Glücksboten
bewundern.«
»Also, öffnen Sie auf keinen Fall die Post irgendwo in der Nähe des Tisches«, erklärte Thomas kategorisch, »sonst türmen sich gleich wieder irgendwelche Papiere darauf.«
Perdita ging an Kittys Schreibtisch, suchte ihr Adressbüchlein und ihre Weihnachtskartenliste heraus und nahm sie in Augenschein. Es standen viele Namen darauf. Um mit jemandem anzufangen, den sie kannte, rief sie zuerst die Ledham-Golds an.
Wer immer am anderen Ende der Leitung abnahm, sei es Mrs Ledham-Gold oder ihre Schwester, schwieg ein oder zwei Sekunden lang und schluckte dann.
»Nun, das tut mir Leid. Es ist schwer zu glauben, dass jemand mit so viel Charakterstärke und Vitalität sterben konnte, aber ich nehme an, sie war sehr alt.«
»Siebenundachtzig. Und mit ihrer Vitalität ist es in der letzten Zeit stark bergab gegangen.«
Wieder trat Stille ein, dann konnte man praktisch durch die Leitung hören, wie jemand »sich zusammenriss«. »Also, wie werden Sie denn damit fertig, meine liebe Perdita?«
»Es ist schon gut. Ich habe natürlich viel zu tun. Ich nehme an, es wird erst nach der Beerdigung richtig zu mir durchdringen.«
»Ja. Am Anfang wird man von den vielen Dingen, die zu erledigen sind, irgendwie getragen. Ich erinnere mich noch, wie es war, als mein lieber Mann starb.«
Dann musste es die Schwester sein, dachte Perdita nach einem Augenblick der Panik, dass Mr Ledham-Gold irgendwie gestorben sein könne, ohne dass sie etwas davon erfahren hatte.
»Aber Kitty hätte ans Bett gefesselt nicht weiterleben wollen. Als sie Weihnachten hier war, haben wir über den Tod gesprochen, und das Einzige, was ihr am Sterben Kummer bereitete, war die Tatsache, dass sie Sie dann allein lassen würde. Sie hat sich um Sie gesorgt, aber das wissen Sie ja sicher. Sie wollte nicht, dass Sie für den Rest Ihres Lebens allein sind. Höchst unwahrscheinlich natürlich, bei einem hübschen Mädchen wie Ihnen.«
»Hm.« Es war schwierig, auf diese Bemerkung zu antworten, ohne eingebildet zu klingen.
»Wir können sicher nichts tun, um Ihnen zu helfen, oder? Zu den schlimmsten Dingen überhaupt gehört es, die Leute davon zu verständigen.«
»Ich weiß. Es sind die Leute, die nicht in Kittys Adressbuch stehen und die ich nicht kenne, die mir Kopfzerbrechen bereiten.«
»Sie schalten doch sicher Anzeigen in der Zeitung?«
»Natürlich, aber die liest nicht jeder.«
»Und die Leute hassen es, nicht Bescheid zu wissen. Also werden Sie jeden anrufen?«
»Oder schreiben. Ich habe nicht von allen eine Telefonnummer.«
»Da werden Sie ewig brauchen. Wie ich Kitty kenne, hat sie immer gesagt, dass die Leute seit Jahren reihenweise den Löffel abgeben. Aber Sie werden staunen, wie viele noch übrig sind. Schließlich hatten all diese alten Freunde auch Kinder.«
Perdita fragte sich, worauf die Dame am anderen Ende der Leitung hinauswollte.
»Warum geben Sie das Adressbuch nicht einfach auf die Post und lassen uns das erledigen? Schließlich kennen wir viele der Betroffenen persönlich.«
»Und ich müsste einigen von ihnen erst erklären, wer ich bin«, pflichtete Perdita ihr bei, deren Herz bei diesem großzügigen Angebot ein wenig leichter wurde.
»Genau. Sie haben sicher so viel zu tun. Aber das eine können wir Ihnen wenigstens abnehmen.«
»Hm, das ist sehr nett von Ihnen. Ich schicke Ihnen die Sachen zu oder lasse sie bringen oder irgendetwas.«
»Wunderbar. Also, wie sieht es mit Blumen aus?«
Perdita hatte bisher nicht darüber nachgedacht, aber sie wusste die Antwort sofort. »Nur Blumen aus dem eigenen Garten bitte. Kitty hätte es grässlich gefunden, wenn die Leute ihr Geld für Blumen aus dem Laden ausgäben, und sie würde sterben, wenn jeder ihr einen Kranz kaufte. Oh. Entschuldigung.«
»Machen Sie sich keine Gedanken, meine Liebe, solche Versprecher werden Ihnen noch oft unterlaufen. Sie dürfen sich deswegen nicht aufregen. Also, nur Blumen aus dem eigenen Garten.«
»Ja, nichts Formelles oder Teures.«
»In Ordnung. Es wird traurig sein, einen Strauß für die liebe Kitty zu machen, jetzt, da sie tot ist, aber wissen Sie, der Gedanke, sie hätte als bettlägeriges Wrack enden können, ist noch trauriger.«
Am Ende erbot sich Thomas, das Adressbuch und die Weihnachtskartenliste zu den Ledham-Golds zu bringen.
»Es wird für mich ein schöner kleiner Ausflug sein«, sagte er. »Und Sie haben dann die Chance, sich endlich einmal allein ordentlich auszuweinen.«
»Ich habe eine Million Dinge zu
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