Glückliche Ehe
und der Schürze selbst der Zeit des Zweiten Weltkriegs entsprungen schien – wenn auch eher aus Zorn und Mitleid als aus Gesprengte Ketten. Bis zu dem Moment, als Margaret das beulige Päckchen öffnete, das er mit Happy-Birthday-Geschenkpapier fabriziert hatte, befürchtete er, sie würde ihn wegen seiner Leichtgläubigkeit auslachen.
Aber nein. Er war nicht hereingelegt worden. Diesmal kein Spott, keine Klagen darüber, dass er ihren Geschmack nicht kannte. Nur ein erfreuter, erstaunter Blick aus großen Augen, gefolgt von einem »Oh, mein Gott, eine Rollei!«, als wäre das eine Kostbarkeit, die sie sich so sehr ersehnt hatte, dass es ihr besser erschienen war, diesen Wunsch für sich zu behalten. »Puff!«, rief sie aus – der Kosename, den sie ihm kürzlich verpasst hatte. »Das hättest du nicht tun sollen!«, erklärte sie mit glänzenden Augen, sprang auf und stellte sich auf die Zehenspitzen, um ihn mit feuchten, kühlen Lippen zu küssen.
Triumph. Die Wiedergutmachung für die Demütigung vom letzten Jahr. Männlicher Stolz erfüllte Enrique, nur getrübt durch das Stirnrunzeln, das er erntete, wenn er Margaret fragte, warum sie zum Fotografieren mit ihrer Olympus loszog und nicht mit der vielgepriesenen Rollei. »Ach, mit der muss ich erst umgehen lernen«, sagte sie so genervt wie eine Studentin, die ein schwieriges Referat schreiben muss. Die nächsten Wochen hakte er immer wieder nach. Ob sie sich schon für den Kurs angemeldet habe, den sie doch, wie sie sage, machen müsse, um die Rollei richtig handhaben zu lernen. Ob er ihr das Stativ kaufen solle, dass man, wie sie ihm erklärt habe, für so eine Kamera brauche. Ob sie die Linse habe reinigen lassen, nachdem sie B & H doch vorgeworfen habe, die Kamera vor dem Verkauf nicht richtig in Schuss gebracht zu haben. Ob er den Apparat zurückbringen und sich bei dem Verkäufer beschweren solle. Und so weiter, alles um sie zu ermuntern, aber sie schien sich durch seine Fragen nur belästigt zu fühlen.
Es verwunderte, ärgerte und kränkte Enrique, dass Margaret die tolle Rollei kein einziges Mal benutzte. »Zu mühsam«, erklärte sie, als er sie acht Monate nach ihrem Geburtstag wieder einmal bedrängte. »Ich müsste das alles erst lernen und das ganze Zeug kaufen – und die Linse muss auch gereinigt werden. Puh«, stöhnte sie. »Da nehme ich lieber meine kleine Knipskamera.« Inzwischen waren sie verheiratet. Damit stand zwar theoretisch außer Zweifel, dass sie sich wirklich auf ihn eingelassen hatte, aber durch diese Zurückweisung stellte er sich wieder einmal die Frage – mit einer Vehemenz, die er vor ihr verbarg –, ob für sie seine Liebe mehr war als nur die Treue eines Schoßhunds. Was hatte sie von ihm?, fragte er sich. Warum sollte sie ihn lieben? Waren ihre Gefühle für ihn mehr als nur ein biologischer und bourgeoiser Reflex?
Nicht lange nach dieser Enttäuschung witzelte er einmal,er sei doch der perfekte Ehemann für ein nettes jüdisches Mädchen, das seinem Bilderbuch-Elternhaus in Queens entkommen wolle – ein Mann mit Olivteint und einem spanischen Namen, den sie an Passah mit nach Hause bringen könne, um dann genüsslich zu verkünden: »Er ist Jude, Ma!« Noch Jahre würde er sich an ihr helles, zynisches Lachen erinnern. Als Schriftsteller glaubte er daran, dass solche Momente von Bedeutung waren, und lange Zeit meinte er aus ihren Gefühlen für ihn einen satirischen Klang herauszuhören.
Als sie ein Jahr verheiratet und somit ein gestandenes Ehepaar waren, versuchte er die Sache anders anzugehen. Er sagte sich, dass Romantik und Kunst bei einer so praktischen, hedonistischen Frau der falsche Ansatz waren. Er hatte ein paarmal mitgekriegt, dass sie sich einen Mixer wünschte, nachdem sie den gläsernen Mixbecher ihres alten zerschlagen und dann den Sockel verloren hatte. Er kaufte ihr einen funkelnagelneuen Osterizer, zuversichtlich, dass das etwas war, was ihr gefallen und was sie benutzen würde. Das scheinbar todsichere Geschenk erwies sich als das katastrophalste von allen. »Ein Mixer?«, stieß sie hervor. »Ein Mmm-mmmmixer?«, wiederholte sie, wobei ihr langgezogenes Mmm das Mixergeräusch imitierte. »Du schenkst mir einen Mmmmmm-mixer zum Geburtstag? Wirklich sehr romantisch! Was kriege ich nächstes Jahr? Ein Waffeleisen?«
Sie wiederholte ihren kleinen Sketch vor Lily, die sein Geschenk ebenfalls so absurd komisch fand, dass sie die Geschichte bei einer Dinnereinladung in Enriques Gegenwart zum Besten
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