ist. Herzliche Grüße, Michael.
Für Michael ist das alles gut und schön, dachte Jo. Er braucht sich um nichts zu kümmern. Er kann einfach mit seiner schönen Geliebten in seiner Luxusvilla bleiben und die Dinge aus der Ferne dirigieren. Sie drückte abermals auf »Antworten«.
Du weißt, ich bin Dir wirklich dankbar dafür, dass Du mir die Drei Schwestern leihst, aber es beunruhigt mich ein wenig, mich um all das kümmern zu müssen! Ich habe Dir erzählt, dass ich nichts von Booten verstehe! Ich nehme nicht an, dass Du das Ganze um einige Monate verschieben könntest, oder? Oder auch nur um einige Wochen – gerade lange genug, damit ich mir eine andere Bleibe suchen kann. Jo?
Jo war normalerweise bei Versicherungen nicht so lässig, aber sie vermutete, dass außer ihr und Michael niemand wissen würde, ob die Drei Schwestern versichert war oder nicht. Etwas anderes wäre es gewesen, wenn sie irgendwo hingefahren wäre, aber solange sie sicher im Hafen lag, konnte doch gewiss nichts passieren? Sie drückte auf »Senden« und hoffte, dass Michael auf ihre flehentlichen Bitten eingehen würde. Schließlich würde er die Dinge doch gewiss selbst überwachen wollen, wenn er wieder im Land war? Er würde nicht wollen, dass seine nicht mehr ganz junge Mieterin sich darum kümmerte.
Um sich zu beschäftigen, hackte sie einige Zwiebeln. Ihr Laptop piepte abermals.
Tut mir so leid, ein Missverständnis! Du brauchst Dir um nichts von all dem den Kopf zu zerbrechen. Ich werde es regeln.
Jo schämte sich für ihre Erleichterung. Sie wusste, dass ihre Tochter die Herausforderung, ein Kanalboot in ein Trockendock zu bringen, voller Begeisterung angenommen hätte. Karen verfügte über einige mutige Gene, die eine Generation übersprungen hatten und an ihrer Mutter vorübergegangen waren, es sei denn natürlich, sie kamen von ihrem Vater.
Da es ihr widerstrebte zuzugeben, dass Philip irgendetwas mit ihrer Tochter zu tun hatte, beschloss sie, aus ihrer Ersatzbeschäftigung Kapital zu schlagen, und auch, Möhren und Sellerie zu hacken. Sie würde eine schöne Lasagne zum Abendessen zubereiten. Dora würde nach ihrem ersten Tag in einem neuen Job eine Mahlzeit brauchen, die nahrhaft und bekömmlich war.
Dora kam erschöpft und mit schlammverkrusteten Kleidern, aber glücklich zurück. »Ich habe mich glänzend amüsiert!«, rief sie. »In der Werft sind alle so nett!«
»Dann wirst du also bleiben?«, fragte Jo, die Doras Begeisterung ansteckend fand.
»Eindeutig. Es ist wunderbar! Sie haben seit einer Ewigkeit niemanden mehr im Büro gehabt, daher gibt es eine Unmenge zu tun. Ich werde mir ein System für sie ausdenken müssen. Sie haben einen Computer, benutzen ihn aber
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